Auch andere Städte setzen auf Riesenräder
Die Vorstellung, ein solches Fahrgeschäft könnte dauerhaft am Königsplatz stehen, sorgt in Augsburg für Debatten. Andere geplante Projekte in der Stadt waren einst ebenfalls umstritten
Die Anfrage zweier Unternehmen, in Augsburg dauerhaft ein Riesenrad aufstellen zu dürfen, hat für Diskussionsstoff gesorgt. Sowohl Politiker als auch Bürger sind sich uneins darüber, was sie von der Idee und dem Standort zwischen ManzùBrunnen und McDonald’s beim Königsplatz halten sollen. Von „modern und zukunftsweisend für eine Stadt wie Augsburg“bis zu „eine Verschandelung der Innenstadt“reichen die Einschätzungen unserer Leser. Dass es im Stadtrat eine Mehrheit für ein solches Vorhaben geben könnte, scheint, Stand heute, unwahrscheinlich.
Dass Riesenräder im Trend liegen und ihre Fans haben, zeigt ein Blick in andere deutsche Städte. Während der Corona-Krise lockten die Fahrgeschäfte unter anderem in Braunschweig, Köln oder Essen Bürger an und sorgten für eine Belebung der Innenstädte. Die Angebote sind jedoch auf Zeit angelegt und nicht dauerhaft vorgesehen. In Dresden beispielsweise dreht sich das „Wheel of Vision“zwischen 9. Juli und 3. Oktober immer von 11 bis 21 Uhr. Dann ist Schluss. In München steht im Werksviertel im Stadtteil Berg am Laim (Ostbahnhof) schon seit 2019 durchgehend das nach Angaben der Stadt größte transportable Riesenrad der Welt. Das „Umadum“, wie sich das Rad mit 27 Gondeln nennt, wird aber auch nicht ewig bleiben. Es dient als Zwischennutzung für das Gelände, auf dem der Bau des Konzerthauses München vorgesehen ist. Im Frühjahr 2022 soll das Riesenrad auch hier weichen – nach knapp drei Jahren.
Trotz Einschränkungen wegen Corona komme das „Umadum“bei den Gästen gut an, schildert Sprecherin Corinna Böck. Derzeit sei es vor allem bei den Münchnern selbst und bei Gästen aus der Region beliebt. Sie nutzen es für einen besonderen Ausklang nach der Arbeit, für Heiratsanträge oder in Verbindung mit speziellen kulinarischen Angeboten. Den Platz mitten in der Stadt bewertet der Betreiber positiv: „Riesenräder in Innenstädten bieten einen besonderen Blick auf Sehenswürdigkeiten.“Außerdem habe man eine gute ÖPNV-Anbindung, und die Innenstädte seien meist stark frequentiert. Darüber hinaus gebe es viele Möglichkeiten für Kooperationen, da in den Zentren viele Aktivitäten und Sehenswürdigkeiten warten.
Ganz unumstritten ist die Attraktion aber auch in München nicht. Die helle und teils blinkende Beleuchtung des Fahrgeschäfts hatte mehrmals Anwohner verärgert. Dass die Belebung eines Platzes also nicht immer bei allen Bürgerinnen und Bürgern gleich gut ankommt, zeigt sich auch hier. Schaut man zurück nach Augsburg, lassen sich, ganz abgesehen von der Diskussion um das Riesenrad, noch andere Beispiele aus der Vergangenheit finden, die kontrovers diskutiert wurden. 2018 wurde publik, dass der Discounter Aldi sich einen Bistro-Container am Königsplatz vorstellen könnte, von dem aus er acht bis zehn Wochen lang Gäste mit Essen versorgt. Nicht jedem in der Stadt hätte diese Art der Bewirtung geschmeckt. Aldi nahm Augsburg am Ende auch nicht in die engere Auswahl. Der Bistro-Container war damit passé.
Auch „Eis am Kö“stieß 2018 auf unterschiedliches Echo. Mit mehr als 10 000 Besucherinnen und Besuchern in drei Wochen stellte die Eisfläche zum einen einen großen Publikumsmagneten dar. Es wurden aber auch Befürchtungen geäußert,
Augsburgs Innenstadt könnte zum Rummelplatz verkommen, würden solche Aktionen zum Standard werden. Ähnlich argumentierten Kritiker bei Aufbauten auf dem Rathausplatz, wie 2005 bei der SnowboardRampe oder den BeachvolleyballStadien, die mehrere Jahre lang im Sommer zu Gast waren. Auch das Kettenkarussell, das in der CoronaKrise zweimal Station mitten in der City gemacht hat, hatte nicht nur Fans. Ebenso wenig wie einst der grüne Gastro-Container, der von 1999 bis 2008 auf dem Rathausplatz stand und sich unter anderem aufgrund seiner Optik zum Zankapfel entwickelte – um nur einige Beispiele zu nennen.
Während die Stadt versucht, mit solchen Aktionen Plätze zu beleben und – Beispiel Königsplatz – einen Ausgleich zu negativen Entwicklungen an diesen Orten zu erzielen, würden sich manche Bürgerinnen und Bürger andere Herangehensweisen wünschen. In Sachen Riesenrad hält auch ein Experte den Standort am Königsplatz für ungeeignet. Für Architekturhistoriker Gregor Nagler hätte das Fahrgeschäft negative Folgen. Ein Riesenrad würde sehr viel öffentlichen Raum einnehmen, der dann für eine andere Nutzung fehle, sagt er. „Das Fahrgeschäft wäre eine zusätzliche Kommerzialisierung auf Kosten von anderen Nutzungen.“