Mehr als 280.000 Coronatests für Kinder
Seit gut einer Woche wird an den Schulen und Kitas im Landkreis Augsburg getestet. Infizierte Kinder und Jugendliche hat man nur wenige aufgespürt – doch die Inzidenz in dieser Altersgruppe steigt steil
Landkreis Augsburg Über diese Zwischenbilanz ist der Leiter der Realschule Neusäß, Marcus Langguth, richtig froh: „Völlig unkompliziert“laufe das verpflichtende Testen der Schülerinnen und Schüler. Seit dem Ende der Osterferien vor eineinhalb Wochen müssen diese mindestens zweimal in der Woche verpflichtend an einem Selbsttest in der Schule teilnehmen, wenn sie zum Präsenzunterricht kommen, oder ein entsprechendes Testergebnis mitbringen. „Zum Glück hatten wir noch keinen positiven Fall“, berichtet Langguth. Es gibt jedoch eine andere Zahl: In keiner Altersgruppe bayernweit steigen die Fallzahlen mit Ansteckungen so stark wie in jener der Jugendlichen von 15 bis 19 Jahren.
Und das sind genau jene Jugendlichen, die im Moment vor allem zur Schule kommen. Geöffnet für den Präsenzunterricht sind die Schulen nämlich allein für die Abschlussklassen sowie für die elften Klassen der Gymnasien und Fachoberschulen und die vierten Klassen der Grundschulen. Der Neusässer Stadtrat Christian Rindsfüßer ist im Hauptberuf Statistiker, er hat nachgerechnet: In der ersten Schulwoche nach den Osterferien lag die Sieben-TageInzidenz in der Altersgruppe der 15bis 19-Jährigen am höchsten. Insgesamt liegt die Inzidenz in der Altersgruppe bis unter 20 Jahre um 18 Prozent höher als in der Gesamtbevölkerung, so Rindsfüßer.
Das verpflichtende Testen in den Schulen soll deshalb ein Baustein sein, um den Schulbesuch sicherer zu machen, hatte der bayerische Kultusminister Michael Piazolo zum Schulstart nach den Osterferien betont. Frühzeitig habe der Freistaat deshalb bis einschließlich vergangener Woche 19 Millionen Selbsttests für die Verteilung an Schulen und Kitas an die Kreisverwaltungen ausgeliefert. Seitdem habe der Landkreis Augsburg 284.000 Tests erhalten, so ein Sprecher des Kultusministeriums. „Weitere Lieferungen erfolgen kontinuierlich.“Wie viel ein Test pro Kind koste, können übrigens weder das Kultus- noch das Gesundheitsministerium sagen.
Auch an den allermeisten Grundund Mittelschulen konnten die Tests technisch gut oder doch einigermaßen gut umgesetzt werden, berichtet der fachliche Leiter des Schulamts für den Landkreis, Thomas Adleff. Allerdings: Nicht alle Eltern sind mit dieser Sicherheitsvorkehrung einverstanden. Darunter seien solche, die ihr Kind mit einer negativen Testbescheinigung in die Schule schickten, die von einer Teststation stammt. Es gebe aber auch jene Eltern, die generell gegen Corona-Tests seien und ihr Kind deshalb vom Präsenzunterricht beurlauben lassen. Und einen Anteil an Eltern, die ihr Kind für die Tage mit Schulaufgaben mit einem Test ausstatten und nur an diesen Tagen in die Schule schicken.
Die Schulen hätten ihm von einzelnen Fällen berichtet, in denen ein Selbsttest positiv ausgefallen ist. „Diese wurden durch die Schulen ruhig und für das Kind unaufgeregt behandelt, auch wenn vielleicht ein Schüler diesbezüglich aufgeregt war“, beschreibt der Schulamtsleiter. Solch ein positiver Schnelltest muss anschließend durch einen
PCR-Test überprüft werden. Tatsächlich erfahre das Schulamt allein dann vom Ergebnis des PCR-Tests, wenn daraufhin für die Schulen Quarantäne angeordnet werden muss. „Für den Bereich der Grund- und Mittelschulen haben wir aktuell Einzelfälle von Klassengruppen in Abschlussklassen oder auch von Kindern aus der Notbetreuung sowie das möglicherweise betroffene Personal in Quarantäne, wenn entsprechend kritische Kontakte stattgefunden haben“, so Adleff. In den Realschulen und Gymnasien sei derzeit allein das Paul-Klee-Gymnasium in Gersthofen von einer Quarantänemaßnahme betroffen, teilt das Landratsamt mit.
Bleiben die Inzidenzzahlen weiterhin so hoch wie aktuell, der Landkreis pendelt da seit dieser Woche um die 200, werden weiterhin allein die Abschlussklassen am Präsenzunterricht teilnehmen können. Ein Mittelschullehrer aus dem Landkreis berichtet in diesem Zusammenhang von der anderen Seite des langen Distanzunterrichts. Auch um seine Schülerinnen und Schüler zu schützen, möchte er seinen Namen nicht öffentlich nennen, er ist der Redaktion jedoch bekannt. Je länger die Schulen für die meisten Klassen geschlossen seien, desto mehr entglitten ihm die Jugendlichen.
„Jeden Tag geht es da um Polizeieinsätze, Drogen und Alkohol schon mittags“, berichtet er aus seiner siebten Klasse. Die Jugendlichen hätten immer weniger Lust auf Online-Unterricht. Im Moment gebe es keine Perspektive, wann Schule wieder normal stattfinden könne. „Mir ist es, als ob der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Gerade an der Mittelschule, an der ich unterrichte, haben viele Eltern auch nicht die Zeit oder das Vermögen, ihre Kinder zu unterstützen. Ich brauche die Kinder um mich, sonst schwimmen mir da die Felle weg. Als Pädagoge tut mir das in der Seele weh“, berichtet er.
Von einem Lichtblick kann Statistiker Christian Rindsfüßer berichten. Am geringsten seien die Ansteckungen mit dem Coronavirus in der vergangenen Woche in der Gruppe der über 80-Jährigen gewesen – jener Gruppe, die schon fast „durchgeimpft“sei.