Strafe für CoronaLeugnerin
Weil eine 62 Jahre alte Frau im Supermarkt keine Maske trägt, muss sie ein Bußgeld zahlen – da hilft auch ein Befangenheitsantrag nichts
Es half nichts: Selbst ein Befangenheitsantrag gegen den Richter, der während des Prozesses seine Mund-Nasen-Maske nicht absetzen wollte, bewahrte eine 62-jährige Frau nicht vor einer Strafe wegen Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz. Weil sie in einem Geschäft ohne ordnungsgemäße Maske angetroffen wurde, bestätigte das Gericht das Bußgeld in Höhe von 250 Euro. Besser davon kam eine 68-jährige Augsburgerin, die im Januar ohne Mund-NasenBedeckung an der Wertach spazieren gegangen war. In ihrem Fall hob der Richter den Bußgeldbescheid auf.
Einen Freispruch von einer Bestrafung wegen Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz forderte die 62-jährige Büroangestellte in ihrem letzten Wort für sich. Das Gericht habe keine Beweise vorgelegt, dass das Coronavirus existiere. Entsprechende Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes, wie das Maskentragen, seien somit haltlos. Es gehe ihr um ihre persönliche Freiheit, so die 62-Jährige vor Gericht, Menschen würden vom Staat durch das Tragen von „nutzlosen Masken gefoltert“und müssten sich wegen eines nicht existierenden Virus „mit Gift“impfen lassen.
Zu Beginn des Verfahrens hatte die Frau vor Richter Michael Edelmann noch einmal ihr Ringen um ihre Freiheit nachvollziehen lassen. Sie war im September 2020 in der Netto-Filiale am Königsplatz angezeigt worden. Sie hatte den Laden mit einer Einwegmaske betreten, in die für Mund und Nase Löcher geschnitten gewesen waren. Zwei herbeigerufene Polizeibeamte hatten dies vor Ort fotografiert. Die Frau erklärte, sie könne wegen verschiedener Beschwerden keine Maske tragen. Dafür habe sie ein Attest, dessen Existenz sie auf Nachfrage mit einer persönlich verfassten eidesstattlichen Versicherung glaubhaft machen wollte.
Gegen einen Bußgeldbescheid über 250 Euro wehrte sich die Frau zunächst per Einspruch, weswegen die Angelegenheit vor Gericht landete. Hier hatte sie in der ersten Verhandlung Anfang Juni einen Befangenheitsantrag gegen Richter
Edelmann gestellt, weil der durch das Tragen einer Mund-NasenMaske im Verhandlungssaal deutlich Partei ergriffen habe für das Tragen einer solchen Bedeckung, gegen die sie sich ja wehre. Zudem hatte sie Strafanzeige gegen den Richter gestellt, der ihrer Meinung nach wegen seiner Bedeckung gegen die Geschäftsordnung bei Gericht verstoßen habe.
Auch den nächsten Richter, jenen, der den Befangenheitsantrag bearbeitet hatte, habe sie angezeigt, so die 62-Jährige. Der habe sich nämlich überhaupt nicht mit den von ihr vorgebrachten Argumenten beschäftigt. Nicht zuletzt hatte sie sich in einem Schreiben an den Präsidenten des Augsburger Landgerichts gewandt, worin sie sich über die Augsburger Justiz beschwerte. Auch wenn ihr Deutsch nicht perfekt wirke, so die nach eigenen Angaben aus Russland stammende Frau, lese sie sehr viel über die deutsche Justiz, Gerichte und die Politik. Und da komme sie zu der Überzeugung, dass hierzulande in Sachen Corona „Wissenschaftsbetrug“begangen werde.
Richter Edelmann ließ sich inhaltlich nicht auf derartige Ausführungen ein. Er nahm das von der Frau vorgelegte Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht zu den Akten und verurteilte sie dann zu einem Bußgeld in Höhe von 250 Euro wegen des Verstoßes gegen die Tragepflicht im Supermarkt. Die 62-Jährige zeigte sich anschließend interessiert an der Möglichkeit, in Berufung gegen das Urteil zu gehen, machte sich aber aus finanziellen Gründen Sorgen wegen des Erfordernisses, dazu einen Rechtsanwalt beauftragen zu müssen.
Weniger Umstände bereitete Richter Edelmann der Fall einer 68-jährigen Frau aus Hochzoll, die vom städtischen Ordnungsdienst angezeigt worden war, weil sie im Januar beim Spaziergang an der Wertach keine damals dort noch vorgeschriebene Mund-Nasen-Bedeckung getragen hatte. Eigentlich waren es zwei Damen, die dort miteinander spazieren gingen und angezeigt wurden, die zweite von ihnen steht nach eigenen Angaben deshalb in vier Wochen vor Gericht. Die beiden Frauen hatten sich an einem kalten Januar-Mittwochvormittag in der Wellenburger Straße zu einem Spaziergang an der verschneiten Wertach aufgemacht. Schilder mit einem Hinweis auf die Maskenpflicht hätten sie entlang der ihnen unbekannten Strecke nicht gesehen. Bis in die Nähe der Kulperhütte sei man flussabwärts und dann wieder zurückgelaufen. Andere Menschen seien ihnen dabei nicht begegnet, außer jenen drei Mitarbeitern des städtischen Ordnungsdienstes, von denen sie ihre Anzeigen erhalten hatten.
Der Teamleiter des Ordnungsdienstes bestätigte im Zeugenstand, dass an jenem kalten Vormittag nur sehr wenige Menschen auf dem Weg unterwegs gewesen seien, der vor allem an den Wochenenden stark frequentiert sei. Er stellte klar, dass die Beschilderung für eine Bedeckung von Mund und Nase ordnungsgemäß gewesen sei, wovon er und seine Kollegen sich überzeugt hatten. Er beteuerte, dass die beiden Spaziergängerinnen Mund und Nase nicht bedeckt gehabt hätten, sonst wäre man nicht eingeschritten.
Richter Edelmann stellte das Verfahren an diesem Punkt ein, ohne weitere noch wartende Zeugen anzuhören. Aus seiner Sicht sei zum damaligen Zeitpunkt auf dem Uferweg so wenig los gewesen, dass sich niemand habe infizieren können. Es handle sich aus seiner Sicht um einen zu minimalen Verstoß im Verhältnis zur verhängten Buße. Die Begleiterin der 68-Jährigen hofft nun auf ein analoges Urteil in ihrem Verfahren.