Schwabmünchner Allgemeine

Mit Mikrofon und Burka

Als eine der letzten westlichen Journalist­innen berichtete Clarissa Ward für CNN aus den Straßen Kabuls. Nun muss auch sie Afghanista­n verlassen

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Schüsse, Beschimpfu­ngen, immer wieder Kämpfe – Clarissa Ward lebt gefährlich. Die internatio­nale Chefkorres­pondentin des Senders berichtet seit dem Fall Kabuls an die Taliban beinahe rund um die Uhr aus Afghanista­n. Sie zeigt vor laufender Kamera ihr Gesicht – als Frau in einem Land, das nun von islamistis­chen Fundamenta­listen kontrollie­rt wird. Die 41-Jährige war eine der letzten westlichen Journalist­innen am Hindukusch – nun musste auch sie Afghanista­n verlassen. Gemeinsam mit ihrem Team wurde sie am Wochenende ausgefloge­n.

Ward wirkt bei ihren Auftritten so souverän, dass sie das Risiko vergessen macht, dem sich die zweifache Mutter aussetzt. „Ich fürchte mich sehr wohl“, sagt die Reporterin über sich selbst. „Ich mag keine Situatione­n, in denen Kugeln durch

CNN

die Luft fliegen.“Wie etwa während einer Live-Schalte am Flughafen von Kabul. „Darf ich Ihnen eine Frage stellen?“, nähert sie sich einem bewaffnete­n Taliban-Kämpfer, der sie ignoriert. Er sagt ihrem Kollegen, sie müsse ihr Gesicht verdecken. Im Hintergrun­d fallen Schüsse. „Das ist ein außerorden­tlicher Moment, Augenzeuge zu sein“, beschreibt Ward ihre Arbeit, die Menschen rund um den Globus, vor allem aber in den USA, vermittelt, was nach der Rückkehr der Taliban an die Macht passiert. „Ich habe das Gefühl, aus der ersten Reihe Geschichte zu verfolgen.“

Ward ist aufgewachs­en in Manhattan, ihre Familie hat britischam­erikanisch­e Wurzeln. Die Journalist­in, die seit 2015 für arbeitet, hat große Erfahrung in der Berichters­tattung aus Kriegs- und Konfliktge­bieten. Sie sendete aus

CNN

dem belagerten Aleppo in Syrien und berichtete über den Krieg in Jemen, begleitete US-Kampfeinhe­iten im Irak und verbrachte Zeit mit den Taliban im Norden Afghanista­ns. Ihr hilft ein außerorden­tliches Sprachtale­nt, sie kann sich in Spanisch, Französisc­h und Italienisc­h, aber auch in Arabisch, Russisch und Mandarin verständig­en.

Ihre Berufung für den Journalism­us fand sie nach den Terroransc­hlägen des 11. September. Über Stationen bei und

landete sie bei ihrem jetzigen Arbeitgebe­r. Auch deshalb nahm sie der rechte US-Senator Ted Cruz ins Visier, der über ihre Berichters­tattung twitterte: „Gibt es einen Feind Amerikas, den @CNN nicht anfeuert?“Ward hatte vor der US-Botschaft eine Gruppe Taliban gesehen, die „Tod für Amerika“skandierte­n. Ward fasste die Szene zusammen: „Gleichzeit­ig scheinen sie freundlich zu sein. Das ist absolut bizarr.“Der Nachsatz fiel bei ihren Kritikern unter den Tisch. Die mit dem deutschen Grafen Philipp von Bernstorff, einem Fondsmanag­er, verheirate­te und mehrfach ausgezeich­nete Journalist­in nimmt es gelassen. Die Lage vor Ort beschäftig­t sie mehr.

CBS Fox News, ABC Thomas Spang

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Foto: Brent Swails, CNN, dpa Clarissa Ward, internatio­nale Chefkor‰ respondent­in des Senders CNN, in Ka‰ bul.

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