Schwabmünchner Allgemeine

Gut geschützt mit Haus und Schleim

Die Weinbergsc­hnecke hat ein großes Haus, vier Fühler und tausende von Zähnen. Doch wo sind die Zähne? Was hat es mit dem Schleim auf sich? Und warum sind Schnecken langsam?

- VON INSA SANDERS

Was für ein großes Haus! Da könnten andere Schnecken richtig neidisch werden, wenn sie einer Weinbergsc­hnecke begegnen. An ihrer Größe kann man die Weinbergsc­hnecke gut erkennen. Ihr Haus kann bis zu fünf Zentimeter hoch werden und die Schnecke ist ausgewachs­en etwa zehn Zentimeter lang. „Es ist die größte einheimisc­he Gehäusesch­necke, die es bei uns gibt“, sagt der Biologe Vollrath Wiese. Entdecken kann man die Weinbergsc­hnecke tagsüber und häufiger bei regnerisch­em Wetter.

Sie lebt zum Beispiel an Wegesrände­rn, in Gärten, lichten Wäldern und in den Weinbergen natürlich. Daher kommt schließlic­h ihr Name. Wenn du schon einmal eine Weinbergsc­hnecke aus der Nähe beobachtet hast, ist dir neben ihrer Größe vielleicht noch etwas anderes aufgefalle­n. Sie hat vier Fühler. „Oben auf den beiden großen Fühlern sind die Augen und die unteren Fühler sind Taster“, erklärt der Experte. Eine andere Sache hast du vermutlich noch nie gesehen. Es klingt verrückt, aber die Weinbergsc­hnecke hat etwa 40000 Zähne! „Die sitzen auf einer Art Fließband“, erklärt Herr Wiese. Damit ist die Raspelzung­e der Schnecke gemeint, die sogenannte Radula. Diese besteht aus vielen kleinen Zähnchen in einer Reihe.

Mit der Radula raspelt die Weinbergsc­hnecke Pflanzen klein, um sie zu fressen. Wichtige Organe wie Herz und Lunge hat die Schnecke in ihrem Haus in einem Eingeweide-Sack. Dort sind sie gut geschützt. Schutz bietet außerdem der Schleim der

Schnecke. „Weil viele andere Tiere sie deswegen nicht fressen“, erklärt Vollrath Wiese. Zusätzlich schützt er sie vor dem Austrockne­n und er hilft ihr bei

der Fortbewegu­ng: Sie hält sich mit dem Schleim am Boden fest und zieht sich dann nach vorn. Dank ihrer Schleimspu­r kommt die Weinbergsc­hnecke auch über raues Gelände, ohne sich zu verletzen. Aber warum ist die Schnecke eigentlich so langsam unterwegs? „Die muss nicht schneller sein. Sie hat ja ihr Haus dabei. Sie ist kein Fluchttier, sondern ein Versteckti­er“, erklärt der Biologe.

Bei Gefahr zieht sie sich einfach in ihr Häuschen zurück. Im Winter macht die Weinbergsc­hnecke dann sogar die Tür zu. Genauer gesagt: Sie macht einen Deckel drauf. Der besteht aus Kalk. Aus dem gleichen Material ist auch ihr Haus. „Mit dem Kalkdeckel verschließ­t sie ihr Gehäuse. Vorher buddelt sie sich noch ein bisschen ein, damit sie gut geschützt ist“, sagt Herr Wiese. Im Frühjahr drückt sie den Deckel dann einfach wieder ab. Ist die Schnecke eigentlich ein Junge oder ein Mädchen? Bei der Weinbergsc­hnecke lautet die Antwort: beides. „Sie hat männliche und weibliche Geschlecht­sorgane in einem Körper“, sagt der Experte Vollrath Wiese. Man sagt auch: Sie ist ein Zwitter. Manche Zwitter befruchten sich selbst, um sich fortzupfla­nzen. Weinbergsc­hnecken machen das nicht.

Sie suchen sich einen Partner, um sich zu paaren. Vorher wird sogar ein bisschen gekuschelt. „Das kann man wunderbar beobachten“, sagt der Fachmann. „Die kriechen mit der Sohle aneinander hoch und betasten sich.“Außerdem piksen sie sich mit Pfeilen aus Kalk. Die werden auch Liebespfei­le genannt. Nach der Paarung legt die Schnecke ihre Eier ab. Die sind bei Weinbergsc­hnecken etwa so groß wie Erbsen und werden einfach sich selbst überlassen. Nach etwa zwei Wochen schlüpft der Nachwuchs.

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Foto: Jan‰Peter Kasper, dpa Beim Liebesspie­l kriechen Weinbergsc­hnecken mit der Sohle aneinander hoch und betasten sich.

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