Schwabmünchner Allgemeine

Wollten Rechtsterr­oristen den Reichstag stürmen?

Am heutigen Dienstag beginnt der Prozess gegen die Mitglieder einer mutmaßlich rechtsextr­emen Terrorgrup­pe, deren Anführer zuletzt in Mickhausen lebte

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Mickhausen Am Dienstag beginnt in Stuttgart-Stammheim das Verfahren gegen zwölf Mitglieder einer Gruppe, die in der gesamten Republik mit Gewalt bürgerkrie­gsähnliche Zustände verursache­n wollte. Der Kopf der Bande wurde im Februar 2020 in Mickhausen festgenomm­en.

Niemand in der Stauden-Gemeinde ahnte wohl, was der Mann mit dem grauen Bart im Schilde führte. Am normalen Dorfleben nahm Werner S. nicht teil. Er war in keinem Verein Mitglied und trat in der Öffentlich­keit nicht in Erscheinun­g. Zu Gesicht bekamen ihn Nachbarn meistens nur, wenn er seine Hunde am Morgen und am Abend nach draußen führte.

Nach Recherchen des ZDF-Magazins Frontal 21 und den Stuttgarte­r

Nachrichte­n wollte Werner S. kurz vor seiner Festnahme im Februar 2020 ein Kalaschnik­owSturmgew­ehr mit 2000 Schuss Munition, eine Maschinenp­istole der israelisch­en Marke Uzi sowie Handgranat­en besorgen.

Damit sollte wohl ein Anschlag im Reichstags­gebäude in Berlin verübt werden. Das gehe aus den Ermittlung­sakten hervor, so Frontal 21. Die mutmaßlich­en Rechtsterr­oristen hätten bereits über 27 erlaubnisp­flichtige Waffen verfügt, vor allem Pistolen der russischen Hersteller Makarow und Tokarew. Auch bei Werner S. wurde eine scharfe 9-Millimeter-Pistole gefunden, als frühmorgen­s ein Großaufgeb­ot der Polizei das Haus in Mickhausen aufsuchte. Die Durchsuchu­ng des älteren Gebäudes dauerte mehrere Stunden.

Der mutmaßlich­e Kopf der Gruppe ist nach Medienrech­erchen neunmal vorbestraf­t – unter anderem wegen Betrug, Erpressung und Missbrauch von Titeln. „Teutoni

Werner S. wollte sich ein Sturmgeweh­r besorgen

co“, wie er sich im Internet nannte, netzwerkte mit Neonazis, Bürgerwehr­en und „Heimatschu­tz“-Gruppen. Offenbar hatte Werner S. auch Kontakt zu einem Mann, den er aus der selbsterna­nnten Bürgerwehr „Soldiers of Odin“kannte.

Er sollte die Kalaschnik­ow beschaffen. Laut Frontal 21 schrieb Werner S. in einer Chatgruppe, dass man mit dem „richtigen Training und einem exzellente­n, ausgereift­en Konzept“auf einen Schlag alle Poli

im Reichstag „ausschalte­n“wolle. Wie berichtet, hatte die „Gruppe S.“bereits die GrünenPoli­tiker Robert Habeck und Anton Hofreiter ins Visier genommen. Außerdem plante Werner S., eine Vielzahl von Moscheen in Deutschlan­d gleichzeit­ig anzugreife­n und dort muslimisch­e Gläubige zu ermorden.

Das Ziel: „bürgerkrie­gsähnliche Zustände“herbeiführ­en. Die Gruppe wollte laut der Bundesgene­ralanwalts­chaft die Gesellscha­ftsordnung in Deutschlan­d zerstören. Mehrere Kommandos hätten offenbar gleichzeit­ig in zehn Bundesländ­ern zuschlagen sollen. Aufgefloge­n ist die Gruppe offenbar durch einen V-Mann des LKABaden-Württember­g.

Er hatte die Mitglieder, die überwiegen­d auch zu rechtsextr­emen Bürgerwehr­en gehörten, bespitzelt. Im September 2019 schlug er zum ersten Mal Alarm. Er erkannte, dass sich mehrere Männer zu einer Tertiker rorgruppe zusammenge­schlossen hatten. Eine Woche vor der Razzia gab es in Minden in NordrheinW­estfalen ein geheimes Treffen, das ausgehorch­t wurde – daraufhin kam es zur groß angelegten Razzia in 13 Orten in Baden-Württember­g, Bayern, Niedersach­sen, NordrheinW­estfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. 53 Objekte wurden untersucht. Einer der Verdächtig­en starb im vergangene­n Sommer in der Untersuchu­ngshaft.

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Foto: Uli Deck, dpa (Symbolbild) Am Dienstag beginnt in Stuttgart‰Stammheim der Prozess gegen zwölf Mitglieder einer mutmaßlich­en rechten Terrorzell­e. Ihr Anführer soll Werner S. aus Mickhausen sein.
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Foto: Stefan Puchner, dpa (Archivbild) In diesem Gerichtsge­bäude, unweit des einstigen RAF‰Gefängniss­es, wird der Prozess geführt.

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