Frau zeigt falsches Masken-Attest
Um die Maskenpflicht zu umgehen, druckt sich eine 70-Jährige eine Befreiung im Internet aus. Ein Kontrolleur im Bus will das nicht akzeptieren und ruft die Polizei
Schwabmünchen Sie ist ohne Maske in Schwabmünchen in den Bus gestiegen und hat bei der Fahrscheinkontrolle ein falsches Attest vorgelegt. Dafür musste sich eine 70-Jährige aus dem südlichen Landkreis vor dem Augsburger Amtsgericht verantworten.
Die Staatsanwaltschaft warf ihr vor, ein Blankoattest im Internet heruntergeladen und selbst ausgefüllt zu haben. Wegen Urkundenfälschung wurde ein Strafbefehl mit einer Geldstrafe über 1800 Euro gegen sie erlassen. Dagegen legte die Angeklagte Einspruch ein, weshalb der Fall nun vor Gericht landete.
Gegenüber der Richterin Beate Christ erklärte die Frau, sie sei im März vergangenen Jahres mit Maske im Flugzeug gesessen und habe bemerkt, dass sie mit dem Atemschutz nicht zurechtkomme. Sie sei verunsichert gewesen und habe im Internet recherchiert. Dabei sei sie auf die Seite eines niedergelassenen Arztes gestoßen, der ein unterschriebenes Attest zum Herunterladen anbot.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft handelte es sich um einen Urologen aus Hessen. Inzwischen finden sich zahlreiche Warnungen im Netz zu dem umstrittenen Arzt. Denn offenbar gilt er als Star der Corona-Skeptiker und Verschwörungstheoretiker, der die Maskenpflicht offen ablehnt. Auf seiner Internetseite bescheinigte er per Blankoattest, dass das Tragen eines Mundschutzes für die Person, die es ausfüllt, aus medizinischen Gründen nicht ratsam sei.
Die Angeklagte wurde allerdings nicht stutzig. „Ich habe das Attest ausgedruckt und selbst ausgefüllt“, räumte sie vor Gericht ein. Das falsche Schreiben legte sie einem Fahrkartenkontrolleur vor, nachdem sie im November vergangenen Jahres ohne Maske in Schwabmünchen in einen Bus gestiegen war. Dieser akzeptierte den ausgedruckten Zettel jedoch nicht und rief die Polizei.
Dort häufen sich die Fälle, in denen Menschen ein falsches Attest vorlegen, um die Maskenpflicht zu umgehen. „Am häufigsten erleben wir das beim Einkaufen im Supermarkt oder in anderen Geschäften“, erklärt Schwabmünchens Hauptkommissar Robert Künzel auf Nachfrage. Beinahe wöchentlich seien seine Kollegen deshalb im Einsatz.
„Im letzten halben Jahr hatten wir bestimmt zehn solcher Fälle“, schätzt Künzel. Oft werde mit Datenschutzgründen argumentiert, um das Schreiben nicht vorweisen zu müssen. Die meisten Atteste seien aus Gefälligkeit ausgestellt worden, denn es gebe auch einige Ärzte, die der sogenannten Querdenker-Szene angehören. Dabei sagt Künzel ganz klar: „Ein Attest ist nur gültig, wenn ein genaues Krankheitsbild genannt wird und nicht irgendeine lapidare Formulierung.“
Entsprechend wollte Richterin Christ von der Angeklagten wissen, ob sie wegen eines richtigen Attests bei einem Arzt vor Ort gewesen sei. Doch die 70-Jährige verneinte. Sie habe nie einen Mediziner aufgesucht, denn sobald dieser heutzutage ein Attest ausstellt, würde die Praxis durchsucht, so die Meinung der Angeklagten. „Ich verstehe nicht, wie Sie auf die Idee kommen, dass sich Patienten selbst ein gültiges Attest ausstellen können“, betonte der Staatsanwalt in der Verhandlung.
Aus seiner Sicht war das Blankoattest aus dem Internet „ein derart schlechter Wisch“, dass es rechtlich nicht einmal als Urkunde angesehen werden konnte. Richterin Christ war derselben Auffassung, weshalb die Angeklagte am Ende nicht wegen Urkundenfälschung, sondern einer Ordnungswidrigkeit belangt wurde. Sie muss daher 250 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen.