Oxford erfüllt seine Rolle bravourös
Weil Jeffrey Gouweleeuw ausfällt, steht der Engländer in der Startelf des FC Augsburg. Warum er dennoch um einen Stammplatz fürchten muss
Wenn Abwehrspieler im eigenen Strafraum gegen einen Angreifer zu Werke gehen, bleibt immer ein Restrisiko bestehen. Folglich wandelte Reece Oxford auf schmalem Grat. Obendrein hatte der Verteidiger des FC Augsburg den Arm zur Hilfe genommen, als er Frankfurts Ajdin Hrustic bearbeitete. Dieser fiel, Schiedsrichter Harm Osmers entschied jedoch nicht auf Strafstoß. Hätte Oxford einen Elfmeter verursacht, seine Bewertung an diesem Nachmittag wäre weit schlechter ausgefallen. So aber galt er als Garant für das torlose Unentschieden und den ersten Augsburger Punkt dieser Bundesliga-Spielzeit.
Was der 22-Jährige im Nachgang der Partie sagte, bezog sich allgemein auf seine Mannschaft. „Frankfurt hat viel Druck gemacht, doch wir haben dem immer etwas entgegensetzen können.“Vor allem aber hatte er stets etwas entgegensetzen können. Etliche Male klärte Oxford in höchster Not brenzlige Situationen, seinen Fuß brachte er wiederholt dazwischen, wenn der Ball dem FCA-Gehäuse gefährlich nahekam. Dass er in Luftduellen, allein seiner stattlichen 1,90 Meter wegen, seine Vorzüge hat, überraschte weit weniger als die Tatsache, dass er ebenso im Bodenkampf keine Schwächen offenbarte.
Umso erstaunlicher war Oxfords Auftritt, weil er ohne Testphase sein erstes Saisonspiel bestritt. Wegen eines arthroskopischen Eingriffs im Knie hatte der englische Innenverteidiger große Teile der Vorbereitung verpasst, im Trainingslager am Walchsee lief er noch an Krücken. Weil Jeffrey Gouweleeuw ausfiel, beorderte Weinzierl aus Not Oxford in die Startelf. Obwohl dieser zuvor erst drei Einheiten mit der Mannschaft absolviert hatte. „Was Reece Oxford gespielt hat, war sensationell“, lobte Weinzierl.
Mit einer taktischen Veränderung hatte der Coach Oxford eine Hilfestellung gegeben. Die Formation mit drei Innen- und zwei Außenverteidigern sollte insgesamt für mehr defensive Stabilität sorgen, als Nebeneffekt gewährleistete sie geringere Abstände zum Nebenmann. Sich gegenseitig helfen, fällt da leichter. Für den Trainer sei es keileichte Entscheidung gewesen, Oxford aufzustellen, merkte SportGeschäftsführer Stefan Reuter an. Letztlich rechtfertigte der Spieler in Gänze das Vertrauen. Reuter zeigte sich begeistert von Oxford. „Kompliment. Nach einer so langen Pause und so wenigen Trainingseinheiten so eine Partie abzuliefern, das war richtig gut.“
Gerade noch rechtzeitig war Oxford fit geworden. Hätte er nicht zur Verfügung gestanden, wäre mit Frederik Winther der letzte verbliebene Innenverteidiger zum Einsatz gekommen. Zu einem frühen Zeitpunkt der Saison hat sich ein extremer Engpass ergeben. In der Dreierkette in Frankfurt stand neben Felix Uduokhai und Oxford mit Robert Gumny ein gelernter Außenverteidiger. Schon während der Vorbereitung referierte Weinzierl davon, dass auf der Innenverteidigerposition nicht mehr viel passieren dürfe. Das war vor Gouweleeuws Verletzung. In keiner Begegnung, ob Test- oder Pflichtspiel, bildete ein identisches Pärchen das Abwehrzentrum. Personelle Knappheit bestimmt Weinzierls Handeln. Kevin Danso provozierte seinen Wechsel, Uduokhai weilte in Tokio bei Olympia, Oxford arbeitete nach der Verletzung an seiner Rückkehr und Winther ist noch nicht als Stammkraft vorgesehen.
Reuter zeigte sich nach der Frankfurt-Partie wenig zuversichtlich, dass Gouweleeuw sich für das Heimspiel gegen Bayer Leverkusen zurückmelden wird (Samstag, 15.30 Uhr/Sky). Für Oxford würde sich eine weitere Chance bieten, sich als Dauerlösung zu empfehlen. Bislang hat sich der Engländer klaglos in seine ne Rolle gefügt. Stehen Kapitän Gouweleeuw und Uduokhai zur Verfügung, bleibt Oxford in der bevorzugten Viererkette nur ein Platz auf der Ersatzbank. Fällt einer der beiden Stammspieler aus, ist Oxford erste Wahl.
In Augsburg erlebt er seine dritte Spielzeit. Nach einer halbjährigen Leihe folgte vor einem Jahr die feste Verpflichtung. Seine Leistungen sind bislang schwankend, wie auch Weinzierl weiß. Im ersten Spiel nach der Rückkehr des Trainers verschuldete Oxford in Stuttgart zwei Tore, im zweiten zeigte der Engländer seine bislang beste Partie für den FCA. Im „Endspiel“gegen Werder Bremen half der 22-Jährige maßgeblich mit, dass Augsburg ohne Gegentor blieb. Was Oxford gegen Frankfurt zeigte, war wie eine Blaupause des Bremen-Spiels.