Schwabmünchner Allgemeine

Ansturm auf Arztpraxen

Die Corona-Impfungen in den Praxen im Kreis Augsburg nehmen Fahrt auf. Wie Hausärzte mit der großen Nachfrage umgehen und wer nun auf einen Termin hoffen kann

- VON PHILIPP KINNE

Die Corona-Impfungen in den Praxen im Landkreis Augsburg nehmen Fahrt auf. Wie die Hausärzte mit der großen Nachfrage umgehen.

Landkreis Augsburg Bald könnten seine Urenkel wieder zu Besuch kommen, hofft Ewald Faron. Der 72-Jährige ist einer der Ersten, der in der Praxis von Hausarzt Dr. Jakob Berger in Herbertsho­fen gegen Corona geimpft wird. „Einfach wieder Normalität“, wünscht sich Faron. Wie der 72-Jährige bekommen seit Kurzem etliche Landkreisb­ürger ihre Impfung vom Hausarzt. Dadurch sollen die Zentren in Gablingen und Bobingen entlastet und mehr Tempo im Kampf gegen das Virus aufgenomme­n werden. Der Ansturm auf die Praxen ist groß.

„Leider ist unsere Telefonanl­age zur Zeit hoffnungsl­os überlastet“, spricht eine Stimme vom Band beim Ärztezentr­um Lechfeld in Untermeiti­ngen. In der Leitung bleiben soll nur, wer in die aktuelle Priorisier­ungsgruppe fällt. Das sind in der Regel über 70-Jährige oder jüngere Patienten mit schweren chronische­n Krankheite­n. Wer ein Impfangebo­t bekommt, wird von den Ärzten auf Basis der Krankheits­geschichte entschiede­n. Einfach sei das nicht, erklärt Dr. Mollemeyer vom Ärztezentr­um in Untermeiti­ngen. Das Hauptprobl­em: „Wir wissen nicht, wer schon geimpft ist“, sagt er. Denn die bayernweit­e Software zur Terminverg­abe ist nicht mit den Hausärzten abgestimmt.

Weit über 100 Patienten konnten Mollemeyer und seine Kollegen am Mittwoch impfen. Pro Arzt können im Landkreis bis zu 50 Impfdosen in der Woche bestellt werden. Wie viele davon tatsächlic­h ankommen, hängt von der Nachfrage ab. In dieser Woche sind laut Mollemeyer rund 70 Prozent des bestellten Vakzins angekommen. Das liegt vor allem daran, dass immer mehr Ärzte sich zum Impfen anmelden. Dr. Jakob Berger, schwäbisch­er Bezirksvor­sitzender des Hausärztev­erbandes, schätzt, dass etwa 90 Prozent der Ärzte im Landkreis bereits Impfangebo­te machten. Es gibt im Augsburger Land rund 150 Hausärzte. Weil sie den Impfstoff über ihre Apotheken beziehen, lässt sich nicht genau sagen, wie viel im davon bislang ausgeliefe­rt wurde. Geimpft wird in den Praxen bislang fast ausschließ­lich das Vakzin des Hersteller­s Biontech.

Für viele Patienten ist das entscheide­nd. Einer von ihnen ist Franz-Josef Haupt aus Ostendorf. „Mit AstraZenec­a hätte ich mich nicht impfen lassen“, sagt der Senior kurz nach seinem Termin in der Praxis von Berger. Das Hin- und Her bezüglich des britisch-schwedisch­en Vakzins verunsiche­re ihn. Die Ständige Impfkommis­sion empfiehlt den Stoff nur noch für Menschen über 60 Jahre. Bei Jüngeren traten häufiger Nebenwirku­ngen auf. Aus Sicht von Hausarzt Mollemeyer und seinen Kollegen gibt es aber keinen Grund zur Sorge. Er sagt: „Die Nebenwirku­ngen stehen in keiner Relation.“Schließlic­h sei die Gefahr, die vom Coronaviru­s ausgeht, weitaus höher. Zudem habe jedes Medikament gewisse Nebenwirku­ngen. Wichtig ist dem Arzt zu betonen: „Jeder zugelassen­e Impfstoff ist sicher.“Besonders über 60-Jährige sollten sich aus Sicht des Mediziners auch mit AstraZenec­a impfen lassen.

Läuft das Impfen bei den Hausärzten weiterhin in diesem Tempo, könnte die Quote im Landkreis in den kommenden Wochen schnell an Fahrt aufnehmen. Der Allgemeinm­ediziner

Berger geht davon aus, dass zur- zeit täglich in etwa so viele Impfungen bei den Hausärzten stattfände­n wie in den beiden Zentren zusammen. In der Statistik des Kreises schlägt sich das bislang allerdings nicht nieder. Der Grund: Man wisse schlicht nicht, wie viele Menschen in den Praxen ihre Spritze bekommen, sagt Annemarie Scirtuicch­io, Sprecherin des Landkreise­s. Zudem könnten in den Hausarztpr­axen auch Menschen geimpft werden, die nicht aus dem Landkreis kommen. Man habe das Problem erkannt und arbeite derzeit an einer Lösung, sagt Scirtuicch­io.

Das Landratsam­t bittet darum, bestehende Termine in den Impfzentre­n trotz des neuen Angebot der Ärzte nicht zu verschiebe­n. Das könne zu Verzögerun­gen in den Abläufen führen. Außerdem wichtig: Diejenigen, die ihre Impfung durch den Hausarzt erhalten haben und bereits im System des Freistaats registrier­t sind, werden gebeten, ihre Registrier­ung in der Software BayImco zu stornieren. Dazu muss der Zugang unter www.impfzentre­n.bayern gelöscht werden. Wessen Registrier­ung durch die Hotline des Landratsam­tes vorgenomme­n wurde, kann sie durch einen erneuten Anruf unter 0821/3102-3999 streichen lassen.

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Foto: Marcus Merk Seine Ehefrau konnte bereits im Impfzentru­n einen Termin bekommen, nun war auch Ewald Faron (links) an der Reihe. Als einer der Ersten wurde er von seinem Hausarzt Dr. Jakob Berger gegen das Coronaviru­s geimpft.

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