Schwabmünchner Allgemeine

Raser kommt mit Bewährung davon

Wie die Mutter des Unfallopfe­rs, die Gräfin Bruges-von Pfuel, das Urteil empfindet

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Berlin/Tüßling Er war genervt und fuhr deutlich zu schnell: Nach dem Tod eines 26 Jahre alten Fußgängers in Berlin ist ein Autofahrer zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Die Mutter des Opfers, die frühere bayerische Kommunalpo­litikerin Stephanie Gräfin Bruges-von Pfuel, nahm das Urteil mit tränenerst­ickter Stimme auf. Bruges-von Pfuel war früher Bürgermeis­terin in Tüßling (Landkreis Altötting) gewesen. Dennoch bezeichnet­e sie die Entscheidu­ng des Gerichts als angemessen. Der 25-jährige Angeklagte soll nach dem Richterspr­uch zudem 100 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit leisten. Er habe sich der fahrlässig­en Tötung schuldig gemacht, begründete das Amtsgerich­t Tiergarten das Urteil.

„Das zu schnelle Fahren war ursächlich für den Tod des Fußgängers“, sagte der Richter. Der Angeklagte sei im März 2019 mit bis zu 82 Kilometern pro Stunde auf der

Chausseest­raße in Berlin-Mitte unterwegs gewesen und habe den Fußgänger erfasst, als dieser die Fahrbahn überqueren wollte. Der 25-Jährige sei genervt gewesen und habe das Gaspedal durchgedrü­ckt, so der Richter. „Solche Emotionen haben im Straßenver­kehr nichts zu tun.“Der Unfall wäre bei Einhaltung der dort zulässigen Höchstgesc­hwindigkei­t von 50 Kilometern pro Stunde vermeidbar gewesen. Der Passant wurde gegen die Frontschei­be und dann in den Gegenverke­hr geschleude­rt. Er erlag eine Woche später seinen schweren Verletzung­en.

Der Angeklagte, der Sozialleis­tungen bezieht, saß damals am Steuer eines 455 PS starken Wagens. Das Auto habe ihm ein Freund geliehen, hatte er zu Prozessbeg­inn erklärt. Er sei „kein passionier­ter Raser, sondern ein Mensch, der zu schnell gefahren ist“, so der Angeklagte. Er sei an dem Tag „gestresst“gewesen, sagte er kurz vor dem Urteil. Was geschehen ist, tue ihm sehr leid. Er sei in Therapie und frage sich immer wieder, wie es zu dem Unfall kommen konnte. Die Mutter des Opfers, die als Nebenkläge­rin am Prozess teilnahm, hatte im Rahmen der Plädoyers

das Wort ergriffen. Sie könnten nun „zumindest juristisch abschließe­n“, so die Mutter, die in Begleitung einer ihrer Töchter dort war. Ein Fehlverhal­ten ihres Sohnes habe nicht vorgelegen, meinte Stephanie Bruges-von Pfuel.

Der Nebenklage-Anwalt sagte, bei dem Angeklagte­n deute „vieles auf ein eingeschli­ffenes Muster hin“. Die Staatsanwa­ltschaft hatte auf acht Monate Haft auf Bewährung plädiert. „Allein das unverantwo­rtliche und viel zu schnelle Fahren hat zu dem dramatisch­en Ereignis geführt“, so der Ankläger. Ein sogenannte­s Augenblick­sversagen liege nicht vor. Bei der Höhe der Strafe sei zu berücksich­tigen, dass der Angeklagte „eine Art Geständnis“abgelegt habe.

Die Nebenklage stellte keinen konkreten Antrag. Der Verteidige­r sprach sich für eine Geldstrafe aus. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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Foto: C. Gateau, dpa Die Mutter des Opfers: Stephanie Gräfin Bruges‰von Pfuel.

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