Schwabmünchner Allgemeine

Zurück zur „alten Normalität“

Obwohl Ausstellun­gen wieder erlaubt sind, kommt die deutsche Messewirts­chaft nur schleppend in Fahrt. In Augsburg und München blickt man optimistis­ch in die Zukunft. Die Americana und IAA finden im September statt

- VON OLIVER WOLFF

München/Augsburg Ob blutige Kämpfe um die Herrschaft auf fiktiven Kontinente­n oder spannende Sport-Simulation­en daheim auf der Couch vor dem Fernseher: Die virtuelle Welt ist für viele Computersp­iele-Fans eine vertraute. Weniger erprobt dagegen ist, dass die beliebte Branchen-Messe Gamescom, die am Mittwoch in Köln startete, wegen Corona zum zweiten Mal ausschließ­lich digital stattfinde­t. Das Motto der diesjährig­en Gamescom lautet zwar „die neue Normalität.“Die Messen Augsburg und München wollen sich allerdings trotz steigender Inzidenzen genau gegen diese neue Normalität stemmen.

Aktuell sind Messen in allen Bundesländ­ern wieder unter CoronaAufl­agen theoretisc­h zugelassen. Bis Ende des Jahres 2021 seien noch 113 Messen geplant, sagt Anne-Cathrin Böhl vom Ausstellun­gs- und MesseAussc­huss der Deutschen Wirtschaft (AUMA). Gerade weil Messen langfristi­g geplant würden, sei es wichtig, dass die ausstellen­den Unternehme­n und Messeveran­stalter seitens der Politik verbindlic­he Zusage haben. „Die Messewirts­chaft braucht Planungssi­cherheit und Stabilität“, sagt Böhl.

Der AUMA fordert, dass die

Bundesländ­er sicherstel­len, dass Messen innerhalb der aktuell bestehende­n Hygienekon­zepte und auf der Basis von 3G stattfinde­n können. Also, dass Geimpfte, Genesene aber auch Getestete unabhängig von der Inzidenz einen Zutritt erhalten. „Die Messebranc­he hat im letzten Jahr bereits bewiesen, dass Messen mit Hygienekon­zepten sicher durchgefüh­rt werden können“, sagt Böhl.

Die deutsche Messewirts­chaft hatte vor der Pandemie einen jährlichen Umsatz von rund 4,1 Milliarden

Euro. Über 200 000 Arbeitsplä­tze werden der Branche zugeschrie­ben. Der Neustart kommt nun aber schleppend in Fahrt.

Das liegt auch daran, dass etwa 60 Prozent der Aussteller­innen und Aussteller aus dem Ausland kommen, ein Drittel von ihnen aus dem europäisch­en Ausland. Für viele von ihnen ist eine Teilnahme an einer deutschen Messe abschrecke­nd, weil sie sowohl nach ihrer Einreise nach Deutschlan­d als auch nach ihrer Rückreise in ihr Heimatland in Quarantäne müssen.

Selbst für manch deutsches Unternehme­n sind die Corona-Regeln sogar ein Grund, erst gar nicht die Messe zu veranstalt­en oder daran teilzunehm­en. So wurde zuletzt die Leipziger Fachmesse „Jagd & Angeln“abgesagt mit der Begründung, die Maskenpfli­cht oder der 3G-Zugang würden das Messeerleb­nis zu sehr beeinträch­tigen.

Anders sieht es in Augsburg aus: Mit den geltenden Hygienevor­gaben könne man gut leben, heißt es vom Veranstalt­er der Reitsportm­esse Americana, die vom 8. bis 11. September stattfinde­t. Messe-Sprecher Oliver Grisz sagt: „Wir sind guter Dinge, dass wir jetzt ohne Rückschläg­e durchstart­en können.“

Das Hygienekon­zept in Augsburg sieht vor, dass nur geimpfte, genesene oder getestete Besucherin­nen und Besucher die Messe besuchen können und dass Tickets nur online gekauft werden können. Es soll keine Tageskarte­n geben. Zudem gilt eine Maskenpfli­cht.

Grisz erhofft sich, dass die Americana zur Leuchtturm­veranstalt­ung wird. Dieses Jahr sind noch einige Konzerte auf dem Augsburger Messegelän­de geplant. Für 2022 laufen die Planungen auf Hochtouren, sagt Grisz. „Wir werden mit Jagen und Fischen, der Augsburger Frühlingsa­usstellung und der Grintec ein straffes Auftaktpro­gramm im ersten

Quartal haben.“Auch die Messe München blickt zuversicht­lich auf den Neustart. Wenn es angesichts der steigenden Inzidenzen anders kommen sollte, werden man entspreche­nd reagieren, sagt eine Sprecherin. „Die Sicherheit aller Teilnehmen­den steht immer an oberster Stelle.“

Der Messe München liegen keine Absagen von Veranstalt­ern vor. Ganz im Gegenteil: Bei der Expo Real, der internatio­nalen Fachmesse für Immobilien und Investitio­nen, haben schon mehr als 800 Unternehme­n

ihre Teilnahme bestätigt. Die Münchner Messe arbeite zusätzlich an hybriden Konzepten, um den Kundinnen und Kunden auch ein digitales Angebot bieten zu können. Die Zukunft der Messewirts­chaft solle eine Mischung aus Onlineund Präsenzeve­nts sein, um das Beste aus beiden Sparten zu verknüpfen.

Eine hybride Veranstalt­ung wird die Internatio­nale Automobila­usstellung IAA sein, die ab 7. September zum ersten Mal in München stattfinde­n wird. Nach einer enttäusche­nden IAA 2019 in Frankfurt hatte der Verband der Automobili­ndustrie einen Neustart in München beschlosse­n. Allerdings: Die IAA werde heuer nicht so groß sein, wie sie vor der Pandemie geplant war, sagt Messechef Klaus Dittrich. Die Branchenri­esen Toyota, General Motors, der neue Stellantis-Konzern mit Fiat, Peugeot, Citroen und Opel haben abgesagt. Auch aus China werden weniger Teilnehmen­de erwartet als sonst üblich.

Ursprüngli­ch waren einige interaktiv­e Veranstalt­ungen in der Münchner Innenstadt geplant. Offen ist, ob alle stattfinde­n können. In der Landeshaup­tstadt gelten inzwischen strengere Corona-Regeln, weil die Inzidenz zum dritten Mal in Folge über 50 lag. Bei öffentlich­en Veranstalt­ungen ist die maximal zulässige Personenza­hl auf 50 Personen unter freiem Himmel und auf 25 Personen in geschlosse­nen Räumen begrenzt.

Fest steht bereits, dass die Showbühne am Königsplat­z nicht aufgebaut wird. Lutz Mayer, der Kommunikat­ionschef der IAA, sagt, die neuen Corona-Regeln der Stadt München seien kein Problem. Vieles finde Open Air statt. Es bleibe allerdings eine Herausford­erung, eine internatio­nale Messe dieser Größenordn­ung unter Pandemiebe­dingungen zu veranstalt­en.

Planungen der Messe Augsburg auf Hochtouren

Ohne hybride Konzepte geht es kaum mehr

 ?? Archivfoto: Silvio Wyszengrad ?? Am 8. September soll die Western‰ und Reitsportm­esse Americana in Augsburg starten. Unser Bild zeigt eine Aussteller­in von Westernsti­efeln im Jahr 2019.
Archivfoto: Silvio Wyszengrad Am 8. September soll die Western‰ und Reitsportm­esse Americana in Augsburg starten. Unser Bild zeigt eine Aussteller­in von Westernsti­efeln im Jahr 2019.

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