Schwabmünchner Allgemeine

„Es war ein seltsames Jahr“

Kapitän Brady Lamb über das Scheitern der Panther in der Punktrunde, den möglichen Bruch zwischen Mannschaft und Trainer Tuomie sowie die eigene Zukunft

- VON MILAN SAKO

Ein wenig fühlt es sich an wie immer. Das Spiel ist längst beendet, der Zamboni gleitet jenseits der Bande über das zerfurchte Eis und verwandelt­e die Rillenland­schaft in eine spiegelgla­tte Fläche. Auf der anderen Seite der Bande steht Brady Lamb bereit zum Interview, mit Abstand, mit Maske. Schon vor dem 6:5 nach Penaltysch­ießen gegen die Eisbären Berlin war festgestan­den, dass die Panther die Play-off-Runde um die deutsche Meistersch­aft verpassen würden. Nicht ungewöhnli­ch, schließlic­h schaffte das eher finanzschw­ache Gründungsm­itglied der Deutschen Eishockey-Liga 13 Mal in 27 Spielzeite­n den Einzug in die K.-o.-Runde. 14 Mal scheiterte der AEV, so wie im April 2021.

Wie fasst der Kapitän die erste Spielzeit ohne Zuschauer und mit vielen Tests und Corona-Beschränku­ngen in Worte? „Es macht einfach keinen Spaß, in leeren Hallen zu spielen. Wir hatten unsere Höhen und Tiefen mit Siegesseri­en und Niederlage­n in Folge. Die einzige Beschreibu­ng, die passt: Es war ein seltsames Jahr“, antwortet der Kanadier aus Calgary. Mit einer Pleitenser­ie von vier Niederlage­n hatte sich die Mannschaft aus dem Rennen um die Playoffs genommen, mit dem 1:7-Heimdebake­l gegen Düsseldorf als negativem Höhepunkt.

Danach hatte Trainer Tray Tuomie seiner Mannschaft vorgeworfe­n, dass sich bis auf fünf Spieler der Rest habe hängen lassen. Der Kapitän sieht es so: „Es war zu sehen, dass nicht alle bereit waren. Aber das macht man nicht absichtlic­h.“Jeder Spieler bereite sich individuel­l auf den Einsatz vor. „Manchmal funktionie­rt es nicht. Mit unserem Spielsyste­m brauchen wir alle Mann an jedem Abend, sonst habe wir keine Chance, zu gewinnen“, sagt der Kapitän der Augsburger Panther. Die Pleiten-Analyse des selbst in der Kritik stehenden Bandenchef­s könnten auf einen Bruch zwischen Trainer und Team hinweisen. Ja, das habe er in der Zeitung und den sozialen Netzwerken gelesen. „Das ist nicht meine Abteilung. Damit müssen sich die Klubverant­wortlichen beschäftig­en“, weicht der Kanadier aus Calgary zunächst aus, um beim Nachfassen zu dem möglichen Bruch dann doch klarer zu werden: „Ich denke nicht. Wir spielen aus dem gleichen Grund hier. Wir versuchen, unseren Plan, so gut es geht, auszuführe­n.“Es habe Zeiten während der Saison gegeben, in denen der Plan funktionie­rte und dann auch nicht.

Nicht nur während der Partien war es „seltsam“ruhig. Auch nach dem letzten Match kehrt ungewohnte Stille im Umfeld ein. „Ich habe gerade mit meiner Familie darüber gesprochen. Normalerwe­ise hört man jetzt von Teamkolleg­en oder Freunden, die mitteilen, dass sie verlängert oder anderswo unterschri­eben haben.“Im April könne man üblicherwe­ise erahnen, wie das Gesicht der neuen Mannschaft aussieht. Doch bislang haben die Panther außer Spielgesta­lter Drew Le– Blanc (der einen Zwei-Jahres-Vertrag besitzt) und dem Junioren-Nationalve­rteidiger Niklas Länger aus dem eigenen Nachwuchs noch keinen Profi unter Vertrag. Klubchef Lothar Sigl erklärt unmissvers­tändlich, dass wegen der schwierige­n Saisonplan­ung auch der Kader wohl erst spät stehen könnte.

Nach den Abschlussg­esprächen in den nächsten Tagen kehrt Lamb zu seiner schwangere­n Frau Lizz in die

USA zurück. Anfang Juni erwartet das Paar das zweite Kind.

Auch der punktbeste AEV-Verteidige­r kann über seine Zukunftspl­äne noch wenig sagen. In der ungewissen Lage vor einem Jahr hatte er angedeutet, sich nach Alternativ­en jenseits des Eises umzusehen. Aktuell ist das kein Thema: „Auf diese Weise will ich meine Laufbahn nicht beenden.“Er hofft, dass in der kommenden Saison im Curt-Frenzel-Stadion wieder vor Zuschauern gespielt werden kann, und fügt an: „Ich erwarte nicht, dass ich schon bald, ich nenne es mal, einen ,richtigen Beruf‘ ausübe. So lange mein Körper mitspielt und ich der Mannschaft weiter helfen kann, will ich Eishockey spielen.“Am liebsten in Augsburg.

Erste Gespräche mit Klubchef Sigl folgen in den nächsten Tagen. Lamb ist einer der ersten Kandidaten für eine Vertragsve­rlängerung. „Ich mag diese Stadt, abgesehen auch von dem Tattoo auf meinem Arm.“Die behaarten Muskelberg­e zieren das Augsburger Rathaus samt Augustusbr­unnen. Dort irgendwann wieder im Café zu sitzen und mit den Teamkolleg­en einen Cappuccino zu trinken, dürfte nicht nur ein Wunsch von Brady Lamb sein.

Bislang stehen nur zwei Spieler unter Vertrag

Die Topscorer 2020/21

1. David Stieler 33/13/20/38

2. Drew LeBlanc 30/10/20/38

3. Spencer Abbott 27/9/18/32

4. Daniel Kristo 20/8/12/31

5. T. J. Trevelyan 19/8/11/32

6. Brad McClure 18/9/9/17

7. Brady Lamb 17/4/13/33

8. Jaroslav Hafenricht­er 15/9/6/38

9. Scott Valentine 14/4/10/36

10. Adam Payerl 12/7/5/32 Punkte/Tore/Pässe/Einsätze

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Foto: Siegfried Kerpf Der Panther‰Chef gibt an der Bande die Anweisunge­n im Kreis seiner Abwehrkoll­egen: Kapitän Brady Lamb (Mitte) mit (von links) Henry Haase, Simon Sezemsky (verdeckt) und Steffen Tölzer (rechts).

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