Sie sind für Frauen in Krisen da
Die Beratungsstelle betreut unter anderem Schwangere, die zweifeln, ob sie ihr Kind zur Welt bringen sollen. Für eine Gruppe ist die Familienplanung besonders schwierig
Die aus zwei verschiedenen Hölzern geschaffene Skulptur zieht die Blicke auf sich: Hannes Conrad hat eine schwangere Frau ohne Gesicht, aber mit Narben am Rücken geschaffen. Besonders auffällig ist der Riss, der ihren gewölbten Bauch in zwei Hälften teilt. Auch wenn diese Lücke erst im Laufe der Zeit infolge des arbeitenden Holzes entstanden ist, so spiegelt der Riss trefflich die Situation wider, wegen der sich zahlreiche Frauen an das Team der Augsburger Beratungsstelle Donum Vitae wenden: Sie sind hin- und hergerissen, ob sie das Kind in ihrem Bauch zur Welt bringen können.
In der Anfangszeit von Donum Vitae befand sich das Holzkunstwerk schon einmal in den Räumen nahe dem Staatstheater, demnächst kehrt „Die Schwangere“dauerhaft zurück, Sponsorinnen haben die Skulptur erworben. „Sie passt perfekt zu uns“, freuen sich Leiterin Bettina Wagner und ihre Kollegin Susanne Gastl über das Geschenk. Die Diplom-Sozialpädagogin Gastl zählt zu den Beraterinnen der ersten Stunde. Sie weiß noch gut, wie die katholische Kirche 1999 aus der staatlichen Schwangerschaftskonfliktberatung ausstieg und daraufhin Christinnen und Christen den Verein Donum Vitae (Geschenk des Lebens) gründeten.
Auch in Augsburg formierte sich eine Beratungsstelle, die sich als Anwältin für das Leben sieht. Im Gegensatz zu den Fachstellen der Caritas oder des Sozialdienstes katholischer Frauen stellen die Mitarbeiterinnen von Donum Vitae aber weiterhin den gesetzlich nötigen Beratungsschein aus, der Frauen innerhalb einer bestimmten Frist einen
Wie viele Frauen sich nach dem Gespräch für ihr Kind oder für eine Abtreibung entscheiden, wissen die Beraterinnen nicht. „Wir haben dazu keine Zahlen, wissen aber, dass sich Frauen eher für ihr Kind entscheiden, wenn ihr Partner zu ihnen steht“, sagt Susanne Gastl. Ohnehin dominiere die sogenannte Schwangerschaftskonfliktberatung keineswegs das Geschehen in den Räumen in der Volkhartstraße, sondern mache über die Jahre hinweg kontinuierlich etwa 20 Prozent der Arbeit aus. Zusehends an Bedeutung gewinnt seit einigen Jahren vielmehr das, wenn man so will, „gegensätzliche“Thema: die Begleitung und Beratung von Frauen (und ihren Partnern), die sich sehnlichst ein Kind wünschen.
Laut Bettina Wagner handelt es ermöglicht. sich bei diesen Ratsuchenden mehrheitlich um „gut gebildete, leistungsgeprägte Paare, häufig Akademiker“. Viele von ihnen würden erst relativ spät mit der Familienplanung beginnen. „Und dann spielt die Fruchtbarkeit, die ja bereits mit Mitte 20 abnimmt, nicht mit. „Alle hätten einen perfekten Zeitpunkt im Blick, aber die Fruchtbarkeit interessiert sich nicht dafür“, beschreibt Gastl die Diskrepanz, mit der sich diese Paare konfrontiert sehen. Gerade Frauen, von denen etliche Totoder Fehlgeburten erlitten haben, würden sehr unter dieser ungewollten Kinderlosigkeit leiden, hätten aber oft niemanden, der ihren tiefen Schmerz versteht oder dem sie sich anvertrauen wollen. In angeleiteten Selbsthilfegruppen gibt Susanne Gastl diesen Frauen die Möglichkeit, sich gegenseitig zu stützen. Mit Erfolg: Von den sieben TeilnehmeSchwangerschaftsabbruch rinnen der beiden aktuellen Gruppen stehe eine kurz vor der Geburt, die anderen hätten bereits ihre Kinder zur Welt gebracht.
Eine davon ist Karin Arenz, 36, die seit sieben Wochen glückliche Mama ist. Zuvor hätten sie und ihr Mann zehn Jahre lang erfolglos versucht, Eltern zu werden, erzählt sie am Telefon. Auch wenn bei ihr (mittlerweile behobene) gesundheitliche Gründe eine Schwangerschaft verhindert hätten, betrachtet sie die Zusammenkünfte mit Gleichgesinnten als wesentlichen Mosaikstein, dass es doch noch geklappt hat. „Unsere Erfolgsquote spricht wohl dafür, dass sich durch die Gruppe Blockaden gelöst haben“, sagt die junge Mutter. „Sie hat mir viel Rückhalt gegeben, ich habe mich verstanden gefühlt.“Wie gut habe es ihr getan, nicht alles mit ihrem Mann, geschweige denn mit
Außenstehenden besprechen zu müssen. Schließlich sei ungewollte Kinderlosigkeit ein Tabuthema, mit dem man nicht hausieren gehe.
Ein weiteres Tabuthema wollen die Expertinnen von Donum Vitae künftig verstärkt in die Öffentlichkeit rücken: Die Familienplanung von Menschen mit Behinderungen. Den Betroffenen fehlten auch hier die dringend nötigen Ansprechpartnerinnen und -partner, Betreuern und Eltern seien deren sexuelle Bedürfnisse unangenehm, weiß Bettina Wagner. Weniger von Scham behaftet ist die Ernährungsberatung, die ebenfalls an Bedeutung gewinnt. Susanne Gastl berichtet von Frauen oder Paaren, die sich schon vor der Schwangerschaft informieren, um möglichst gute Voraussetzungen für die gewünschte neue Lebensphase zu schaffen. Dazu gehöre eine entsprechende Ernährung. „Eine Schwangerschaft tritt eher ein, wenn alle nötigen Nährstoffe vorhanden sind.“Auch während der Schwangerschaft könne mit den entsprechenden Tipps Mangelerscheinungen vorgebeugt werden.
Ob Online-Workshop unter dem Motto „Essen bis der Storch kommt“, Konfliktberatung oder Kinderwunsch - alle Angebote bei Donum Vitae sind kostenlos. „Wir finanzieren uns aus Bundes-, Landes und Eigenmitteln“, sagt Bettina Wagner. Spenden seien willkommen.
OInfo Eine Kontaktaufnahme ist mög lich unter augsburg@donumvitae bayern.de oder Telefon 0821/4508888. Informationen über die Angebote fin den sich zudem im Internet unter www.augsburg@donumvitaebay ern.de.