Dem Jungen Theater fehlt die Bühne
Die Spielstätte im Abraxas erfüllt die Coronavorschriften nicht, deshalb gibt es nach dem Lockdown nur Open-Air-Vorstellungen. Der Kulturreferent will ein neues Konzept anstoßen
Während es für viele Theater im Moment darum geht, wann sie wieder Publikum in ihre Zuschauerräume lassen können, steht das Junge Theater Augsburg (JTA) vor einem ganz anderen Problem: Es könnte gar nicht spielen, denn das Kinderund Jugendtheater im Kulturhaus Abraxas hat keine geeignete Bühne.
Schon immer ging es in der kleinen Studiobühne heiß und eng her. Wer dort in den oberen Reihen saß, kennt das Gefühl, unter den Scheinwerfern zu brüten; dazu kamen die Knie des Hintermannes, die in den Rücken drückten. Und auch für die Mitarbeiter war es kein Spaß, unter diesen Bedingungen zu arbeiten. Bevor es überhaupt losgehen konnte, musste der Techniker erst einmal über die Zuschauerbänke klettern, um hinter sein Pult zu kommen.
Mit diesen Verhältnissen hatten sich Zuschauer und Angestellte in den letzten Jahren arrangiert. Mit den Hygienevorschriften für einen pandemiegerechten Theaterbetrieb ist dies aber nun nicht mehr vereinbar, denn die kleine Bühne im Abraxas verfügt nicht über eine Lüftungsanlage. „Außerdem dürften wir nach den aktuellen Abstandsregeln nur vor vier Leuten spielen“, stellt Theaterleiterin Susanne Reng dar. Dass dies sich weder wirtschaftlich noch künstlerisch lohnt, muss Reng nicht betonen. Normalerweise fasst der Zuschauerraum der Abraxas-Studiobühne etwa 50 Personen.
Mit der Erlaubnis, die Theater wieder zu öffnen, ist dem Jungen Theater also nur geholfen, wenn sich auch eine neue Spielstätte finden lässt. Im vergangenen Jahr hatte Elke Seidel, Leiterin des Kulturamtes, mit der Ausstellungshalle des Berufsverbandes Bildender Künstler im Abraxas und der Kresslesmühle in der Altstadt unbürokratisch Ersatz gefunden. Dreimal hatte das JTA in der Mühle „Das Traumfresserchen“spielen können. Doch diese Übereinkunft gilt nur bis Ende Mai, dann wollen beide Institutionen ihre Spielstätten wieder für eigene Veranstaltungen nutzen.
Zwar geht das JTA mit vielen seiner Stücke auch direkt in die Schulen und Kitas, aber über 100 Termine im Jahr spielt das Theater für Schulklassen und als öffentliche Veranstaltungen auf seiner kleinen Bühne. Mit dem Abraxas besteht darüber hinaus die Vereinbarung, das große Theater im Kulturhaus für 13 Vorstellungen im Jahr mietfrei nutzen zu können. „Da führen wir meist unsere Weihnachtsstücke auf, weil es da eine sehr große Nachfrage gibt“, erläutert Susanne Reng.
Gesucht ist nun ein Raum, der zum einen gut mit dem öffentlichen Nahverkehr zu erreichen ist, damit Schulklassen problemlos hinkommen können. Zum anderen muss er auch technische Voraussetzungen erfüllen. „Wir sind mit unseren mobilen Stücken zwar Meister darin, mit einfachen Mitteln zu spielen, aber ich will Kindern und Jugendlichen auch anspruchsvolleres Theater bieten“, gibt Susanne Reng zu bedenken.
Noch dringlicher wird die Raumnot des JTA durch den Wegfall des Kunstparks West auf dem Gelände der Reesekaserne. Hier hatte das JTA seine Probenbühne sowie Räume für die Spielklubs für Kinder und Jugendliche unterschiedlichen Alters. Auch die Workshops, die das JTA zu seinen Präventionsstücken anbietet, fanden dort statt. Diese wichtige theaterpädagogische Arbeit, die laut Vertrag auch Auftrag des JTA ist, ist ohne geeignete Räumlichkeit nicht möglich.
Eine mittelfristige Perspektive für das Theater ist die im Koalitionsvertrag der Stadtregierung vereinbarte Erweiterung des Abraxas, die dem JTA nicht nur eine neue Bühne bringen, sondern auch das
Kulturhaus im Stadtteil Kriegshaber als Standort für Kinder- und Jugendkultur stärken könnte.
Doch damit ist dem Jungen Theater, das seine neue Spiel- und Probenstätte schon ab September benötigt, nicht zeitnah geholfen. Kulturreferent Jürgen Enninger setzt deshalb auf eine temporäre Zwischennutzung von leer stehenden Gebäuden und ist in Kontakt mit städtischen Partnern, etwa den Stadtwerken, aber auch privatwirtschaftlichen Anbietern. Dies ist ein Konzept, das der Kulturreferent generell anstoßen möchte, weil er darin eine „spannende Möglichkeit, Kultur in der Stadt zu verankern und einen Mehrwert sowohl für die Leerstände wie auch die Kultur zu erzielen“, sieht. Für das JTA hat er bereits ein konkretes Objekt im Auge, das er Theaterleiterin Susanne Reng kommende Woche vorstellen möchte.
Die ist „für alles offen“, wie sie sagt. Erst einmal wandert das Junge Theater, so denn Vorstellungen wieder möglich sind, in den Siebentischwald. Dort soll im Juni und Juli „Der kleine Wasserdrache“aufgeführt werden. Dazu gibt es für Schulen auch eine Version als LiveHörspiel, das in Turnhallen oder im Pausenhof gespielt werden kann.