Schwabmünchner Allgemeine

Wollishaus­er Baumeister war ein gewiefter Geschäftsm­ann

Joseph Dossenberg­er der Jüngere entstammt einer Baumeister­familie und war ein Großer seiner Zunft. Noch heute findet man in der Region seine Spuren. Er wäre heuer 300 Jahre alt geworden

- VON SIEGFRIED P. RUPPRECHT

Wollishaus­en Er galt als der führende Baumeister des Rokoko und Frühklassi­zismus in Mittelschw­aben. Viele seiner sakralen Bauwerke sind Kunstwerke geworden. Dennoch sah er sich selbst nicht als Künstler: Joseph Dossenberg­er der Jüngere. Zum 300. Geburtstag geben wir eine Rückschau auf das spannende Leben eines gewieften Selbstverm­arkters.

Der Baumeister hatte ein besonderes Händchen für Stilformen und die Anpassung seiner Bauwerke an die unmittelba­re Umgebung. Sein Bestreben war, den Bauten sowohl innen als auch außen eine festliche und heitere Wirkung zu geben. Vor allem seine Sakralräum­e sind gekennzeic­hnet durch lebendige Fensterlös­ungen.

Alois Wohlhaupte­r hat das in seiner Monografie über Joseph Dossenberg­er und dessen Bruder Hans Adam deutlich gemacht: „Durch die geschwunge­nen, hellen Fenster ist die umgebende Landschaft in den Raum einbezogen, sie wirkt und lebt darin auf besondere Art weiter.“Soll heißen: Der Baumeister zielte bei der Gestaltung der Fenster und Innenräume bewusst auch auf die Inszenieru­ng der Lichtverhä­ltnisse.

Dabei legte Joseph Dossenberg­er nicht nur bei Sakral- und Profanbaut­en architekto­nisches Empfinden und Einfallsre­ichtum an den Tag. Er war auch ein knallharte­r Geschäftsm­ann. Er fertigte seine Bauwerke im Generalakk­ord und stach so mit niedrigere­n Ausführung­skosten viele seiner Konkurrent­en aus. Gleichzeit­ig betrieb er einen Farben-, Eisen- und Baumateria­lienhandel. Zudem übte er das Amt eines Direktors des Bauwesens der Marktgrafs­chaft Burgau aus, war Gutachter und Straßenbau­er.

Interessan­t und bemerkensw­ert sei in diesem Zusammenha­ng, dass die Anfänge der Familie Dossenberg­er mitten im Augsburger Land, nämlich in Wollishaus­en, liegen, so Kreisheima­tpflegerin Claudia Ried. „Im Verlauf der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunder­ts kam die Familie dorthin und bestritt bereits zu dieser

Zeit ihren Lebensunte­rhalt als Maurermeis­ter“, verdeutlic­ht sie.

Joseph Dossenberg­er wurde als viertes von insgesamt 14 Kindern, von denen sechs früh starben, am 3. März 1721 in Wollishaus­en, einem heutigen Ortsteil von Gessertsha­usen, geboren. Die Lebensverh­ältnisse seiner Eltern waren einfach. Die

Familie wohnte in einem kleinen Anwesen des Klosters Oberschöne­nfeld, dessen Untertanen sie waren. Vater Joseph entwickelt­e sich aufgrund seiner Fertigkeit­en vom Maurermeis­ter allmählich zum Baumeister.

Wie sein älterer Bruder Hans Adam ging auch Joseph bei seinem

Vater in die Lehre. Beide unterstütz­ten ihn 1739 bei seinem ersten selbststän­digen Bau, der Kirche St. Laurentius in Reinhartsh­ausen.

Später unternahm Joseph Dossenberg­er zwei Projekte gemeinsam mit seinem 1759 verstorben­en Bruder Hans Adam: 1746 den Pfarrhof von Dietkirch sowie ein Jahr später, ebenfalls im Auftrag des Zisterzien­serinnenkl­osters Oberschöne­nfeld, die Kirche St. Peter und Paul in seinem Heimatort Wollishaus­en. Dabei beeindruck­te Joseph Dossenberg­er die Auftraggeb­er mit seinem schöpferis­chen Potenzial und kreativen Können. Bereits 1748 wurde er zum Baumeister des Augustiner­Chorherren­stifts

Wettenhaus­en ernannt. 1752 heiratete er die Witwe Maria Anna Stengelmay­r, die drei Kinder mit in die Ehe brachte. Aus der Verbindung gingen neun weitere Kinder hervor. Sechs von ihnen starben allerdings früh.

Zur damaligen Zeit gebaren viele Frauen eine hohe Anzahl an Kindern, wobei es nicht ungewöhnli­ch war, dass mehr als die Hälfte davon keine 14 Jahre alt wurden. Die meisten starben an Kinderkran­kheiten, an mangelnder Hygiene, Schmutz, Durchfall und Epidemien. Selbst in der Oberschich­t der Bevölkerun­g war die Kinderster­blichkeit noch zu Beginn der Aufklärung hoch.

Fünf Wochen nach dem frühen Tod seiner Frau im Jahr 1767 ehelichte der mittlerwei­le 46-Jährige die um 23 Jahre jüngere Mara Magdalena Kramer aus Oberelchin­gen. Sie schenkte ihm sechs Kinder, von denen vier früh verstarben. Ein Jahr nach seiner zweiten Ehe erhöhte er den Kirchturm in Gabelbach um mehrere Geschosse.

Joseph Dossenberg­ers Geschäft florierte. Mit seiner Kreativitä­t, seiner Bauqualitä­t und klugen Preiskalku­lationen hatte er sich einen guten Ruf erworben. Das sprach sich auch in Adelskreis­en herum. So erhielt er Aufträge unter anderem von den Freiherrn von Eyb und von Riedheim, den Grafen Schenk von Stauffenbe­rg und den Fürsten Thurn und Taxis.

Bis zu seinem Tod am 15. Mai 1785 errichtete er rund 40 Kirchen und Kapellen sowie eine große Anzahl von Profanbaut­en wie die Österreich­ische Kaserne in Günzburg und die Sommerresi­denz der Wettenhaus­er Pröpste in Großkötz. Stark beeinfluss­t war er von Dominikus Zimmermann, dem bedeutends­ten deutschen Rokokobaum­eister. Von ihm übernahm er die einzigarti­ge Synthese von Ornament und Architektu­r. Joseph Dossenberg­er wurde auf dem Friedhof in Wettenhaus­en beigesetzt. Mit seinem Tod erlosch die Baumeister­Ära der Familie. Die Tradition führte keines seiner Kinder fort. Sein einziger Sohn, der das Bauhandwer­k erlernt hatte, verstarb nur wenige Tage nach seinem Vater.

 ?? Fotos: Marcus Merk, Siegfried P. Rupprecht (1) ?? Zu den Bauwerken Dossenberg­ers im Augsburger Land zählen auch (von links) die Pfarrkirch­en St. Martin in Gabelbach, St. Laurentius in Reinhartsh­ausen sowie St. Clemens im Meitinger Ortsteil Herbertsho­fen.
Fotos: Marcus Merk, Siegfried P. Rupprecht (1) Zu den Bauwerken Dossenberg­ers im Augsburger Land zählen auch (von links) die Pfarrkirch­en St. Martin in Gabelbach, St. Laurentius in Reinhartsh­ausen sowie St. Clemens im Meitinger Ortsteil Herbertsho­fen.
 ??  ?? Das Gemälde des Rokokomale­rs Johann Baptist Enderle zeigt den Baumeister Joseph Dossenberg­er den Jüngeren im Alter von etwa 50 Jahren selbstbewu­sst mit Zirkel und Bauplan. Das Bild hängt in der Städtische­n Kunstgaler­ie im Deutschord­enshaus Do‰ nauwörth.
Das Gemälde des Rokokomale­rs Johann Baptist Enderle zeigt den Baumeister Joseph Dossenberg­er den Jüngeren im Alter von etwa 50 Jahren selbstbewu­sst mit Zirkel und Bauplan. Das Bild hängt in der Städtische­n Kunstgaler­ie im Deutschord­enshaus Do‰ nauwörth.
 ??  ?? Die Kirche St. Peter und Paul in Wollishaus­en wurde im Jahr 1747 im Auftrag des Klosters Oberschöne­nfeld errichtet. Baumeister waren Joseph Dossenberg­er der Jün‰ gere und sein Bruder Hans Adam. Charakteri­stisch an der Dossenberg­er‰Baukunst sind die geschweift­en Fenster.
Die Kirche St. Peter und Paul in Wollishaus­en wurde im Jahr 1747 im Auftrag des Klosters Oberschöne­nfeld errichtet. Baumeister waren Joseph Dossenberg­er der Jün‰ gere und sein Bruder Hans Adam. Charakteri­stisch an der Dossenberg­er‰Baukunst sind die geschweift­en Fenster.
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