Schwabmünchner Allgemeine

Für immer obenauf

Zwölf Top-Vereine aus England, Italien und Spanien haben eine Super League gegründet. Es gibt keinen Auf- und Abstieg, dafür winken den Gründungsm­itgliedern 3,5 Milliarden Euro. Die Reaktionen sind verheerend

- VON FLORIAN EISELE

Augsburg Was lange Zeit nur als eine Drohkuliss­e der Top-Vereine schien, wurde am Sonntag schlagarti­g konkret: Zwölf Spitzenklu­bs aus Spanien, England und Italien gaben bekannt, die Idee einer internatio­nalen Super League zeitnah umsetzen zu wollen.

Wie soll die Super League aussehen?

Den Plänen der derzeit beteiligte­n zwölf Teams zufolge sollen 20 Teams an dem Wettbewerb teilnehmen. Diese sollen zuerst in zwei Zehnergrup­pen, dann in K.-o.-Spielen den Sieger ausspielen

Ab- und Aufstieg sind für 15 feste Teams ausgeschlo­ssen. Verwaltet wird die Liga von den Teams selbst, Vorsitzend­er ist Real Madrids Präsident Florentino Perez. Wann genau die Liga starten soll, ist unklar. Essoll aber möglichst bald sein.

(siehe Infokasten). Wer finanziert die Super League?

Das Hauptargum­ent lautet Geld – und davon ist in der Super League jede Menge zu verdienen. Wie bereits Anfang des Jahres berichtet, soll die US-Bank JP Morgan den Wettbewerb finanziere­n. Am Montag bestätigte die Bank dies der englischen Nachrichte­nagentur Die Gründungsm­itglieder sollen einen Beitrag von 3,5 Milliarden Euro erhalten, der zur „Entwicklun­g ihrer Infrastruk­tur und zur Abfederung der Auswirkung­en der Covid-Pandemie vorgesehen ist“. Ansonsten sichert der Wettbewerb den Teilnehmer­n garantiert­e Einnahmen in dreistelli­ger Millionenh­öhe.

PA. Was bedeutet die Super League für das bestehende System?

Laut der Stellungna­hme soll ausschließ­lich unter der Woche gespielt werden, um „das Herz des Vereinsfuß­balls“– also die nationalen Ligen – nicht zu beschädige­n. Für die Dachverbän­de Fifa und Uefa sind die Pläne der Klubs jedoch eine direkte Kampfansag­e und nicht zufällig am Abend vor dem Uefa-Kongress veröffentl­icht worden. Der Uefa-Wettbewerb Champions League könnte dadurch in die Zweitklass­igkeit abrutschen. Die bisherige Königsklas­se und die Super League sind für die Klubs nicht miteinande­r vereinbar – und sollen es offensicht­lich auch gar nicht sein.

Wie reagieren Uefa und Fifa?

Hier bahnt sich der größte Machtkampf in der Geschichte des europäisch­en Fußballs an. Denn schon

Beginn des Jahres hatten sich beide Dachorgani­sationen „mit Nachdruck“gegen die Gründung einer Super League ausgesproc­hen – und darauf verwiesen, dass Spieler, die an diesem Wettbewerb teilnehmen, für alle Wettbewerb­e von Fifa oder den Kontinenta­lverbänden gesperrt würden. Im Detail sind das: EM, WM, Champions League, Europa League. Uefa-Präsident Aleksander Ceferin ging am Montag zudem Andrea Agnelli scharf an. Der Italiener ist stellvertr­etender Vorsitzend­er der Super League sowie Präsident von Juventus Turin und der europäisch­en Klub-Vereinigun­g ECA, die sich eigentlich gegen die Super League positionie­rt hatte. „Ich habe noch nie eine Person getroffen, die so viel gelogen hat, wie er es tat“, sagte Ceferin über Agnelli.

Wie reagieren DFB und DFL?

In einer gemeinsame­n Stellungna­hme haben die Verbände „die Gründung einer Super League mit großer Erschütter­ung zur Kenntnis genommen. Wir stehen in Solidaritä­t zur Uefa und Präsident Aleksander Ceferin.“Man dürfe nicht zulassen, dass die finanziell­en Interessen einiger Topvereine aus England, Italien und Spanien die Abschaffun­g bewährter Strukturen bewirken.

Was plant die Uefa für die Champions League?

Das Uefa-Exekutivko­mitee beschloss am Montag die ebenfalls umstritten­e Reform der Champions League. Ab der Saison 2024/25 werden 36 statt bislang 32 Teams an der Gruppenpha­se teilnehmen, zudem wird es insgesamt 100 weitere Spiele geben. Gespielt wird nicht mehr wie gewohnt in acht Vorrundeng­rupzu pen, stattdesse­n soll es eine Liga geben, in der aber nicht jeder gegen jeden antritt. Dabei würde jedes Team zehn statt bislang sechs Vorrundens­piele bestreiten. Mehr Spiele, mehr Geld: Es ist bereits ein Entgegenko­mmen an die großen europäisch­en Klubs.

Was sagt ein Sportökono­m zu der Super League?

Markus Kurscheidt ist Inhaber des Lehrstuhls für Sportwisse­nschaft II an der Universitä­t Bayreuth. Er sagt: „Ich glaube erst daran, wenn angepfiffe­n wird und der erste Ball rollt.“Der Sportökono­m findet den Frontalang­riff der Klubs erstaunlic­h – zumal Fifa und Uefa im Vorfeld eine starke Drohkuliss­e mit der Sperre für Spieler aufgebaut haben. „Ich tue mir schwer damit, zu glauben, dass ein Spieler sich auf diese Situation einlässt und seine Nationalma­nnschaft links liegen lässt.“Die Teilnahme an einer EM oder WM sei schließlic­h nicht nur emotional stark besetzt, sondern auch ein wichtiges Marketing-Argument.

Warum sind der BVB und der FC Bayern nicht dabei?

Dortmunds Geschäftsf­ührer HansJoachi­m Watzke betonte am Montag, dass „beide deutsche Klubs, die im ECA-Board vertreten sind, der FC Bayern München und Borussia Dortmund, in allen Gesprächen zu 100 Prozent deckungsgl­eiche Auffassung­en vertreten haben“. Dies sieht so aus, dass „man die Pläne zur Gründung einer Super League ablehnt“. Später meldete sich auch Bayerns Vorstandsv­orsitzende­r Karl-Heinz Rummenigge zu Wort: Der FC Bayern habe sich an den Plänen nicht beteiligt, da man davon überzeugt sei, „dass die aktuelle Statik im Fußball eine seriöse Basis garantiert.“Kurscheidt ist sich aber sicher: Wird die Super League ein Erfolg, steigt auch der Reiz für den FC Bayern, daran teilzunehm­en. „Die Gründungsm­itglieder zielen darauf ab, dass die anderen Klubs schon angekroche­n kommen.“Noch versuchen es die Gründerver­eine wohl auf die sanfte Art. Einem

zufolge sollen sowohl der FC Bayern München als auch Borussia Dortmund an Bord geholt werden. Das geht aus einem Vertrag hervor, über den das Nachrichte­nmagazin berichtete. Demnach solle der Vorstand der neuen Liga den Bayern, dem BVB und dem französisc­hen Meister Paris Saint-Germain „so schnell es geht“die Mitgliedsc­haft anbieten.

Spiegel-Bericht Wie sehen die Fan-Reaktionen aus?

Verheerend. Eine Gruppe von Liverpool-Anhängern etwa, die hauptsächl­ich für die Banner und Fahnen im Stadion verantwort­lich sind, kündigte an, alle ihre Flaggen aus dem Stadion in der Anfield Road abzuziehen. „Wir haben das Gefühl, das wir einen Club nicht länger unterstütz­en können, der finanziell­e Gier über die Integrität des Spiels stellt“, hieß es auf dem Twitter-Account des FanClubs Spion Kop 1906.

 ?? Foto: Maurice van Steen, Witters ?? Real Madrid – hier mit Eden Hazard, Sergio Ramos und Karim Benzema – ist eines von zwölf Gründungsm­itgliedern der europäi‰ schen Super League. Künftig soll dort anstatt in der Champions League gejubelt werden.
Foto: Maurice van Steen, Witters Real Madrid – hier mit Eden Hazard, Sergio Ramos und Karim Benzema – ist eines von zwölf Gründungsm­itgliedern der europäi‰ schen Super League. Künftig soll dort anstatt in der Champions League gejubelt werden.

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