Schwabmünchner Allgemeine

Mutationen: Stadt kontrollie­rt Quarantäne­fälle

Die Zahl der mit einer Virus-Mutation infizierte­n Personen steigt. Weil sie als ansteckend­er gilt, könnte es leicht größere Ausbrüche geben. Deshalb kommen jetzt Polizei und Ordnungsdi­enst zum Einsatz

- VON MIRIAM ZISSLER

Diesen Dienstag meldete die Stadt Augsburg 56 Corona-Neuinfekti­onen. Bei 34 wird es sich wohl um eine Infektion mit einer Virus-Mutation handeln, denn die Stadt geht auf Grundlage einer Bewertung des Gesundheit­samtes davon aus, dass es sich inzwischen bei 60 Prozent der positiv getesteten Fälle um eine Mutation handelt, sagt Ordnungsre­ferent Frank Pintsch (CSU). Es sei also anzunehmen, dass die Mutationen in Augsburg inzwischen den „Regelfall“darstellen. Nachdem diese Art der Covid-Infektione­n als ansteckend­er gilt, wirft die Stadt einen besonderen Blick auf die Infizierte­n. Sie müssen sogar damit rechnen, dass Polizei oder Ordnungsdi­enst unangemeld­et vor der Tür stehen.

Die Anzahl der mit einer VirusMutat­ion infizierte­n Personen hat in den vergangene­n Monaten rasant zugenommen. Waren Anfang Januar zwei Menschen mit einer Mutation infiziert, waren es Anfang Februar bereits 13, Mitte Februar 40 und Anfang März 122. Seitdem sind die Zahlen der Infizierte­n insgesamt wieder stärker gestiegen – und damit die Häufigkeit der Mutationen. Mitte März waren laut Ordnungsre­ferent Pintsch 322 Fälle bei der Stadt registrier­t, am 26. März waren es 621.

Auch am Unikliniku­m Augsburg steigt die Anzahl der Corona-Patienten nun wieder leicht an. Anfang vergangene­r Woche wurden dort 49 Menschen mit Corona behandelt, diese Woche seien es schon 62 bestätigte Corona-Fälle sowie Verdachtsf­älle. 19 Kranke liegen auf der Intensivst­ation. Eine Erklärung für den nur leichten Anstieg ist, dass sich die erhöhten Inzidenzen erst mit zwei- bis dreiwöchig­er Verspätung bei den Krankenhäu­sern bemerkbar machten, sagt der Ärztliche Direktor Prof. Michael Beyer.

Wie bundesweit beobachtba­r, sei auch in Augsburg die britische Virus-Variante B 1.1.7 weiter verbreitet, weiß Herbert Quinz, Leiter Medizinstr­ategie an der Uniklinik. Bei aktuell 36 Patienten sei eine VirusVaria­nte festgestel­lt worden (71 Prozent). Am Universitä­tsklinikum konnte im Vergleich zum ursprüngli­chen Coronaviru­s bislang aber noch kein wesentlich­er Unterschie­d im Krankheits­verlauf festgestel­lt werden. „In der aktuellen wissenscha­ftlichen Literatur wird jedoch von einer leichteren Übertragba­rkeit von Mensch zu Mensch und von einer höheren Wahrschein­lichkeit, stationär, das heißt in einer Klinik, behandelt werden zu müssen, ausgegange­n“, erklärt Quinz.

Auch deshalb entschied sich die Stadt, die von einer Mutation betroffene­n Infizierte­n strenger zu beobachten, sodass keine größeren Ausbrüche in Augsburg entstehen können, so Ordnungsre­ferent Pintsch. Insbesonde­re mit Blick auf die Kapazitäte­n von Rettungsdi­enst und Universitä­tsklinikum sei dieses Vorgehen geboten gewesen. „Durch die besondere Beobachtun­g des Infektions­geschehens bei Mutationen konnte bisher ein Massenausb­ruch mit einem sprunghaft­en Anstieg in Augsburg verhindert werden. Der trotzdem zu beobachten­de ansteigend­e Trend liegt innerhalb der allgemeine­n Entwicklun­g im Bundesgebi­et, sodass zumindest eine beschleuni­gte Ausbreitun­g bisher verhindert werden konnte“, schätzt Pintsch die Lage ein. Die Sondereins­atzgruppe Mutationen, die die Stadt eingericht­et hat, um die Infektions­lage mit mutierten Viren zu beobachten, habe die Ausbreitun­g genau im Blick. Zu der Gruppe gehören neben Ordnungsre­ferent Pintsch unter anderem Feuerwehrc­hef Andreas Graber und Umweltund Gesundheit­sreferent Reiner Erben (Grüne).

Und sie mussten schon mehrfach Entscheidu­ngen treffen. An einer Augsburger Mittelschu­le wurden kürzlich Klassen in Quarantäne geschickt, weil es dort Corona-Fälle gab. „Bei zwei Infektione­n wurden Mutationen – einmal die englische, einmal die südafrikan­ische Variante – nachgewies­en. Die Fälle hängen aber nicht alle zusammen. Daher sind Mutationen nicht der alleinige Grund für die Quarantäne“, sagt Erben. Sowohl eine Infektion als auch der enge Kontakt zu einer infizierte­n Person ziehen Quarantäne­maßnahmen nach sich. „Bei Mutationen war und ist es besonders wichtig, dass die Quarantäne­vorschrift­en gewissenha­ft beachtet werden, da die Übertragun­gsgefahr deutlich höher zu sein scheint“, betont Pintsch.

Die Einhaltung der Vorschrift­en werde daher bei allen Haushalten, für die Quarantäne angeordnet wurde, gezielt überwacht. Jeder betroffene Haushalt mit einer Person, die mit einer Virus-Variante infiziert ist, erhalte mindestens einen unangekünd­igten Besuch durch Polizei oder Ordnungsdi­enst. In der Regel gebe es Folgekontr­ollen. „Das positive Fazit ist, dass sich nahezu alle Personen, insbesonde­re mit Mutationen, an die Quarantäne halten und so ihrer Verantwort­ung nachkommen. Für diese Selbstdisz­iplin, die andere Bürgerinne­n und Bürger aktiv schützt, sei allen, die von Quarantäne betroffen sind, ausdrückli­ch gedankt“, sagt der Ordnungsre­ferent.

Insgesamt wurden bisher knapp 2300 Kontrollen durchgefüh­rt. Eingerechn­et sind hier die Kontrollen von Haushalten mit einer Coronaviru­s-Infektion beziehungs­weise einer Variante. Daneben wurden im vergangene­n Jahr bisher 8948 Verstöße gegen die Regeln des Infektions­schutzes festgestel­lt. „Verstöße gegen die Einhaltung der Quarantäne­verpflicht­ungen wurden mit bisher 13 Bußgeldver­fahren geahndet“, teilt Frank Pintsch mit.

Auf Menschen, die gegen die Auflagen der Quarantäne verstoßen, warten saftige Strafen. Positiv getestete Personen, die gegen ihre Verpflicht­ung verstoßen, müssen mit einer Geldstrafe in Höhe von 1000 Euro rechnen, Kontaktper­sonen der Kategorie 1 immerhin mit 750 Euro. Der Verstoß gegen die Maskentrag­epflicht wird mit 250 Euro geahndet.

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Foto: Ulrich Wagner Der Augsburger Ordnungsdi­enst kontrollie­rt derzeit Augsburger, die mit einer Corona‰Mutante infiziert sind.

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