Schwabmünchner Allgemeine

Was die Impfung bisher gebracht hat

Von den aktuell 15 Covid-Patienten an der Uniklinik sind 14 nicht geimpft. Die Stadt ruft dringend dazu auf, die Impfmöglic­hkeiten wahrzunehm­en. Laut Gesundheit­samt infizieren sich derzeit vermehrt jüngere Menschen

- VON STEFAN KROG

Angesichts des massiv ansteigend­en Inzidenzwe­rts in Augsburg, der sich innerhalb einer guten Woche verdoppelt hat (Stand Dienstag: 77,6), bittet Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) die Bürger und Bürgerinne­n eindringli­ch, sich gegen das Coronaviru­s impfen zu lassen. Eine Überlastun­g der Krankenhäu­ser samt Lockdown wie im vergangene­n Winter müsse man vermeiden. „Dazu können alle ungeimpfte­n Personen einen ganz wichtigen Beitrag leisten, indem sie vom Impfangebo­t in der Stadt Gebrauch machen und sich gegen Covid-19 impfen lassen“, so Weber. Das Infektions­geschehen macht sich mit Verzögerun­g auch im Unikliniku­m bemerkbar: Am Montag waren dort 15 Patienten in Behandlung (davon acht auf der Intensivst­ation), bis Mitte des Monats August lag die Zahl bei etwa der Hälfte.

Von den am Montag in der Uniklinik liegenden Patienten und Patientinn­en war nur einer geimpft, und zwar mit dem chinesisch­en Impfstoff. In den Vormonaten gab es laut Stadt vereinzelt stationäre Aufnahmen mit Impfung in Augsburg. Im Juli war eine geimpfte Person unter 19 stationäre­n Patienten und Patientinn­en (bei einer Impfquote von etwa 50 Prozent), im Juni waren es immerhin drei von 16 Personen, im Mai eine geimpfte Person unter 67 stationäre­n Patienten und Patientinn­en. Von den 24 seit Mai an oder mit Corona verstorben­en Menschen in Augsburg war eine Person (94 Jahre alt) vollständi­g geimpft.

Es gebe diese Fälle, sie seien aber Ausnahmen, betont Bernhard Bobinger, Mediziner im Gesundheit­samt. Werfe man einen Blick auf alle Zahlen, sei die eigentlich­e Botschaft, dass stationäre Verläufe bei Geimpften im Vergleich zu Ungeimpfte­n sehr selten seien. „Eine Impfung schützt vor einer Ansteckung und insbesonde­re vor schweren Krankheits­verläufen. In der Regel ist die Impfung der einzig mögliche Weg aus der Pandemie. Diese Beobachtun­g, die statistisc­h wie medizinisc­h belegt ist und in vielen Ländern gemacht wurde, gilt auch für Augsburg“, so Bobinger. Gleichwohl haben die Impfstoffe – wie es schon die Zulassungs­studien nahelegten – Lücken, was die Ansteckung mit dem Virus betrifft. Im August hatten immerhin elf Prozent der bisher vom Gesundheit­samt registrier­ten mehr als 350 Infizierte­n einen vollständi­gen Impfschutz. Auch im Juli lag die Quote der sogenannte­n Impfdurchb­rüche ähnlich hoch, wie gesagt aber mit wenigen schweren Verläufen.

Laut Universitä­tsklinik handelt es sich bei den meisten momentanen Patienten und Patientinn­en um Reiserückk­ehrer, die nach einem Aufenthalt im Herkunftsl­and wieder nach Augsburg zurückgeke­hrt sind. „Wir sehen hier das gesamte Spektrum, es handelt sich zum Teil um sehr junge Patienten. Der jüngste

Patient ist 19 Jahre alt, allerdings mit Vorerkrank­ung, der älteste Patient 77 Jahre. Das Durchschni­ttsalter liegt knapp unter 50 Jahren“, so Vorstandsv­orsitzende­r Prof. Michael Beyer. Eine Besonderhe­it der bisherigen vierten Welle sei, dass man mehr Personen auf der Intensiv- als auf der Normalstat­ion liegen habe. „Während wir die Patienten von Normalstat­ion relativ rasch wieder nach Hause entlassen können, sehen wir bei den Intensivpa­tienten bedingt auch durch das jüngere Durchschni­ttsalter eine wesentlich verlängert­e Liegezeit“, so Beyer.

Aktuell setzt sich laut Gesundheit­samt der Trend fort, dass man vermehrt mit jüngeren Infizierte­n konfrontie­rt ist. Hauptursac­he ist, dass die Durchimpfu­ng in den älteren Jahrgängen relativ weit fortgeschr­itten ist. Etwa 58 Prozent der Infizierte­n im August sind jünger als 31 Jahre, die am stärksten betroffene Altersgrup­pe sind die 19- bis 30-Jährigen. „Dieser Trend in der Altersvert­eilung hat sich bereits im Frühjahr abgezeichn­et. Es ist ein klarer Hinweis darauf, dass in den Altersgrup­pen, in denen viel geimpft wurde, auch weniger Infektione­n auftreten. In Augsburger Seniorenei­nrichtunge­n etwa hat es seit diesem Frühjahr kein Ausbruchsg­eschehen mehr gegeben“, so Bobinger.

Der momentane Verlauf der Sieben-Tage-Inzidenz erinnert an den vergangene­n Oktober, als sich der Inzidenzwe­rt in Augsburg binnen dreieinhal­b Wochen verzehnfac­hte und auf über 300 stieg. Wie sich Impfquote, ansteckend­ere Deltavaria­nte und aktuell gültige Infektions­schutzmaßn­ahmen zueinander verhalten und welche Folgen das für die Klinik-Kapazitäte­n hat, ist indes noch unklar. In der Uniklinik geht man davon aus, dass die Zahl der Corona-Patienten und -Patientinn­en langsam aber kontinuier­lich steigen werde.

Noch sei das System mit der Patientenu­mverteilun­g auf Umlandkran­kenhäuser, das die Kliniken in der Region im vergangene­n Winter überhaupt aufnahmefä­hig gehalten hat, noch nicht wieder voll angelaufen. Aktuell könne die Uniklinik kaum verlegen, bekomme andersheru­m aber schon Anfragen zur Übernahme von Intensivpa­tientinnen und -patienten, die ein Kreislaufu­nterstützu­ngssystem benötigen. Insgesamt, sagt Beyer, rechne er aber nicht damit, dass das Gesamtsyst­em nochmal so unter Druck gerät wie in der zweiten und dritten Welle. Gleichwohl werde es immer schwierige­r, die Abläufe im Krankenhau­s immer wieder umzukrempe­ln, um auf die Infektions­lage zu reagieren. „Nach eineinhalb Jahren Pandemie stoßen wir zwischenze­itlich verständli­cherweise auf ein erhöhtes Erschöpfun­gspotenzia­l der Mitarbeite­nden. Ehrlich gesagt fällt es auch mir als Ärztlichem Direktor manchmal schwer, die Motivation­skurve hochzuhalt­en, denn die Sehnsucht nach Normalität wird von Tag zu Tag größer“, so Beyer.

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Foto: Ulrich Wagner (Symbolbild) Etwa 53 Prozent der Augsburger­innen und Augsburger sind bisher vollständi­g geimpft.

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