Ein buntes Fest zum 500. FuggereiGeburtstag
Die älteste Sozialsiedlung der Welt feiert ein außergewöhnliches Jubiläum mit einer Woche Programm
Vielleicht hätten die Bewohnerinnen und Bewohner der Fuggerei an diesem Montag ausnahmsweise ein viertes Gebet sprechen und um gutes Wetter bitten sollen. Zum 500. Jahrestag der Sozialsiedlung hätte dann eventuell die Sonne über Augsburg geschienen. So aber kam pünktlich mit Ministerpräsident Markus Söder auch der Regen in der Jakobervorstadt an.
Die 500 Gäste, die an langen Tafeln in den Gassen der Fuggerei Platz genommen hatten, trugen den Guss von oben mit Fassung. Was macht ein bisschen (oder mehr) Regen schon aus im Vergleich zu den Widrigkeiten, denen Jakob Fuggers Lebenswerk über die Jahrhunderte standhalten musste?
Söder hob die Besonderheit des
Stifters von 1521 mit einem Vergleich aus heutiger Sicht hervor: „Sein Vermögen wäre heute rund sechs Milliarden Euro wert. Jakob Fugger war damit viel mehr als der Bill Gates seiner Zeit.“Er habe ein Modell geschaffen, das es auch 500 Jahre später nirgendwo anders gebe. „Hier wohnen die Leute nicht nur, sie sind Teil einer Idee.“Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber hob die Geschichte der Stadt und die der Fuggerei hervor, die immer eng verbunden gewesen seien. Und sie bedankte sich für den Mut, den die Nachkommen Jakob Fuggers bis heute aufbringen, um die Siedlung zu erhalten.
„Das Wichtigste ist für uns, auch die kommenden 500 Jahre zu erreichen“, sagt Alexander Graf Fugger vom Familienseniorat. Parallel dazu soll die Idee der Fuggerei in die Welt getragen werden, um sie auch in anderen Ländern Wirklichkeit werden zu lassen. Gintaras Grachauskas, Stella Rothenberger und Rugiatu Neneh Turay präsentierten den Festgästen am Abend ihre Vorstellungen von zwei neuen Fuggereien in Litauen und Sierra Leone. Dort soll je eine Fuggerei entstehen, die im Sinne Jakob Fuggers aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen meistern hilft.
Der Festakt bildete den Auftakt zu einer Festwoche. Neben einem Programm für Kinder gibt es kleinere Ausstellungen, die die Grundsätze versinnbildlichen, nach denen die Fuggerei aufgebaut ist. Auch ein Musik- und Kulturprogramm wurde organisiert. An einer Waldstation kann man sich über einen Wirtschaftszweig informieren, der bis heute den Fortbestand der Fuggerei sichert. Wer sich intensiver mit der Idee auseinandersetzen möchte, kann an Talkrunden teilnehmen. Experten sprechen über die Punkte, die die Sozialsiedlung ausmachen.
So wird über die Frage diskutiert, wie Bedürftigkeit gemeistert und Lebensraum geschaffen werden kann. Es geht um humanistische Werte und die Frage, wie sich Spiritualität entwickeln kann. Die Podien sind mit wechselnden Teilnehmern besetzt.
Der Regen übrigens hörte am Montagabend schnell wieder auf. So hatten auch die 500 Kerzen eine Chance, die am Ende des Festakts auf den kleinen Kuchen steckten, die das Fuggerei-Restaurant „Die Tafeldecker“an die Gäste verteilte. Das vielstimmige „Happy Birthday, liebe Fuggerei“sangen schließlich alle gerne mit, vor allem aber die Bewohnerinnen und Bewohner, die an diesem Abend nicht nur zu Besuch waren, sondern in der Siedlung eine Heimat und Freunde gefunden haben.