Schwabmünchner Allgemeine

„Frauen müssen nicht wie Männer sein“

„Soko Leipzig“ist eine der erfolgreic­hsten Krimi-Serien im Fernsehen. Schauspiel­erin Melanie Marschke spielt die Chefin. Ein Gespräch über Führungsro­llen und Feminismus

- Interview: Josef Karg

Frau Marschke, 20 Jahre „Soko Leipzig“, die Jubiläumss­taffel startet am Freitag um 21.15 Uhr im ZDF. Wie fühlt man sich sozusagen als Urgestein dieser Serie?

Melanie Marschke: Ja, genau so fühle ich mich: wie ein Urgestein. Ich schaue auf die Zahl mit Erstaunen und kann es kaum fassen, dass das nun schon so lange geht. Mir kommt das irgendwie gar nicht so vor. 20

Jahre sind ja ein Riesenlebe­nsabschnit­t. Ich bin schon sehr stolz darauf, dass ich Teil diese Serie bin und dass wir es geschafft haben, über 20 Jahre die Zuschauer mitzunehme­n. Die Figuren durften sich weiterentw­ickeln, und wir haben immer versucht, aktuell, authentisc­h und modern zu sein.

Es ist ja gar nicht so leicht, in 45 Minuten eine Geschichte mit Tiefgang zu erzählen.

Marschke: Wohl wahr. Da muss der Fall erzählt werden und auch die Horizontal­e muss mitbedient werden, das heißt, die privaten Geschichte­n der Figuren müssen auch erzählt werden. Vielleicht mögen das die Zuschauer, dass die Geschichte nicht nur einen Fall präsentier­t, sondern sie auch die Entwicklun­g der Figuren miterleben dürfen.

Das war ja auch bei Ihrer Figur, Ina Zimmermann, so. Anfangs waren Sie nur die Frau unter Männern, heute weiß man mehr von der Kommissari­n. Marschke: Ja, wir waren ja erst die zweite Soko nach der Münchner Serie. Auch da waren es drei Männer und eine blonde Frau, die zwar cool war, aber ansonsten wenig prägnante Eigenschaf­ten besaß. Das war anfangs auch mein Rollenmode­ll. Ina Zimmermann sollte klug sein und sportlich, das war es aber dann schon. Inzwischen hat sich das natürlich geändert. Der Auslöser dafür war damals meine Schwangers­chaft. Ina Zimmermann ist Mutter geworden, genau wie ich im echten Leben auch. Da hat man dann gemerkt, es gibt viel zu erzählen. Ina Zimmermann war eine der ersten schwangere­n Polizistin­nen im Fernsehen, dann eine alleinerzi­ehende, berufstäti­ge Mutter, und ist jetzt Chefin der Abteilung – all das hat die Figur sehr geprägt.

Sind Sie damit auch eine Art Vorreiteri­n in Sachen sanfter Feminismus?

Marschke: Ich hoffe. Es war mir schon wichtig, als ich Chefin geworden bin. Da haben wir viel darüber gesprochen, wie man einen Unterschie­d zu einem männlichen Teamleiter, in diesem Fall dem vorigen Chef Hajo Trautzschk­e alias Andreas Schmidt-Schaller, schafft. Es stellten sich einige Fragen: Wie geht eine Frau mit ihrem Team um? Wie schafft sie das als Mutter mit Kind? Ich finde, das ist uns teilweise sehr gelungen. Frauen müssen sich nicht wie Männer verhalten, um erfolgreic­h zu sein – es geht auch anders.

Wie führt denn eine Frau anders?

Marschke: Ich glaube, grundsätzl­ich kommunikat­iver. Wir können das in der Serie ja nur bruchstück­haft erzählen. Ina Zimmermann ist in der Führungsro­lle stark und klar. Und sie kann zuhören und richtet sich auch mal nach dem, was die anderen sagen.

Wie lange kann man so einen aufregende­n Job als TV-Kommissari­n machen?

Marschke: Ich glaube, das wird sich natürlich ergeben. So lange sich alles weiterentw­ickelt und so lange es funktionie­rt und spannend ist, so lange kann man das gut machen. Was der Sender mit dem Format vorhat, kann man natürlich nicht voraussage­n, aber derzeit laufen wir sehr erfolgreic­h. Zuletzt hatten wir im Schnitt fünf bis sechs Millionen Zuschauer. Das heißt, da gibt es noch keinen Überdruss. Und noch gehe auch ich zum Set, freue mich und habe großen Spaß bei der Arbeit.

Haben Sie Angst, dass auch so eine erfolgreic­he Serie mal endet?

Marschke: Ein Ende der Serie würde natürlich einen großen Einschnitt bedeuten. Denn ein großer Teil meines Lebens dreht sich seit 20 Jahren um diese Serie. Wir drehen ja 25 Folgen im Jahr, und bis auf eine Sommerpaus­e sind wir auch voll beschäftig­t. Das wäre sicher eine sehr große Veränderun­g.

Werden Sie auf der Straße auch mal als Ina Zimmermann angesproch­en?

Marschke: Ich werde schon manchmal beim Einkaufen gefragt, ob hier ein Verbrechen passiert ist oder ob ich undercover da bin. Ab und zu kommen schon lustige Sprüche. Aber als Frau Zimmermann hat mich noch niemand angesproch­en.

Wie viel Melanie Marschke steckt in Ina Zimmermann?

Marschke: Schon viel natürlich über all die Jahre. Die Figur hat schon Eigenschaf­ten von mir gekriegt. Aber Ina Zimmermann ist deutlich strenger und spröder, als ich das privat bin.

Sie haben gesagt, Sie seien mit der Rolle erwachsene­r geworden. Wie meinen Sie das?

Marschke: Man wird selbstbewu­sster, durchsetzu­ngsfähiger und gelassener. Auch robuster, was bestimmte Dinge angeht. Man wird klarer, weiß, was man will und was man nicht will. Man lernt sozusagen, wie der Hase so läuft.

Falls „Soko Leipzig“doch mal zu Ende geht: Haben Sie einen Plan B?

Marschke: Ich würde wahnsinnig gerne wieder Theater spielen, gerne auch Boulevard-Theater, wo man es richtig krachen lassen kann. Vielleicht würde ich mir auch wünschen, ein spannendes Format für eine neue Filmfigur zu finden.

Vielleicht mal auf die Seite des Verbrechen­s wechseln?

Marschke:

Ja, warum nicht.

Melanie Marschke, 51, wurde in Lübeck geboren. Nach dem Abitur absolviert­e sie eine Schauspiel­ausbil‰ dung in Hamburg. Heute lebt Marschke mit ihrem Ehemann, den sie 2005 heiratete, und ihrem Sohn in Leipzig.

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Foto: Jan Woitas, dpa Fühlt sich „wie ein Urgestein“: Melanie Marschke spielt seit 20 Jahren in der erfolgreic­hen Krimi‰Reihe „Soko Leipzig“.

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