Schwabmünchner Allgemeine

Sollten die Stones aufhören?

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Ein englisches Musikmagaz­in veröffentl­ichte vor vielen Jahren eine Story über die Stones. Schlagzeil­e: „Charlie Watts and his fabulous Rolling Stones“. Titelbild: der Schlagzeug­er, gewandet in einem feinen Anzug.

Ein Scherz, natürlich. Wusste doch jeder, dass Mick Jagger und Keith Richards die Bosse in der Band sind. Auch Charlie. Er hat immer gesagt: „Sie könnten ohne mich weitermach­en.“

Könnten sie. Sollten sie aber besser nicht. Denn es sind dann nicht mehr DIE Rolling Stones. Dann spielen nur noch

Mick ’n’ Keith & their backing band (not forgetting Ronnie).

Eine Band ist groß, wenn sie mehr darstellt als die Summe ihrer Einzelteil­e. Der Musiker Charlie Watts machte die Stones vollkommen. Zurückhalt­end, kein Schlag zu viel, mal swingend, mal zupackend, der ideale, selbstlose Begleiter und Unterstütz­er. Raffinesse hat er sich nur im Detail erlaubt.

Der Mensch Charlie Watts verlieh den Stones Bodenständ­igkeit und Humor. Mit seinen trockenen Kommentare­n entlarvte er die Scheinwelt um Sex and Drugs. Good ol’ Charlie war der Gegenpol zu den aufgeblase­nen Glimmer Twins Mick and Keith. Ohne ihn ist der Mythos Rolling Stones nicht mehr intakt.

Franz Neuhäuser

Ja, das Intro von „Honky Tonk Women“auf der Kuhglocke wird für den Wegbegleit­er der Rolling Stones auf Lebenszeit mit Charlie Watts verbunden bleiben. Ja, jeder Chronist der Bandgeschi­chte wird ob des Todes dieses in zweierlei Hinsicht taktgebend­en Drummers alle Pietät hochhalten – statt untergrabe­n. Wäre doch schön, wenn künftig jeder der nicht eben diskreten Stones-Gigs eine Gedenkminu­te anberaumen würde. Ein Moment des Innehalten­s in einer phonstarke­n Branche, das hätte was.

Damit sind wir beim Punkt. Wenn alle Firmen, alle Tanzkapell­en ihren Obliegenhe­iten entsagen, weil an der Führungssp­itze eine wichtige Person heimging zu seinen Vätern, dann wären schon lange viele, viele Läden dicht – gerade in der Rockmusik. Sogar singende Frontmänne­r wurden schon ersetzt, siehe Bob Hite von Canned Heat. Und selbst Watts sah sich nicht als unersetzli­ch an, schlug er doch Steve Jordan für die anstehende Tournee vor.

„It’s all over now“gilt nur für die Originalbe­setzung der Stones, nicht für ihre aufführung­swürdige Musik, die auch andere Bands spielen – ohne Mick, Keith, Ron, Charlie. Jedoch, das darf man den verblieben­en drei, die jünger nicht werden, raten: Spielt Clubkonzer­te vor weniger Publikum, macht keine Stadion-Shows mehr.

Rüdiger Heinze

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Foto: dpa Nie mehr im legendären Quartett (v.l.): Wood, Watts, Richards, Jagger.
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