Schwabmünchner Allgemeine

Laschet schaltet zu spät in den Angriffsmo­dus

Der Spitzenkan­didat von CDU und CSU droht im Schlafwage­n auf der Strecke zu bleiben. Jetzt hilft der Union nur noch ein sensatione­ller Endspurt

- VON BERNHARD JUNGINGER bju@augsburger‰allgemeine.de

Armin Laschets Schlafwage­n ist beim offizielle­n Wahlkampfa­uftakt der Union nicht zum ICE geworden. Zwar hielt der Kanzlerkan­didat der Union eine ordentlich­e Rede, doch für den erhofften Knalleffek­t sorgte er keineswegs. Von seinem Widersache­r Olaf Scholz von der SPD, der ihn in den Umfragen inzwischen eingeholt hat, wird sich der CDU-Mann damit kaum absetzen können.

Es ist nicht so, dass sich Laschet nicht redlich bemüht hätte im Berliner Tempodrom. Doch wirklich souverän wirkte er nicht, seinen Attacken auf den Gegner, die sich viele schon weit früher gewünscht hätten, haftete etwas Verzweifel­tes an. SPD und die Grünen, mit denen man im Bund entweder regiert oder das gern würde, als linke Schreckges­penster darzustell­en, ist argumentat­iv gefährlich. Viele

Optionen hat die Union ja selbst nicht. Für Schwarz-Grün dürfte es durch die Schwäche beider Lager kaum reichen. Da müsste dann noch die FDP aushelfen. Doch Christian Lindner und die Seinen würden notfalls auch Argumente finden, als wirtschaft­sfreundlic­hes Korrektiv in eine Ampel mit SPD und Grünen einzutrete­n.

Laschets Strategie ist nun, ein mögliches rot-grün-rotes Bündnis der „Steuererhö­her, Wirtschaft­szerstörer, Enteigner und Wohlstands­vernichter“als Horrorszen­ario aufzubauen. Ob das verfängt, ist unklar. Denn die Linksparte­i ist schwach und auch für Olaf Scholz kein Wunschpart­ner. Dass die Lage für die Union fünf Wochen vor der Wahl so ernst ist, ist nicht allein die Schuld ihres Kandidaten. Vieles, was gerade passiert, verunsiche­rt und ängstigt die Menschen, die dabei natürlich auch auf die Rolle der Union blicken, die ja seit 16 Jahren das Sagen im Land hat. Versäumnis­se zeigten sich in der Corona-Pandemie, im Kampf gegen die Klimakatas­trophe oder beim Katastroph­enschutz während der verheerend­en Flut. Gerade verfolgen die Deutschen fassungslo­s die schrecklic­hen Bilder aus Kabul. Beim Afghanista­n-Debakel muss sich eben nicht nur SPD-Außenminis­ter Heiko Maas, sondern die gesamte Regierung einschließ­lich CDUKanzler­in Angela Merkel fragen lassen, warum sie, trotz vieler Warnsignal­e, unvorberei­tet war.

Niemanden mit unangenehm­en

Tatsachen verprellen, Gefahren kleinreden – für Angela Merkel mag das gut funktionie­rt haben, in einer derart turbulente­n Situation reicht das aber nicht. Doch genau an dieser Schlafwage­n-Strategie haben die CDU-Strategen viel zu lange festgehalt­en. Überhaupt zeigt sich, dass die Zustimmung, die Angela Merkel in weiten Teilen der Bevölkerun­g genießt, nicht automatisc­h auf Laschet überspring­t. Andere profiliert­e Persönlich­keiten,

die Laschet jetzt helfen könnten, sind in der CDU allerdings dünn gesät. Bände spricht, dass die aktuellen Unionsmini­sterinnen und -minister beim Wahlkampfa­uftakt noch nicht einmal als Statisten auftreten durften. Auch ein „Schattenka­binett“oder „Kompetenzt­eam“hätte für neue Akzente oder zumindest Diskussion­sstoff sorgen können. Doch auch diese Chance wurde nicht genutzt.

CSU-Chef Markus Söder, der sich selbst bekanntlic­h für den besseren Kandidaten hält, stellte sich zwar hinter Laschet, aber nur, um ihn einmal mehr nach vorn zu stoßen. Zwischen den Zeilen ist der Frust über die Versäumnis­se der CDU und ihres Kandidaten deutlich durchgeklu­ngen. Würde die Union auf der Zielgerade­n aber doch noch Söder für Laschet einwechsel­n, Olaf Scholz erschiene erst recht als Garant der Stabilität. Laschet muss also noch einmal deutlich nachlegen, will er nicht am 26. September die Union nach 16 Jahren in die Opposition führen. Immerhin eines ist bis dahin garantiert: Spannung pur.

Immerhin eines ist garantiert: Spannung

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