Schwabmünchner Allgemeine

Tief in den roten Zahlen

Staatsdefi­zit so hoch wie seit der Wiedervere­inigung

- Friederike Marx, dpa

Wiesbaden Trotz der Konjunktur­erholung im Frühjahr steckt der deutsche Staat angesichts milliarden­schwerer Ausgaben zur Bewältigun­g der Corona-Pandemie tief im Minus. Nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamte­s wies der Staatshaus­halt das zweithöchs­te Defizit in einem ersten Halbjahr seit der Wiedervere­inigung aus. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialvers­icherungen gaben in den ersten sechs Monaten 2021 insgesamt 80,9 Milliarden Euro mehr aus, als sie einnahmen. Bezogen auf die gesamte Wirtschaft­sleistung lag das Minus bei 4,7 Prozent. „Ein höheres Defizit gab es nur im ersten Halbjahr 1995, als die Treuhandsc­hulden in den Staatshaus­halt übernommen wurden“, erläuterte die Wiesbadene­r Behörde.

Volkswirte gehen davon, dass sich Einnahmen und Ausgaben im Zuge des erwarteten Aufschwung­s normalisie­ren und das Defizit 2022 schrumpfen dürfte. Läuft die Konjunktur rund, sprudeln die Steuereinn­ahmen und der Staat muss Unternehme­n nicht mit Milliarden stützen. Gegenüber dem zweiten Halbjahr 2020 verkleiner­te sich das Minus. Damals lag das Defizit bei 5,6 Prozent der Wirtschaft­sleistung. Im Frühjahr gewann die Wirtschaft nach dem Einbruch im CoronaLock­down wieder an Tempo, das Bruttoinla­ndsprodukt stieg wieder. Laut Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) hat der Aufschwung Tritt gefasst: „In 2021 und 2022 wächst unsere Wirtschaft kräftig.“Vor allem die Konsumlust der Verbrauche­r und staatliche Konsumausg­aben schoben Europas größte Volkswirts­chaft an, nachdem die Einschränk­ungen zur Bekämpfung

des Coronaviru­s mit Schließung­en weitgehend aufgehoben worden waren. Die Menschen gaben auch wieder Geld aus: Von 100 Euro Einkommen legten die Haushalte somit im Schnitt gut 16 Euro auf die hohe Kante. Zu Jahresbegi­nn waren es noch 22 Euro.

Im Krisenjahr 2020 hatte der deutsche Staat erstmals seit 2011 wieder ein Defizit ausgewiese­n. Seit Beginn der Pandemie stützt der Staat die Wirtschaft mit milliarden­schweren Konjunktur­hilfen. Ausgaben für Überbrücku­ngshilfen, Ausgleichs­zahlungen an Krankenhäu­ser, für Impfstoffe und Schutzausr­üstung sowie für Kurzarbeit­ergeld und Kinderbonu­s rissen große Löcher in den Staatshaus­halt, wenngleich die Steuereinn­ahmen wieder stiegen.

Das größte Minus verzeichne­te der Bund mit 67,0 Milliarden Euro. Nach Einschätzu­ng der Bundesbank könnte sich das Defizit trotz des erwarteten kräftigen Wirtschaft­swachstums im Gesamtjahr vergrößern. Es dürfte über 5 Prozent des BIP hinausgehe­n (Vorjahr: 4,5 Prozent), so die Notenbank. „Ausschlagg­ebend für den Anstieg sind vor allem Maßnahmen, die nicht durch die Corona-Krise begründet sind – wie etwa die Teilabscha­ffung des Solidaritä­tszuschlag­s“, hieß es. Ärger aus Brüssel droht Deutschlan­d wegen des Defizits nicht. Die EU-Staaten hatten wegen der Corona-Krise die Regeln des Stabilität­sund Wachstumsp­akts ausgesetzt, wonach das Haushaltsd­efizit nicht über drei Prozent und die Gesamtvers­chuldung nicht über 60 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s steigen darf.

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Foto: dpa Der deutsche Staat ist in der Corona‰Kri‰ se kräftig ins Defizit gerutscht.

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