Impfung im Büro
Die Bundesregierung will ab Juni Impfungen auch von Betriebsärzten möglich machen. Viele große Unternehmen in der Region ziehen mit. Doch noch gibt es entscheidende Hürden
Augsburg Die Impfgeschwindigkeit in Deutschland gewinnt an Tempo. Seit auch Hausärzte ihren Patienten die Vakzine verabreichen dürfen, steigt die Zahl der täglichen Impfungen an. Jetzt will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in den nächsten Gang schalten: Auch Betriebsärzte können bald gegen Corona impfen. Ab Juni sollen die Unternehmen eingebunden werden.
Zahlreiche Firmen haben in den vergangenen Tagen und Wochen ihre Bereitschaft signalisiert, Angestellte von Betriebsärzten spritzen zu lassen. Die Hoffnung: Sind die Menschen erst immun, können die Mitarbeiter in die Büros und Fertigungshallen zurückkehren, CoronaBeschränkungen fallen weg, die Wirtschaft erholt sich, der Umsatz steigt. Bisher kam der Wunsch nach Impfungen im Betrieb vor allem von großen Konzernen – darunter RWE, Allianz oder Telekom. Sie haben ausreichend Kapazität, um Impfungen bei den eigenen Mitarbeitern durchzuführen. Aber wie sieht es bei Unternehmen in der Region aus?
„Wir planen, den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die Möglichkeit zu geben, sich bei Varta impfen zu lassen“, sagt Sebastian Lang, Personalchef beim Batterienhersteller Varta aus Ellwangen in BadenWürttemberg, der in Nördlingen einen großen Standort betreibt. „Das Wohlergehen unserer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen hat immer Priorität.“Bisher habe man die Situation mit Vorsichtsmaßnahmen geregelt: Schnelltests, Abstandsregeln, wenn möglich Homeoffice. „Eine Impfung wäre natürlich eine noch größere Sicherheit für alle und würde auch eine organisatorische Erleichterung darstellen.“Außerdem wolle man die staatlichen Maßnahmen unterstützen.
Allerdings stehen den Impfungen im Betrieb momentan zwei große Hürden im Weg. Die erste: Noch ist es schwer, an Impfstoffe zu kommen. Die verfügbare Menge in Deutschland ist nach wie vor zu gering. „Aktuell ist es uns noch nicht möglich, Vakzine zu bekommen“, sagt Lang. Die zweite Hürde: die starre Impfpriorisierung. In den Betrieben arbeiten eher jüngere Menschen. Die Quote der über 60-Jährigen ist gering, die der über 70-Jährigen sowieso.
Immerhin, dieses Problem könnte bald gelöst werden. Der Freistaat Bayern will sich spätestens Ende Mai von der Impfpriorisierung lösen. Dann soll möglichst schnell allen infrage kommenden Menschen ein Impfangebot gemacht werden, sagte kürzlich der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). Und was die Verfügbarkeit von Impfstoffen angeht, machen die Ankündigungen von Biontech und Pfizer Hoffnung.
Im zweiten Quartal – von April bis Juni – wollen die Vakzin-Hersteller 250 Millionen Dosen an die EU liefern. „Wie angekündigt gewinnt die Impfkampagne im zweiten Quartal deutlich an Geschwindigkeit“, sagte Bundesgesundheitsminister Spahn am Montag. Arztpraxen und Länder erhielten so mehr Planungssicherheit für Mai und Juni. „Und das ermöglicht uns, bereits im Juni auch die Betriebsärzte in die Impfkampagne zu integrieren.“Bund und Länder planen für die nächste Woche außerdem erneut einen Impfgipfel. Dort soll auch über die Impfungen in Betrieben diskutiert werden.
Das macht die Organisation allerdings schwierig. Viele der großen Unternehmen in der Region wollen zwar impfen, warten aber im Moment noch mit konkreten Planungen. Das bestätigten Sprecher von Kuka in Augsburg, BSH in Dillingen oder Airbus in Donauwörth. Der Grund: Noch sei unklar, wann und wie man starten und wer überhaupt geimpft werden könne. Konkreter wird es bei MAN in Augsburg. Dort soll bereits eine Impfstrecke im Museum des Unternehmens aufgebaut werden.
Außerdem könnte es in einigen Unternehmen möglich sein, auch Angehörige von Mitarbeitern zu impfen. Kuka und BSH lassen das offen. Bei MAN lehnt man die Impfung von Familien ab. Bei Varta gibt es organisatorische Bedenken. „Auch die Familienmitglieder zu impfen, könnte sich in der Organisation vor Ort schwierig gestalten. Wir haben einen großen geografischen Radius, woher unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kommen, und natürlich entsprechende Regeln für den Zutritt aufs Firmengelände, zur Sicherheit der einzelnen Personen“, sagt Sebastian Lang von Varta. Ähnlich ist die Situation bei Airbus. Weil das Werk zum Teil als militärischer Sperrbezirk deklariert ist, könnte es schwierig werden, Familienmitglieder für die Impfung auf das Firmengelände zu lassen, so ein Sprecher des Unternehmens.