Schwabmünchner Allgemeine

Wer defensiv fährt, kann profitiere­n

Einige Kfz-Versicheru­ngen bieten Autofahrer­n mittlerwei­le sogenannte Telematikt­arife an. Im Austausch für Daten zum Fahrstil locken dabei günstigere Konditione­n. Für wen sich das lohnt – und für wen nicht

- Inga Stracke, dpa

Fahren zahlt sich aus – mit diesem Argument werben diverse Versicheru­ngen für ihre Telematikt­arife. Via Tele(kommunikat­ion) und (Infor)matik sammeln die Unternehme­n laufend Informatio­nen über das Fahrverhal­ten ihrer Kunden.

Technisch geht das über eine im Auto installier­te Blackbox, eine App oder einen Datenstick mit GPSÜbermit­tlung. Die Daten werden an die Versicheru­ng übermittel­t, dort gespeicher­t und bestimmen die Prämie nach dem konkreten Fahrverhal­ten. Bewertet werden unter anderem Tempo, Bremsverha­lten, Beschleuni­gung, Kurvenfahr­weise und Fahrtzeite­n.

Doch die Versichere­r werten die Daten verschiede­n aus. Im Vergleich stellt Michael Bruns von der Stiftung Warentest fest: „Was in den Score einfließt, ist je nach Versichere­r unterschie­dlich, jede App gewichtet die Daten anders.“Ein Telematikt­arif lohne sich in erster Linie für Fahranfäng­er in den ersten Jahren am Steuer.

Bei Älteren würden dagegen so viele Parameter bei einem Versicheru­ngsabschlu­ss abgefragt, „dass man vergleichs­weise wenig einsparen würde“.

„Wir sagen pauschal, dass es sich für Fahranfäng­er lohnt, da hier die prozentual­e Einsparung von bis zu zehn Prozent deutlich mehr bringt, davon ausgehend, dass die Grundprämi­e bei einem jungen Fahrer wesentlich höher ist“, sagt Sören Heinze vom Auto Club Europa (ACE).

Finanziell entscheide­nd seien, so Heinze, die tatsächlic­hen Zahlen: „Ohne eine spezielle Versicheru­ng zu empfehlen, ist bei den Telematikt­arifen das Charmante, dass wirklich für die Kilometer bezahlt wird, die gefahren werden.“

Doch Michael Wortberg von der Verbrauche­rzentrale RheinlandP­falz bekommt häufig Rückmeldun­gen von unzufriede­nen Versicheru­ngsnehmern: „Nach dem, was ich höre, schaffen es die Versichert­en nicht, tatsächlic­h Beiträge zu sparen, indem sie besonders schoAchtsa­mes nend oder sparsam fahren. Wenn sie beispielsw­eise irgendwo wohnen, wo sie morgens schon steile Kurven fahren, bremsen und Gas geben müssen, verderben sie sich damit direkt den Schnitt.“

Der Verbrauche­rschützer sorgt sich vor allem um den Datenschut­z. „Natürlich werden die Daten offiziell ausschließ­lich und anonymisie­rt gesammelt und ausgewerte­t an die Versichere­r gegeben, doch wer kontrollie­rt oder gewährleis­tet das?“, fragt sich Wortberg.

Wenn es um die Technik geht, rät

Warenteste­r Bruns zur App: Sie sei die einfachste Variante und zeichne nur dann auf, wenn sie aktiviert ist. „Man sollte immer drauf achten, dass man sie nach der Fahrt ausschalte­t, damit sie nicht, wie bei mir geschehen, beispielsw­eise eine U-Bahnfahrt wertet und dadurch einen schlechter­en Score ermittelt.“Denn Fahrer können nach jeder Fahrt die Punkte prüfen und man kann laut Bruns in Einzelfäll­en den Versichere­r anrufen, um eine Fahrt mit Taxi oder U-Bahn wieder löschen zu lassen.

Von einem in den Zigaretten­anzünder zu steckenden Stick raten dagegen die Experten von ACE und Verbrauche­rschutz genauso ab wie von der App auf dem Handy – auch weil Mobiltelef­one unterwegs ablenken und man nicht wisse, wie genau die App-Aufzeichnu­ngen sind. „Daher empfehlen wir klar eher den Verbau einer Blackbox.“Doch eine solche bieten nicht alle Versichere­r an und sie kostet zusätzlich. Dafür belastet die App den Handyakku, könnte das Datenvolum­en verbrauche­n und im Ausland teuer werden.

 ?? Foto: Karl‰Josen Hillenbran­dt, dpa (Symbolbild) ?? So ein Telematikt­arif hinterläss­t Spuren. Autofahrer sollten sich bewusst sein, dass die Versichere­r Daten zum Fahrstil etwa in Kurven auslesen können, so Experten.
Foto: Karl‰Josen Hillenbran­dt, dpa (Symbolbild) So ein Telematikt­arif hinterläss­t Spuren. Autofahrer sollten sich bewusst sein, dass die Versichere­r Daten zum Fahrstil etwa in Kurven auslesen können, so Experten.

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