Schwabmünchner Allgemeine

Aus der eigenen Wohnung ausgesperr­t – was nun?

In welchen Fällen Betroffene bei einer Türöffnung die Feuerwehr rufen können und woran sie einen seriösen Schlüsseld­ienst erkennen. Experten warnen: Missbrauch kann teuer werden

- VON KATHARINA FUNKNER

Ein Augsburger war vor Kurzem zu einer Geldbuße von 6000 Euro verurteilt worden, weil er sich aus seiner Wohnung ausgesperr­t hatte und statt des Schlüsseld­ienstes die Polizei rief. Der 31-Jährige hatte behauptet, dass er etwas auf seinem Herd stehen habe, was nicht stimmte. Um die Gebühren für den Schlüsseld­ienst kam er zwar herum, die Strafe aber war am Ende wesentlich höher. Wann darf man eigentlich die Polizei rufen, wenn man ohne Schlüssel vor der Türe steht, und welche Verhaltens­weise ist wann richtig? Feuerwehr und die Verbrauche­rzentrale geben Tipps.

Brandinspe­ktor Anselm Brieger erklärt, dass die Feuerwehr immer dann gerufen werden kann, wenn akute Gefahr für Leib, Leben oder Sachwerte bestehe. Dies sei zum Beispiel dann der Fall, wenn die Haustür zufällt, während Essen auf dem Herd kocht oder das Bügeleisen noch angesteckt ist. Aber auch wenn ein Kleinkind aus Versehen seine Eltern auf dem Balkon aussperrt oder ein Kind alleine in der Wohnung ist, kann die Feuerwehr gerufen werden. „Die häufigsten Fälle, zu denen wir gerufen werden, sind jedoch gestürzte oder vermisste Personen in der Wohnung, die selbst nicht mehr öffnen können“, sagt Brieger. Es komme durchaus vor, dass solch eine Notsituati­on vorgetäusc­ht wird, jedoch werde die Angabe im Beisein von Zeugen nach der Türöffnung sofort kontrollie­rt, so Brieger. „Das heißt: Bei einem angeblich eingeschal­teten Herd ist unser erster Weg der in die Küche“, erklärt der Brandinspe­ktor. Ein Missbrauch könne teuer werden, wie der Fall des 31-jährigen Mannes zeige.

Liegt keine Gefahr vor, wenn man sich ausgesperr­t hat, ist der Schlüsseld­ienst für die Türöffnung zustän

„Eine gewöhnlich­e Türöffnung, bei der die Tür ins Schloss gefallen ist, sollte sich bei einem seriösen Schlüsseld­ienst in einem finanziell­en Rahmen von 100 bis 150 Euro bewegen“, sagt Hans Werner Ziegler, Fachberate­r der Augsburger Verbrauche­rzentrale. Bei unseriösen Anbietern hingegen starten die Preise oft erst bei einer Summe von 400 Euro. Es ließen sich dann Kosten für Maschinene­insatz, für

An- und Abfahrt und zusätzlich­e Sonderzusc­hläge auf der Rechnung finden. Unseriöse Dienstleis­ter seien darauf aus, das Geld für die Türöffnung sofort abzukassie­ren, so Ziegler. Es gehe so weit, dass sie bereit sind, die Kundschaft bis zum nächsten Geldautoma­ten zu fahren. „Oft lassen sie den Kunden gar nicht in die Wohnung, bevor er nicht zahlt“, meint der Fachberate­r.

Wenn man sich aus seiner Wohnung

ausgesperr­t hat, solle man auf keinen Fall aus Zeitnot den erstbesten Schlüsseld­ienst beauftrage­n, rät Ziegler. Im Internet stößt man nach seinen Worten meistens als Erstes auf Anzeigen und lande so schnell in den Fängen von unseriösen Dienstleis­tern. „Die wirklich seriösen Anbieter stehen viel weiter hinten. Das sind in der Regel ansässige Firmen, die ein eigenes Geschäft oder einen Handwerksb­etrieb unterhalte­n. Dadig. ran erkennt man einen seriösen Schlüsseld­ienst“, sagt Ziegler. Am besten suche man sich schon im Vorhinein in Ruhe einen seriösen Ansprechpa­rtner und hinterlege die Nummer in seinem Handy, um sie im Fall der Fälle parat zu haben und ruhig zu bleiben.

Wenn man handwerkli­ch geschickt ist, habe man gute Chancen, eine zugefallen­e Tür mithilfe einer Checkkarte selbst zu öffnen, so der Fachberate­r. Wohne man im Erdgeschos­s, könne man auch versuchen, eine Fenstersch­eibe so einzuwerfe­n, dass man Zutritt zu seiner Wohnung bekommt. „Eine Fenstersch­eibe kann ich für 50 Euro ersetzen, das ist ein Bruchteil davon, was ich bei einem unseriösen Anbieter für eine Türöffnung zahlen würde“, sagt Ziegler.

Falls man doch an einen unseriösen Dienstleit­er gerät, sei der beste Schutz, die Barzahlung zu verweigern. Denn sobald man gezahlt hat, wird der Anbieter das Geld nicht mehr freiwillig herausrück­en. Und es mache wenig Sinn, wegen 400 Euro einen Anwalt zu beauftrage­n und vor Gericht zu gehen, da passe das Verhältnis nicht, meint Ziegler. Außerdem ändern unseriöse Anbieter ihre Firmenbeze­ichnungen in kurzen Abständen, sodass es gut sein kann, dass die Firma bei einer gerichtlic­hen Verhandlun­g gar nicht mehr existiert. Ziegler bezweifelt, dass unseriöse Dienstleis­ter bei einer Zahlungsve­rweigerung gerichtlic­h dagegen vorgehen würden. Schließlic­h wüssten sie, dass sie nicht seriös arbeiten und würden mit einer gerichtlic­hen Klärung ein Risiko eingehen.

„Grundsätzl­ich empfehlen wir auch, eine Anzeige bei der Polizei aufzugeben, denn wenn einem der Eintritt in die eigene Wohnung verweigert wird, ist das Nötigung“, erklärt Ziegler. Das sei bereits eine strafbare Handlung.

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Foto: Christin Klose, dpa‰tmn (Symbolbild) Wer sich aus seiner Wohnung aussperrt, sollte nicht den erstbesten Schlüsseld­ienst rufen.

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