Helfer dringend gesucht
Vielen Betrieben im Landkreis Augsburg mangelt es zurzeit an Personal. Das erschwert trotz gelockerter Auflagen den Neustart nach der Corona-Pandemie. Woran liegt das?
Vielen Gastronomiebetrieben im Landkreis Augsburg mangelt es zurzeit an Personal. Das erschwert trotz gelockerter Corona-Auflagen den Neustart.
Landkreis Augsburg Neben Fotos von Orangensaft, frischen Beeren und Schokolade ploppt die Schrift groß und orange in Weiß auf: „Lust, Teil des Teams zu sein?“Darunter: drei Anzeigen zu offenen Stellen. Die Website des Cafés und Cateringunternehmens Chocolaterie Müller in Königsbrunn gibt einen Vorgeschmack auf das, was viele Gastronomen im Landkreis Augsburg momentan beschäftigt: Personalmangel in allen Bereichen – Küche, Bar, Service und vor allem keine Aushilfen. Woher stammt die Knappheit an Arbeitskräften zurzeit? Wie behelfen sich die Betriebe?
Peter Müller ist Inhaber der Königsbrunner Chocolaterie. Um die 60 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beschäftigt er derzeit. In den vergangenen anderthalb Jahren haben ihn rund zehn Aushilfskräfte auf eigenen Wunsch verlassen. Seit Juni, dem Zeitpunkt, an dem er das Café nach dem Lockdown wieder öffnen durfte, sucht er händeringend nach neuen Aushilfen. „Wir nehmen so viele, wie wir kriegen können“, erklärt der Gastronom.
Aber warum sind so viele Aushilfskräfte gegangen? Müller sieht die Ursache in der Politik: „Während des Lockdowns wurde gesagt, Personal aus der Gastronomie solle in einen Pflege- oder Dienstleistungsberuf gehen – die Leute wurden abgeworben. Jetzt fehlen sie uns.“
Diese Erfahrung machte auch Bernhard Weis vom Grünen Kranz. Die Belegschaft des Großaitinger Landgasthofs hat sich durch Corona von fünf auf zweieinhalb halbiert. Einen Mitarbeitenden hat Weis an die Altenpflege verloren, denn dort gebe es ein besseres Gehalt und geregeltere Arbeitszeiten als in der Gastro-Branche, erklärt er. Ein weiterer Angestellter des Grünen Kranzes hat ebenfalls die Branche gewechselt – zu unsicher sei die Lage in der Gastronomie während der Pandemie gewesen.
Weis erklärt, dass auch ihm neben einem neuen Koch „die typischen Aushilfskräfte“fehlen: „Früher sind noch Studentinnen zum Kellnern gekommen. Von denen erhalten wir gar keine Bewerbungen mehr.“Der Gastronom hat mitbekommen, dass viele, die früher in den Semesterferien gekellnert haben, nun im Impf- oder Testzentrum aushelfen.
Dass das Personal, das aktuell in der Gastronomie fehlt, während der Pandemie in andere Branchen abgewandert ist, beobachtet auch Gabi Dreisbach. Die Königsbrunnerin ist stellvertretende Kreisvorsitzende des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands und leitet das Königsbrunner Hotel Zeller. Sie sagt: „Noch vor der Corona-Krise haben sich viele Studenten ihren Unterhalt in der Gastronomie verdienen können. Als das wegfiel, mussten sie dann in den Einzelhandel, in den Baumarkt, an Tankstellen oder woandershin.“
Die hohe Nachfrage nach Aushilfen in der Gastronomie bestätigen die Zahlen der Agentur für Arbeit: Im Juli vermeldet die Behörde für den Landkreis Augsburg 33 freie Stellen in der Gastronomie, darunter 23 für Hilfs- und zehn für Fachkräfte. Für den Bereich Speisenzubereitung, wozu auch Köche zählen, gibt es aktuell 46 freie Stellen. Hier sind allerdings mehr Fachkräfte gefragt und nur 17 Hilfskräfte gesucht.
Laut Dreisbach gebe es in der Gastronomie schon seit Jahren Personalmangel: „Es hat jedoch eine neue Dimension erreicht.“Unattraktive Arbeitszeiten mit Abendund Wochenendschichten sind kein Geheimnis. Dreisbach erklärt: „Man muss als Arbeitgeber deshalb Anreize schaffen: mit übertariflichem Gehalt, flexiblen Arbeitszeiten und gutem Arbeitsklima.“
Chocolaterie-Chef Peter Müller sieht das Problem für den Personalmangel auch im bürokratielastigen Einstellungsprozess: „Viele Leute wollen arbeiten, dürfen jedoch nicht, wie etwa Zuwanderer. Momentan ist coronabedingt kaum jemand in den Behörden erreichbar und wir finden keinen Ansprechpartner, der diesen Leuten eine Arbeitserlaubnis ausstellt.“Das mache die Personalsuche noch schwieriger.
Peter Müller überlegt, wegen der hohen Arbeitsbelastung aus dem einen Ruhetag, den die Chocolaterie momentan hat, zwei Ruhetage zu machen. Bernhard Weis sucht über die Website des Grünen Kranz und über das Arbeitsamt weiterhin nach Bewerbern. In einem Punkt sind sich die beiden Gastronomen und Gabi Dreisbach einig: An Gästen mangelt es in der Gastronomie zurzeit nicht.
Insgesamt sind 46 freie Stellen gemeldet