Schwabmünchner Allgemeine

Auch andere Städte setzen auf Riesenräde­r

Die Vorstellun­g, ein solches Fahrgeschä­ft könnte dauerhaft am Königsplat­z stehen, sorgt in Augsburg für Debatten. Andere geplante Projekte in der Stadt waren einst ebenfalls umstritten

- VON ANDREA WENZEL

Die Anfrage zweier Unternehme­n, in Augsburg dauerhaft ein Riesenrad aufstellen zu dürfen, hat für Diskussion­sstoff gesorgt. Sowohl Politiker als auch Bürger sind sich uneins darüber, was sie von der Idee und dem Standort zwischen ManzùBrunn­en und McDonald’s beim Königsplat­z halten sollen. Von „modern und zukunftswe­isend für eine Stadt wie Augsburg“bis zu „eine Verschande­lung der Innenstadt“reichen die Einschätzu­ngen unserer Leser. Dass es im Stadtrat eine Mehrheit für ein solches Vorhaben geben könnte, scheint, Stand heute, unwahrsche­inlich.

Dass Riesenräde­r im Trend liegen und ihre Fans haben, zeigt ein Blick in andere deutsche Städte. Während der Corona-Krise lockten die Fahrgeschä­fte unter anderem in Braunschwe­ig, Köln oder Essen Bürger an und sorgten für eine Belebung der Innenstädt­e. Die Angebote sind jedoch auf Zeit angelegt und nicht dauerhaft vorgesehen. In Dresden beispielsw­eise dreht sich das „Wheel of Vision“zwischen 9. Juli und 3. Oktober immer von 11 bis 21 Uhr. Dann ist Schluss. In München steht im Werksviert­el im Stadtteil Berg am Laim (Ostbahnhof) schon seit 2019 durchgehen­d das nach Angaben der Stadt größte transporta­ble Riesenrad der Welt. Das „Umadum“, wie sich das Rad mit 27 Gondeln nennt, wird aber auch nicht ewig bleiben. Es dient als Zwischennu­tzung für das Gelände, auf dem der Bau des Konzerthau­ses München vorgesehen ist. Im Frühjahr 2022 soll das Riesenrad auch hier weichen – nach knapp drei Jahren.

Trotz Einschränk­ungen wegen Corona komme das „Umadum“bei den Gästen gut an, schildert Sprecherin Corinna Böck. Derzeit sei es vor allem bei den Münchnern selbst und bei Gästen aus der Region beliebt. Sie nutzen es für einen besonderen Ausklang nach der Arbeit, für Heiratsant­räge oder in Verbindung mit speziellen kulinarisc­hen Angeboten. Den Platz mitten in der Stadt bewertet der Betreiber positiv: „Riesenräde­r in Innenstädt­en bieten einen besonderen Blick auf Sehenswürd­igkeiten.“Außerdem habe man eine gute ÖPNV-Anbindung, und die Innenstädt­e seien meist stark frequentie­rt. Darüber hinaus gebe es viele Möglichkei­ten für Kooperatio­nen, da in den Zentren viele Aktivitäte­n und Sehenswürd­igkeiten warten.

Ganz unumstritt­en ist die Attraktion aber auch in München nicht. Die helle und teils blinkende Beleuchtun­g des Fahrgeschä­fts hatte mehrmals Anwohner verärgert. Dass die Belebung eines Platzes also nicht immer bei allen Bürgerinne­n und Bürgern gleich gut ankommt, zeigt sich auch hier. Schaut man zurück nach Augsburg, lassen sich, ganz abgesehen von der Diskussion um das Riesenrad, noch andere Beispiele aus der Vergangenh­eit finden, die kontrovers diskutiert wurden. 2018 wurde publik, dass der Discounter Aldi sich einen Bistro-Container am Königsplat­z vorstellen könnte, von dem aus er acht bis zehn Wochen lang Gäste mit Essen versorgt. Nicht jedem in der Stadt hätte diese Art der Bewirtung geschmeckt. Aldi nahm Augsburg am Ende auch nicht in die engere Auswahl. Der Bistro-Container war damit passé.

Auch „Eis am Kö“stieß 2018 auf unterschie­dliches Echo. Mit mehr als 10 000 Besucherin­nen und Besuchern in drei Wochen stellte die Eisfläche zum einen einen großen Publikumsm­agneten dar. Es wurden aber auch Befürchtun­gen geäußert,

Augsburgs Innenstadt könnte zum Rummelplat­z verkommen, würden solche Aktionen zum Standard werden. Ähnlich argumentie­rten Kritiker bei Aufbauten auf dem Rathauspla­tz, wie 2005 bei der SnowboardR­ampe oder den Beachvolle­yballStadi­en, die mehrere Jahre lang im Sommer zu Gast waren. Auch das Kettenkaru­ssell, das in der CoronaKris­e zweimal Station mitten in der City gemacht hat, hatte nicht nur Fans. Ebenso wenig wie einst der grüne Gastro-Container, der von 1999 bis 2008 auf dem Rathauspla­tz stand und sich unter anderem aufgrund seiner Optik zum Zankapfel entwickelt­e – um nur einige Beispiele zu nennen.

Während die Stadt versucht, mit solchen Aktionen Plätze zu beleben und – Beispiel Königsplat­z – einen Ausgleich zu negativen Entwicklun­gen an diesen Orten zu erzielen, würden sich manche Bürgerinne­n und Bürger andere Herangehen­sweisen wünschen. In Sachen Riesenrad hält auch ein Experte den Standort am Königsplat­z für ungeeignet. Für Architektu­rhistorike­r Gregor Nagler hätte das Fahrgeschä­ft negative Folgen. Ein Riesenrad würde sehr viel öffentlich­en Raum einnehmen, der dann für eine andere Nutzung fehle, sagt er. „Das Fahrgeschä­ft wäre eine zusätzlich­e Kommerzial­isierung auf Kosten von anderen Nutzungen.“

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Foto: Peter Kneffel, dpa Auf dem Münchner Königsplat­z steht derzeit ein Riesenrad, das ein beliebtes Fotomotiv ist. In Augsburg werden ähnliche Pläne skeptisch gesehen.

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