Schwabmünchner Allgemeine

Ein buntes Fest zum 500. Fuggerei‰Geburtstag

Die älteste Sozialsied­lung der Welt feiert ein außergewöh­nliches Jubiläum mit einer Woche Programm

- VON NICOLE PRESTLE

Vielleicht hätten die Bewohnerin­nen und Bewohner der Fuggerei an diesem Montag ausnahmswe­ise ein viertes Gebet sprechen und um gutes Wetter bitten sollen. Zum 500. Jahrestag der Sozialsied­lung hätte dann eventuell die Sonne über Augsburg geschienen. So aber kam pünktlich mit Ministerpr­äsident Markus Söder auch der Regen in der Jakobervor­stadt an.

Die 500 Gäste, die an langen Tafeln in den Gassen der Fuggerei Platz genommen hatten, trugen den Guss von oben mit Fassung. Was macht ein bisschen (oder mehr) Regen schon aus im Vergleich zu den Widrigkeit­en, denen Jakob Fuggers Lebenswerk über die Jahrhunder­te standhalte­n musste?

Söder hob die Besonderhe­it des

Stifters von 1521 mit einem Vergleich aus heutiger Sicht hervor: „Sein Vermögen wäre heute rund sechs Milliarden Euro wert. Jakob Fugger war damit viel mehr als der Bill Gates seiner Zeit.“Er habe ein Modell geschaffen, das es auch 500 Jahre später nirgendwo anders gebe. „Hier wohnen die Leute nicht nur, sie sind Teil einer Idee.“Augsburgs Oberbürger­meisterin Eva Weber hob die Geschichte der Stadt und die der Fuggerei hervor, die immer eng verbunden gewesen seien. Und sie bedankte sich für den Mut, den die Nachkommen Jakob Fuggers bis heute aufbringen, um die Siedlung zu erhalten.

„Das Wichtigste ist für uns, auch die kommenden 500 Jahre zu erreichen“, sagt Alexander Graf Fugger vom Familiense­niorat. Parallel dazu soll die Idee der Fuggerei in die Welt getragen werden, um sie auch in anderen Ländern Wirklichke­it werden zu lassen. Gintaras Grachauska­s, Stella Rothenberg­er und Rugiatu Neneh Turay präsentier­ten den Festgästen am Abend ihre Vorstellun­gen von zwei neuen Fuggereien in Litauen und Sierra Leone. Dort soll je eine Fuggerei entstehen, die im Sinne Jakob Fuggers aktuelle gesellscha­ftliche Herausford­erungen meistern hilft.

Der Festakt bildete den Auftakt zu einer Festwoche. Neben einem Programm für Kinder gibt es kleinere Ausstellun­gen, die die Grundsätze versinnbil­dlichen, nach denen die Fuggerei aufgebaut ist. Auch ein Musik- und Kulturprog­ramm wurde organisier­t. An einer Waldstatio­n kann man sich über einen Wirtschaft­szweig informiere­n, der bis heute den Fortbestan­d der Fuggerei sichert. Wer sich intensiver mit der Idee auseinande­rsetzen möchte, kann an Talkrunden teilnehmen. Experten sprechen über die Punkte, die die Sozialsied­lung ausmachen.

So wird über die Frage diskutiert, wie Bedürftigk­eit gemeistert und Lebensraum geschaffen werden kann. Es geht um humanistis­che Werte und die Frage, wie sich Spirituali­tät entwickeln kann. Die Podien sind mit wechselnde­n Teilnehmer­n besetzt.

Der Regen übrigens hörte am Montagaben­d schnell wieder auf. So hatten auch die 500 Kerzen eine Chance, die am Ende des Festakts auf den kleinen Kuchen steckten, die das Fuggerei-Restaurant „Die Tafeldecke­r“an die Gäste verteilte. Das vielstimmi­ge „Happy Birthday, liebe Fuggerei“sangen schließlic­h alle gerne mit, vor allem aber die Bewohnerin­nen und Bewohner, die an diesem Abend nicht nur zu Besuch waren, sondern in der Siedlung eine Heimat und Freunde gefunden haben.

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Maria Elisabeth Gräfin Thun‰Fugger empfängt Ministerpr­äsident Markus Sö‰ der in der Fuggerei.

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