Schwanger und Corona – was jetzt?
Gesundheit Viele werdende Mütter wissen nicht, ob sie sich impfen lassen sollen. Doch Ärzte warnen: Eine Corona-Erkrankung kann im Ernstfall zu Komplikationen führen. Eine Studie liefert neue Erkenntnisse
Augsburg Wenn im eigenen Bauch ein neues, zartes Leben heranwächst, mischt sich bei vielen werdenden Müttern derzeit zu großer Freude auch Sorge. Darüber, in der Corona-Pandemie ein Kind auf die Welt zu bringen. Sich und das Baby mit dem Virus zu infizieren. Oder darüber, was eine Infektion bei ihrem Kind im schlimmsten Falle anrichten könnte.
Wer Angst vor Corona hat, der lässt sich impfen. Was für die meisten Menschen gilt, ist für werdende Mütter jedoch komplizierter. Etwa 500000 Frauen in Deutschland sind schwanger. Eine generelle Impfempfehlung für sie gibt es bislang nicht. Zu wenige belastbare Daten, sagt die Ständige Impfkommission (Stiko). Die Frage, was passiert, wenn sich eine werdende Mutter in oder vor der Schwangerschaft mit dem Coronavirus infiziert, kann bislang nicht allumfassend geklärt werden. Viele Mediziner und Medizinerinnen plädieren allerdings trotzdem für eine Impfung bei Schwangeren und stillenden Frauen, um sie vor
Etwa 15 Prozent der Kinder kamen zu früh
dem Virus und möglichen Folgen zu schützen. Zwei Meinungen – und viele verunsicherte Frauen, die nicht wissen, was denn nun richtig ist.
Erste Antwortversuche liefert eine Registerstudie der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie, kurz DGPM. Insgesamt 157 deutsche Kliniken sind in dem sogenannten Cronos-Register registriert; das sind etwa zwei Drittel der großen deutschen Krankenhäuser. 115 dieser Einrichtungen haben bereits schwangere Patientinnen gemeldet, die mit Corona infiziert sind oder waren. Stand 19. August sind das rund 2800 Frauen – eine sehr geringe Anzahl, vergleicht man sie mit durchschnittlich 750000 Geburten in Deutschland pro Jahr. 323 dieser Mütter brachten ihr Kind zu früh auf die Welt, das entspricht etwa einer Frühgeburtenrate von 15 Prozent. Die normale Frühgeburtenrate liegt in etwa bei sieben bis acht Prozent – und damit nur halb so hoch wie bei Corona-Patientinnen.
Bei den deutschlandweit wenigen Schwangeren, die aufgrund einer
Corona-Erkrankung beatmet werden mussten, kam es den Medizinerinnen und Medizinern zufolge hauptsächlich zu zwei Szenarien: Erstens, die Frauen brachten ihr Kind zu früh auf die Welt. Zweitens, die Frauen waren so krank, dass sie trotz künstlicher Beatmung nicht überleben würden, wenn das Klinikpersonal das Kind nicht per Kaiserschnitt holen würde. Eine Frühgeburt zur Entlastung also.
Auch am Universitätsklinikum in Augsburg behandeln die Ärztinnen und Ärzte Frauen, die entweder vor oder während ihrer Schwangerschaft an Corona erkrankt sind. „Bei einem Großteil der infizierten Mamas ging die Schwangerschaft ganz normal zu Ende“, sagt Manuela Franitza, Oberärztin und Leiterin der Sektion Geburtshilfe und Pränatalmedizin. Doch auch sie berichtet von Fällen, wo Kinder aufgrund einer schweren Corona-Erkrankung der Mutter früher auf die Welt gebracht werden mussten. „Das waren Gott sei Dank nur Einzelfälle“, sagt die Medizinerin. Auch sei bislang bei keinem dieser Kinder eine eigene Infektion nachgewiesen worden.
Das Cronos-Register liefert auch Daten zur Erkrankung von Säuglingen infizierter Mütter. Demnach sind bislang lediglich 26 Kinder der insgesamt 2800 registrierten Mütter positiv getestet worden – ein vergleichsweise geringer Anteil.
Wie eine Untersuchung des Imperial College London außerdem ergeben hat, erhöht eine Corona-Infektion während der Schwangerschaft offenbar weder das Risiko für Fehlgeburten noch für frühkindliche Todesfälle. Dazu hatten britische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Daten von rund 4000 Frauen aus Großbritannien und den
USA ausgewertet, die während der Schwangerschaft sicher oder wahrscheinlich mit Corona infiziert gewesen waren. Lediglich zwei Prozent der Säuglinge hatten sich demnach bei der Geburt ebenfalls mit dem Virus angesteckt.
Als Auffälligkeit stellten die Studienautoren aber ebenfalls fest, dass infizierte Schwangere ihre Kinder etwas häufiger vor der 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt brachten als gesunde Frauen. Zwölf Prozent der werdenden Mütter aus Großbritannien hatten demnach eine Frühgeburt, der durchschnittliche Anteil von Frühgeburten liegt dort sonst bei nur 7,5 Prozent. Von den Schwangeren aus den USA hatten beinahe 16 Prozent eine Frühgeburt, das kommt dort sonst bei durchschnittlich zehn Prozent der Schwangerschaften vor. Die Forschenden merkten jedoch an, dass diese Tatsache nicht unbedingt auf eine Corona-Infektion zurückgeführt werden könne. Möglich sei, dass die Ärzte und Ärztinnen sich bei infizierten Frauen früher entschieden, eine Geburt einzuleiten, um negativen Folgen für Mutter und Kind vorzubeugen.
Wie so oft in dieser Pandemie erhoffen sich Mediziner und Wissenschaftlerinnen mit der Zeit neue Erkenntnisse. Auch darüber, in welchem Zusammenhang Frühgeburten und Corona stehen. „Es ist ein hochkomplexes Thema“, betont die Augsburger Oberärztin Franitza. „Uns hat erschreckt, dass auch schwangere Frauen ohne Risikoprofil einen schweren Verlauf haben können.“An der Klinik sei man vorbereitet, betont sie, sagt aber auch: „Wir wünschen uns viele normale Geburten in den kommenden Monaten.“