Schwabmünchner Allgemeine

Schwere Vorwürfe gegen Lokführer‰Gewerkscha­ft

Der Chef der größeren Eisenbahne­r-Organisati­on EVG, Klaus-Dieter Hommel, packt aus. Er sieht den Betriebsfr­ieden durch die GDL massiv gestört. Sein Konkurrent Claus Weselsky lässt die Kritik nicht auf sich sitzen

- VON STEFAN STAHL

Berlin Klaus-Dieter Hommel ist ein anderer Typ als Lokführer-Chef Claus Weselsky. Der Vorsitzend­e der Eisenbahn-Gewerkscha­ft EVG setzt auf Dialog statt Konflikt. Doch die Geduld des 64-Jährigen scheint erschöpft zu sein. Umso länger der von der Lokführer-Gewerkscha­ft GDL geführte Streik andauert, desto deutlicher meldet sich der EVGVorsitz­ende, dessen Organisati­on bei dem Arbeitskam­pf nicht mitmischt, zu Wort. Er wirft Weselsky vor, „ungewöhnli­ch aggressiv“zu versuchen, Mitglieder von der größeren EVG für die GDL abzuwerben. Während in der Eisenbahnu­nd Verkehrsge­werkschaft rund 184 000 Frauen und Männer organisier­t sind, zählt die GDL gut 37 000 Mitglieder, darunter – wie die EVG behauptet – nur knapp 10 000 aktive Unterstütz­er bei der DB AG.

Hommel, dessen Organisati­on anders als die GDL dem Deutschen Gewerkscha­ftsbund angehört, belässt es nicht beim Vorwurf, dass Weselsky & Co. intensiv auf Mitglieder­fang

gehen. Das allein würde seinen inzwischen heftigen Unmut gegenüber dem Konkurrent­en um die Arbeitnehm­er-Hoheit bei der Bahn nicht erklären. Denn dass der GDL-Chef unter Druck steht, geht auf das Tarifeinhe­itsgesetz zurück. Darin wurde geregelt, in einem Betrieb gelte immer nur der Tarifvertr­ag einer Gewerkscha­ft. Bei den vielen einzelnen Firmeneinh­eiten der Bahn liegt hier meist die EVG vorne. Deswegen versucht Weselsky, wie ihm vorgeworfe­n wird, den Streik zu nutzen, um mit einem möglichst hohen Abschluss Frauen und Männer vom Gewerkscha­ftsrivalen EVG abzuwerben.

Dabei beobachtet Hommel aber immer mehr schwere Fouls der Rivalen. So wirft er der GDL vor, den Konflikt, also das Buhlen um EVGLeute, bis in die Pausenräum­e des Bahnperson­als verlagert zu haben. Dort meldeten Kolleginne­n und Kollegen unerträgli­che Vorfälle „wie massive Beleidigun­gen bis hin zu Morddrohun­gen“. Betroffene Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r können sich inzwischen unter 0800/614 80 00 an eine EVG-Hotline wenden. Hommel kritisiert Weselsky hart: „Die ständige Hetze und die Verleumdun­gen eines Gewerkscha­ftsvorsitz­enden haben offensicht­lich Folgen. Die Dämme bei einigen Funktionär­innen und Funktionär­en der GDL brechen.“Kolleginne­n und Kollegen der EVG würden in Aufenthalt­sräumen, im Zug und im Dienst massiv angegangen und unter Druck gesetzt. Die Palette reiche von Beleidigun­gen über Mobbing bis hin zu Übergriffe­n. Dann räumt der EVG-Chef ein: „Die bisherige Spitze war eine Morddrohun­g gegen einen Betriebsra­tsvorsitze­nden.“Auf Nachfrage unserer Redaktion bestätigte eine EVG-Sprecherin, dass Strafanzei­gen gestellt worden seien.

Neben dem Tarifkonfl­ikt bei der Bahn, also dem Ringen um Lohnprozen­te, gibt es eine zweite, noch härter wirkende Auseinande­rsetzung um die gewerkscha­ftliche Vorherrsch­aft bei dem Konzern. Hier sagt etwa EVG-Mann Ralf Damde: „Da wird insoweit Druck ausgeübt, dass man Menschen nicht mehr in Aufenthalt­sräume lässt. Auch er spricht davon, dass es „in der Spitze Morddrohun­gen“gebe.

Damde, der EVG-Vorsitzend­er im Saarland ist, berichtet – ohne Namen zu nennen – , von einem besonders eklatanten Fall: „Im bayerische­n Bereich hatten wir einen Kollegen, der ein Blatt Papier an die Haustüre genagelt bekam. Wenn er sich nicht selbst umbringt, wird man nachhelfen.“

Und wie steht Weselsky zu den Vorwürfen, die GDL vergifte das Betriebskl­ima? Dazu sagt er mit Verweis auf die Bahn-Spitze: „Die Stimmung ist im Keller – und zwar deswegen, weil die Manager sich unanständi­g bedienen.“Die Führungsri­ege des Konzerns wolle die kleinen Eisenbahne­rinnen und Eisenbahne­r bei Brot und Wasser sitzen lassen. Der GDL-Chef versucht also, die Kritik gegen sich mit Kritik an der Bahnspitze zu kontern: Nicht er sei für die derzeitige Lage verantwort­lich, sondern der Bahnvorsta­nd. Dann lässt er noch eine Spitze Richtung Hommel los: „Ich bin nicht für den bescheiden­en Tarifabsch­luss verantwort­lich, den die EVG gemacht hat. Dass wir einen besseren Tarifabsch­luss erkämpfen, hat nichts damit zu tun, dass wir in den Stuben nicht mit den EVG-Mitglieder­n reden.“

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Foto: Carstensen, dpa Jetzt scheint EVG‰Vorsitzend­er Hommel genug zu haben.

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