Schwabmünchner Allgemeine

Streit um das Kind: Vater droht mit Entführung

- VON KLAUS UTZNI

Wenn Beziehunge­n brechen, Vater und Mutter um das Sorgerecht für die Kinder heftig streiten, dann wird auch viel schmutzige Wäsche gewaschen. Und dann landen Beschuldig­ungen schnell vor dem Strafgeric­ht. Ist an den Vorwürfen etwas dran? Oder sind sie schlichtwe­g erfunden, um dem anderen die Chance auf den Umgang mit den Kindern zu nehmen? Strafricht­er müssen besonders genau hinschauen. Wie im Fall eines 31-jährigen Mannes, dem vor Amtsrichte­r Dominik Wagner versuchte Erpressung angelastet wurde.

Angeklagte (Verteidige­rin: Martina Sulzberger) und seine Ehefrau hatten sich 2020 getrennt. Die damals zweijährig­e Tochter des Paares war danach zweimal beim Vater zu Besuch. Angeblich sei das Kind dadurch psychisch angeschlag­en gewesen, worauf die Mutter bei Jugendamt und Familienge­richt das alleinige Umgangsrec­ht durchsetze­n wollte. In diesem Zeitraum, im November 2020, soll es laut Anklage zu einem Telefonges­präch zwischen dem 31-Jährigen und seiner Ehefrau gekommen sein. Dabei soll der Mann 2000 Euro gefordert und gedroht haben, andernfall­s werde er das Kind in die Türkei entführen.

Prozess beteuert der Angeklagte nun, es habe zwar damals ein Gespräch stattgefun­den. Aber: „Ich habe das mit der Entführung niemals gesagt.“Er habe sich doch hier in Augsburg eine Existenz aufgebaut, warum sollte er seine kleine Tochter in die Türkei bringen?

Als Zeugin bestätigt die inzwischen geschieden­e Ehefrau den Vorwurf. Sie habe nach der Drohung Angst gehabt, deshalb sei sie erst einige Tage später zur Polizei gegangen. Ihr Ex-Mann habe Verbindung zu Terroreinh­eiten der PKK, begründet sie ihre Angst. Die Freundin der Mutter bestätigt im Zeugenstan­d, das Gespräch damals mitgeDer hört zu haben, weil der Lautsprech­er eingeschal­tet gewesen sei. „2000 Euro oder ich nehm’ sie mit und du wirst sie niemals wiedersehe­n“, diese Worte habe sie gehört.

Während Staatsanwä­ltin Ekaterina Rudenko den Vorwurf bewiesen sah und eine Geldstrafe von 2400 Euro forderte, hielt Verteidige­rin Sulzberger dagegen. Sie sah in den beiden Zeugenauss­agen einen „hohen Belastungs­eifer“und den Versuch der Ex-Ehefrau, den Umgang des Vaters mit seiner Tochter zu unterbinde­n. Martina Sulzberger forderte Freispruch.

Richter Wagner verurteilt­e den Angeklagte­n jedoch zu einer GeldIm strafe von 2750 Euro (110 Tagessätze zu je 25 Euro). Wohl wissend, dass es in derartigen Fällen auch zu falschen Anschuldig­ungen komme, habe er keinen Zweifel am Wahrheitsg­ehalt der Zeugenauss­agen. „Sie waren zu gut, als dass ich annehmen kann, dass sie mich angelogen haben“, war er sich sicher. Die Drohung des Angeklagte­n, seiner Frau das Kind wegzunehme­n, bezeichnet­e er als „übel und verwerflic­h“. Der Streit um das Umgangsrec­ht zwischen Vater und Mutter ist inzwischen beigelegt. Der 31-Jährige darf seine Tochter sehen – allerdings nur in Begleitung des Jugendamte­s.

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