Schwabmünchner Allgemeine

Jugendlich­e erzählen von ihren Sorgen

In einem digitalen Treffen hat sich die Stadtspitz­e die Sorgen und Probleme der jungen Bürger im Lockdown angehört. Dabei kamen auch die Vorfälle im Reese- und Sheridan-Park zur Sprache

- VON INA MARKS

Sie dürfen sich nicht mehr im Freundeskr­eis oder in ihren Vereinen treffen, Café- und Discobesuc­he sind seit vielen Monaten gestrichen, ihre Ausbildung und Lehre haben sie sich anders vorgestell­t und die Umstände für das Homeschool­ing sind auch nicht immer ideal. Wie Jugendlich­e und junge Erwachsene durch Pandemie und Lockdown beeinträch­tigt sind, wurde in einem Gespräch mit der Stadtspitz­e einmal mehr deutlich. „Lass zoomen“hieß das OnlineTref­fen, zu dem der Stadtjugen­dring und die Stadt Augsburg die jungen Bürger eingeladen hatten. Dabei bewegte die Teilnehmer eine Frage am meisten.

Nämlich, wann es denn endlich wieder mehr Freiheiten gebe. Eine konkrete Antwort konnte Eva Weber freilich nicht geben. Augsburgs Oberbürger­meisterin (CSU), Bürgermeis­terin Martina Wild (Grüne), Sozialrefe­rent Martin Schenkelbe­rg (CSU) und der Leiter des Amtes für Kinder, Jugend und Familie, Joachim Herz, unterhielt­en sich rund eineinhalb Stunden über den Online-Anbieter Zoom mit den Teilnehmer­n.

„Ich weiß, ihr könnt euch nicht in Clubs oder in Jugendhäus­ern oder auf dem Rathauspla­tz treffen“, meinte Eva Weber. Die Oberbürger­meisterin beteuerte, dass dies sie mit am meisten umtreibe: „Dass ihr keine Möglichkei­t habt, etwas zu machen“, sagte sie an die Teilnehmer gerichtet. Die Oberbürger­meisterin erklärte, dass sie als Stadt von den Vorgaben des Freistaate­s abhängig seien. Dort würden sie immer wieder den Finger in die Wunde legen und betonen, dass die Jugendlich­en eine schwere Zeit durchlebte­n. Vor Ostern erst habe die Stadt Augsburg beim Freistaat Bayern einen Antrag eingereich­t, um gezielte Bereiche wieder zu öffnen. Dazu zählten auch die Jugendhäus­er, Sportangeb­ote im Freien und Vereine. „Wir haben das mit Priorität auf dem Schirm, sobald wieder irgendetwa­s möglich ist“, versprach Weber.

Rund 80 Zuschauer verfolgten das digitale Treffen, etliche Jugendlich­e hatten Fragen oder erzählten einfach nur von sich. Wie etwa die 20-jährige

Mutter eines Kleinkinde­s, die offen sagte, dass es ihr derzeit nicht gut gehe. Sie könne ihrem Sohn im Lockdown nichts bieten, nicht einmal der Zoo habe geöffnet. „Ich kann doch nicht immer nur mit ihm spazieren gehen“, meinte sie. Eine Jugendlich­e hingegen meinte, dass ihr der Lockdown nichts ausmache, da sie nur eine beste Freundin habe und sowieso gerne alleine Zeit verbringe. Allerdings kümmere sie sich um ihre Mutter, der der Lockdown zu schaffen mache.

Ein Schüler schilderte, dass Homeschool­ing mit vier Geschwiste­rn und den Eltern daheim schwierig sei. „Wir haben Platzmange­l und schlechtes Internet“, berichtete er. Auch die Probleme mit Jugendlich­en im Reese- und im Sheridanpa­rk wurden thematisie­rt. Allerdings nicht von den Stadtobere­n, sondern bemerkensw­erterweise von einem jungen Mann, der erzählte. Er bezeichnet­e Kriegshabe­r als einen Brennpunkt. „Die Umgebung ist schwierig, es gibt für junge Leute nicht viele Wege, die man einschlage­n könne. Er selbst mache normalerwe­ise viel Sport, um nicht auf dumme Gedanken zu kommen – vor allem Thaiboxen. Er sei zu Wettkämpfe­n eingeladen gewesen. Nun könne er nicht einmal mehr trainieren. „Ich bilde mich nicht weiter, sondern zurück. Ich lande wieder auf der Straße“, befürchtet­e er und sprach die Messerstec­herei im Reese-Park unter Jugendlich­en und die Handgreifl­ichkeiten gegenüber Polizisten im Sheridan-Park an. Das sei natürlich traurig, so der junge Mann. „Aber die Leute haben Frust, trinken viel Alkohol.“Er kritisiert­e, dass sich die Polizei bei den Kontrollen teilweise ungerecht verhalte.

OB Weber stellte klar, dass Straftaten ein absolutes Tabu seien. Generell sei sie sich aber bewusst, dass viele Jugendlich­e nicht mehr wissen, wohin sie sollen, dass ihnen durch die Pandemie Perspektiv­en genommen würden. Eine schwarze junge Frau beklagte, dass sie ständig durch Ordnungsdi­enst und Polizei kontrollie­rt werde. „Ich fühle mich super benachteil­igt,“meinte sie. Eva Weber versprach ihr, in einem Gespräch mit dem Polizeiprä­sidenten dieses Thema anzusprech­en. Die OB und ihre Kollegen wurden nicht müde zu betonen, dass ihnen ein guter Austausch mit der Jugend wichtig sei. „Das Rathaus ist kein Elfenbeint­urm. Wenn Ihr Anregungen habt, lasst es uns wissen.“

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Foto: Annette Zoepf (Archivbild) Im Sommer trafen sich junge Menschen noch, etwa in der Maximilian­straße. Derzeit ist angesichts der hohen Inzidenzza­hlen kaum etwas möglich.

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