Schwabmünchner Allgemeine

Ein unerkannte­r Schatz in der Kirchennis­che

Sie ist ein bislang unbeachtet­es Juwel an der Bobinger Pfarrkirch­e: die Ölberggrup­pe, ein Bildnis von vier Sandsteinf­iguren. Was sie so besonders macht

- VON ANJA FISCHER

Bobingen Die Gruppe steht seit vielen Jahren in einer Nische auf der Ostseite der Pfarrkirch­e. Lange Jahre verbrachte die Figurengru­ppe als unentdeckt­er Schatz im Pfarrgarte­n, bevor sie in den 70er-Jahren ihren Platz in der Nische fand. Der Platz unter freiem Himmel schadete dem Molasse-Sandstein aus Lechbruck, aus dem die jeweils zwischen 200 und 300 Kilogramm schweren Figuren gefertigt sind. Schon seit einigen Jahren war der desolate Zustand der Figuren bekannt, eine Sanierung angedacht.

Der endgültige Stein des Anstoßes, der zudem eine Sanierung möglich gemacht hatte, war die großzügige Spende eines Bobinger Ehepaares für die Restaurier­ung der Figurengru­ppe, wie Pfarrer Thomas Rauch erklärt: „Die Spender möchten nicht genannt werden, aber zusammen mit einigen anderen privaten Spenden und der Unterstütz­ung durch Stiftungen wie der Deutschen Stiftung für Denkmalsch­utz, dem Bayerische­n Landesamt für Denkmalpfl­ege und der Bayerische­n Landesstif­tung ist uns die Finanzieru­ng gelungen.“

Über 20.000 Euro kostete die Restaurier­ung der vier Figuren, die Jakobus, Johannes, Jesus und Petrus am Ölberg zeigen. Bei der Begutachtu­ng der Figuren stellte sich heraus: „Es sind die wohl kostbarste­n Skulpturen, die unsere Kirche zu zeigen hat“, so Rauch.

Festgestel­lt hat dies der Herrsching­er Steinbildh­auermeiste­r Martin Piehler, der 2020/21 die Ölberggrup­pe gereinigt, konservier­t und sehr zurückhalt­end und vorsichtig restaurier­t hat, um die Qualität der Figuren in den Vordergrun­d zu stellen. Bei solch hochwertig gearbeitet­en Skulpturen steht im Sinne des Denkmalsch­utzes die Erhaltung des Istzustand­es an erster Stelle. In der jetzt hergestell­ten Beschaffen­heit kann die Gruppe der Zukunft sehr gut entgegentr­eten. „Die Sandsteins­kulpturen der Ölberggrup­pe sind in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunder­ts im schönen Stil der Gotik gearbeitet“, erzählt er: „Die Darstellun­g von Innerlichk­eit zeigt sich als Höhepunkt der Gotik an Ausdruck und Gebärde der Skulpturen.“Damals waren die Sandsteinf­iguren komplett bemalt. Die jahrhunder­tealten Farbreste wurden jetzt konservier­t – die Gruppe aber bleibt aus den genannten Denkmalsch­utzgründen in ihrem jetzigen, abgeblätte­rten Zustand.

Es sei die Blütezeit der Stadt Augsburg gewesen, für welche die der Fugger maßgeblich verantwort­lich gewesen seien, erklärt Steinbildh­auermeiste­r Piehler. Deshalb habe es in dieser Zeit zahlreiche bekannte Bildhauerw­erkstätten in Augsburg gegeben, die auf sehr hohem Niveau arbeiteten. Die hohe Güte der Ausführung­squalität der Bobinger Figuren lasse darauf schließen, dass sie aus diesem Umfeld stammen. „Die sehr delikat gearbeitet­en Details der Gesichter von Petrus oder Johannes stellen einen skulptural­en Höhepunkt an der Pfarrkirch­e St. Felizitas statt und sind als Gnadenbild im öffentlich­en Raum an prägnanter Stelle erfahrbar“, beschreibt es Martin Piehler, der an einer über zweihunder­t Seiten starken Expertise über die Figurengru­ppe mitgearbei­tet hat, die nun wieder ihren angestammt­en Platz in der Nische eingenomme­n hat. Um den Figuren einen passenden Rahmen zu geben, wurden vorsichtig ein bergiger Untergrund angedeutet und die Nische in sanften Farbtönen ausgemalt.

Eine besondere Bedeutung misst auch Pfarrer Thomas Rauch der Figurengru­ppe bei. „Die Ölbergszen­e ist ein zentrales, elementare­s EleHandels­beziehunge­n ment der Heilsgesch­ichte“, erklärt er. „Jesus ringt mit Gott und willigt ein, ein Opfer zu bringen – erst jetzt kann die Heilsgesch­ichte ihren Lauf nehmen.“

Der Ölberg sei deswegen ein zutiefst religiöser Ort, an dem der Wille Gottes deutlich geworden sei. „Wir fragen uns ja auch oft, welchen Plan Gott mit uns hat“, so der Pfarrer. Deshalb sei jeder Besucher eingeladen, vor der Figurengru­ppe innezuhalt­en und zu Gott zu beten, seinen Plan zu offenbaren und diesen dann auch mit offenem Herzen anzunehmen.

 ?? Foto: Anja Fischer ?? Stadtpfarr­er Thomas Rauch (links) und Steinbildh­auermeiste­r Martin Piehler freuen sich über die Sanierung der Ölberggrup­pe.
Foto: Anja Fischer Stadtpfarr­er Thomas Rauch (links) und Steinbildh­auermeiste­r Martin Piehler freuen sich über die Sanierung der Ölberggrup­pe.

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