Beziehungsstreit wird mit Fäusten ausgetragen
Das Amtsgericht verurteilt einen gewalttätigen Pfleger zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung plus Geldstrafe
Vor der Wohnungstüre steht der „Ex“, in der Wohnung steht ihr aktueller Partner und werdender Vater eines weiteren Kindes. Die Männer geraten in Streit, der Angeklagte „kickt“den Geschädigten die Treppe hinunter. Jetzt wurde der Täter vor dem Augsburger Amtsgericht zu einer Bewährungs-Freiheitsstrafe von einem Jahr sowie einer Geldauflage von 2000 Euro verurteilt.
Oktober 2020: Der 31-jährige Geschädigte, Baggerfahrer von Beruf, will seinen Sohn in der Wohnung seiner ehemaligen Partnerin zu einem vereinbarten Zoo-Besuch abholen. Er klingelt, hinter der Mutter erscheint in der Wohnungstüre der momentane Lebensgefährte der Frau, der 29-jährige Angeklagte.
Beruflich arbeitet er als stellvertretender Bereichsleiter eines Pflegeheims. Beide Männer beginnen zu diskutieren. Nach Meinung des Geschädigten habe sich der Angeklagte wie so oft ungefragt in Angelegenheiten zwischen ihm, seiner ehemaligen Freundin und dem gemeinsamen Sohn eingemischt. Nachdem ihn der Angeklagte auf seine achtjährige Erfahrung als Thai-Boxer hingewiesen hat, tritt der 29-Jährige dem Baggerfahrer mit dem Fuß gegen den Kopf.
Der 31-Jährige stürzt einige Stufen das Treppenhaus nach unten, verletzt sich dabei. Der Geschädigte berappelt sich, wie er es Richterin Rita Greser beschreibt, steigt wieder hinauf und fragt, ob das alles gewesen sei. War es nicht, umgehend bezieht er weitere Faustschläge auf den Kopf und ins Gesicht.
Was dann bei der Aufnahme des Sachverhalts durch die Polizei folgt, erfährt ein ausdrückliches Lob der Richterin.
Die Kindsmutter „eiert nicht rum“, sondern schildert dort – offensichtlich nicht einverstanden mit dem Vorgehen ihres aktuellen Partners – dessen Schläge gegen ihren Ex. Angesichts der Sachlage liegt es nahe, dass Verteidiger Moritz Bode um ein Rechtsgespräch bittet, um auszuloten, welche Vergünstigung für seinen Mandanten im Falle eines Geständnisses möglich ist. Zwischen zwölf und 16 Monaten Freiheitsstrafe vereinbaren die Richterin, die Staatsanwältin und der Verteidiger als Rahmen, aussetzbar zur Bewährung, plus eine 2000-Euro-Geldauflage.
Der Angeklagte akzeptiert die Verfahrensverständigung und lässt vom Anwalt sein Geständnis vortragen. Dementsprechend sei es bei dem Zusammentreffen der beiden Männer bei aggressiver Stimmung zu besagtem Streit gekommen. Mit seinen Tritten und Schlägen habe er zweifellos überreagiert, was sein Mandant bedauere.
Während Staatsanwältin Julia Egermann eine Freiheitsstrafe von 14 Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung fordert, plädiert Rechtsanwalt Bode auf eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr. Bode nennt die positive Sozialprognose für seinen Mandanten - er habe Arbeit und Wohnsitz, eine Partnerin und werde demnächst Vater - als Begründung dafür, dass die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Die Staatsanwältin hatte angeführt, dass die Tat stattfand, als der Angeklagte noch wegen fortgesetzten Fahrens ohne Führerschein unter Bewährung gestanden habe.
Richterin Greser verurteilt den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, die sie auf Bewährung aussetzt. Man müsse von Glück reden, dass bei der Attacke nichts Schlimmeres passiert sei. Als Bewährungsauflage setzt sie eine Geldbuße in Höhe von 2000 Euro für den Hospizverein Albatros fest, die der Angeklagte in Raten abbezahlen darf. Weil das Urteil auf einer Verständigung beruht, kann es frühestens eine Woche später rechtskräftig werden.
Ob das das letzte Wort ist? Der Geschädigte 31-Jährige kündigte an, wegen anhaltender gesundheitlicher Einschränkungen nach der Verurteilung Zivilklage erheben zu wollen.