Wer ist die Älteste im ganzen Land?
In Augsburg lebt Europas betagtester Elefant. Mit 66 Jahren ist Targa ein Phänomen, sagen Experten und Expertinnen. Sie ist aber nicht das einzige Tier, das einen Rekord hält
München/Augsburg Denkt man an richtig alte Tiere, fallen einem direkt Riesenschildkröten ein. Badewannengroße Reptilien, die mit ihrer schwerfälligen Anmut über Sand kriechen und dabei den Eindruck erwecken, als hätten die vergangenen hundert Jahre bei ihnen kaum Spuren hinterlassen. So zum Beispiel Joe, eine der Aldabra-Riesenschildkröten im Münchner Tierpark. Wie alt Joe genau ist, wissen die Tierpflegerinnen und -pfleger zwar nicht, dazu fehlen die Aufzeichnungen, „wir schätzen ihn aber auf 160 Jahre“, sagt Tierpark-Sprecher Dennis Späth. Damit sei er sogar im besten Alter.
Bis zu 250 Jahre alt kann eine Riesenschildkröte werden und theoretisch bis zuletzt für Nachkommen sorgen. Joe hat das Deutsche Kaiserreich und zwei Weltkriege überlebt. Seit 70 Jahren ist die etwa 180 Kilo schwere Schildkröte in Hellabrunn. Der von extremer Langsamkeit geprägte Alltag einer Riesenschildkröte hat Gründe: Als wechselwarmes Tier hat sie einen ans Klima angepassten Stoffwechsel. 35 Grad im Tropenhaus ist Joes Wohlfühltemperatur. Und die Riesenschildkröten sind im Vergleich zu anderen Reptilien sehr groß und schwer, weshalb sie mit ihrer Energie gut haushalten müssen. Weil sie in freier Wildbahn unter ihren Artgenossen weit verstreut sind und sich nur selten paaren, benötigen die Kolosse aus evolutionärer Sicht eine umso längere Lebensdauer, um nicht auszusterben.
Schildkröten hat zwar auch der Nürnberger Tiergarten, allerdings werden die dort vertretenen europäischen Exemplare weit weniger alt als Joe und seine Artgenossen aus der Landeshauptstadt. Doch auch in Franken gibt es einen Rekord: Ein für Primatenaffen äußerst altes Tier ist in Nürnberg mit 65 Jahren das Weißhandgibbon-Weibchen Mädi. Sie sei die älteste weltweit, sagt ZooSprecherin Nicola Mögel. „Natürlich sind wir stolz auf derlei Superlative.“Das lasse vor allem auf die guten Bedingungen im Gehege schließen, sagt sie. Weißhandgibbons werden in freier Wildbahn etwa 40 Jahre alt.
Einen Rekord hat auch der Augsburger Zoo aufgestellt. Dort ist die älteste Elefantendame Europas beherbergt, die 66-jährige Targa. Geboren in Indien, kam sie 1987 über Osnabrück nach Augsburg. Heute lebt Targa mit zwei weiteren Elefanten im Zoo, ihre langjährige Wegbegleiterin Burma ist im Juni 2021 mit 53 Jahren gestorben. Deren Tod hat das äußerst soziale Tier schwer mitgenommen, sagte der Zookurator kürzlich unserer Redaktion. Das zeigt sich nicht nur daran, dass die betagte Elefantendame nicht ins nur ein paar Meter entfernte neue Elefantenhaus ziehen wollte – zumindest bis vor kurzem. Denn da sei sie von selbst ins neue Gehege marschiert. Die Elefantendame ist also auch im hohen Alter noch für Änderungen offen. Das gilt auch für die Auswahl der Gefährtinnen. Denn während ihrer Trauerphase hatte Targa den Kontakt zu den Elefantinnen Frosja und Louise gemieden, das hat sich nun geändert. Ihre Trauer scheint sie also erst mal überwunden zu haben.
Zoo-Direktorin Barbara Jantschke erzählt, Targa sei trotz ihres hohen Alters noch sehr fit. Ihre Lieblingsbeschäftigungen sind: „Sich mit Sand bewerfen, den Pflegern das
Werkzeug klauen und natürlich fressen.“Targas Leibgerichte sind Bananen, Brötchen und frisches Laub. Normalerweise liegt die Lebenserwartung der Asiatischen Elefanten bei ungefähr 50 Jahren.
Einen Spitzenplatz in Sachen Alter nimmt auch Trude ein. Das Nanduweibchen zählt mir seinen 28 Jahren zu den ältesten in Europa, deutschlandweit ist es sogar die Nummer eins. Ob des fortgeschrittenen Alters ist Trude auch nicht mehr so gut zu Fuß, zutraulich zeigt sich der Laufvogel dennoch.
Etwas älter als Trude und für ihre Art ebenfalls in einem stolzen Alter von 40 Jahren ist Braunbärin Elli aus dem Straubinger Tierpark. Sie ist bereits dort geboren worden. Normalerweise liegt die Lebenserwartung von Braunbären in der Wildnis bei 20 bis maximal 30 Jahren. An kühlen Tagen sei sie mehr unterwegs, denn die Wärme vertrage sie gar nicht mehr so gut. „Am liebsten isst sie Kirschen und mal ein süßes Honigbrot“, erzählt TiergartenKurator Ludwig Fischer. Mit den anderen drei jungen Männchen könne sie aber wegen ihres hohen Alters nicht vergesellschaftet werden.