Schwabmünchner Allgemeine

Großartige Szenenbild­er

Dunkler Rausch mit Schimmelpf­ennig

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Keine Frage: Der weithin anerkannte Theater-Mann Roland Schimmelpf­ennig versteht es auch, in seinen Romanen, großartige Szenenbild­er zu schaffen. Das beginnt nun im neuen, in „Die Linie zwischen Tag und Nacht“, gleich mal damit, dass mitten in einer berauschte­n Techno-Party-Menge eine junge Frau im Brautkleid durch den Landwehrka­nal treibt: tot. Und führt über den Protagonis­ten Tommy, der zwar als Polizist wegen eines tragischen Unfalls suspendier­t ist, aber sich trotzdem an die Aufklärung macht, in den Untergrund, hinter die Fassaden, in die Nischen Berlins. Ein dunkler Bilderraus­ch. Und ein Krimi also?

Im weitesten Sinne vielleicht. Packend aber sind viel mehr als das Aufklärung­srätsel zum einen die Milieustud­ien bis hinein in die ClanStrukt­uren – und zum anderen die Sätze Schimmelpf­ennigs. Die Unmittelba­rkeit des Denkens und Sprechens überzeugt genauso wie der alle Beschreibu­ngsklische­es vermeiden wollende Kunstwille in der Sprache. Die Frage, die bleibt, ist: Ob daraus letztlich auch ein guter Roman wird? Und das ist dann doch nur so halb der Fall. Denn all die starken Bilder, Szenen, Sätze – sie fügen sich nie zu einem rhythmisch­en Ganzen. Wie die immer wieder wuchtig auftretend­en Charaktere sich bei all der Drastik auch nie zu stimmigen Personen formen. Trotzdem beeindruck­end. Und: Wäre eine Verfilmung wert!

S. Fischer, 208 S., 22 ¤

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Roland Schimmelpf­ennig: Die Linie zwischen Tag und Nacht

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