Augsburg ist bereit für afghanische Ortskräfte
In den vergangenen Monaten kamen mehr asylsuchende Afghanen nach Augsburg. Jüngst ausgeflogene Personen sind bislang noch nicht unter ihnen. In den städtischen und staatlichen Unterkünften gäbe es freie Plätze
Wolfgang Taubert ist bereit. Seit Jahren kümmert sich der Projektkoordinator Sport und Integration des Freiwilligen-Zentrums Augsburg um geflüchtete Menschen. Sobald die ersten afghanischen Ortskräfte und ihre Familien, die derzeit durch die Bundesrepublik aus ihrem Land ausgeflogen werden, nach Augsburg kommen, will er ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Doch bislang sind noch keine Ortskräfte hier angekommen. Stadt und Regierung von Schwaben haben noch keine Erkenntnisse, wie viele Personen Augsburg zugeteilt werden. Es gibt derzeit aber Kapazitäten für eine Aufnahme in den Augsburger Unterkünften.
Dass sich die Lage in Afghanistan zugespitzt hat, machte sich bereits in den vergangenen Monaten in den bayerischen Anker-Zentren bemerkbar. Die Anzahl der geflüchteten Menschen aus Afghanistan nahm zu. Deshalb wurde im Juli auf eine wöchentliche Rotation zwischen den drei bayerischen Anker-Einrichtungen umgestellt: In Schwaben kamen im Juli 154 und im August bislang 70 afghanische Asylbewerber an. „In den Monaten zuvor waren wir für das Herkunftsland Afghanistan nicht zuständig“, teilt Karl-Heinz Meyer, Sprecher der Regierung von Schwaben, auf Anfrage mit. Für Dienstag wurde der Regierung von Schwaben die Ankunft von afghanischen Ortskräften angekündigt. Bislang sei aber niemand in den Übergangswohnheimen eingetroffen, so Meyer. Platz wäre in den Augsburger Einrichtungen aber vorhanden.
In Augsburg werden geflüchtete Menschen in städtischen und staatlichen Unterkünften untergebracht. Im Stadtgebiet zählt die Regierung von Schwaben neben den Einrichtungen des Anker-Zentrums – ein Behördenzentrum sowie vier Unterkunftsdependancen – derzeit elf Gemeinschaftsunterkünfte für die Unterbringung von Asylbewerbern. Anfang der Woche befanden sich in den Anker-Einrichtungen 459, in den Gemeinschaftsunterkünften 597 Personen. Insgesamt sind in den genannten Gemeinschaftsunterkünften – bezogen auf die tatsächliche Bettenkapazität – 215 Plätze frei, so Regierungssprecher Meyer.
In den städtischen Unterkünften für Geflüchtete sind derzeit etwa 700
Personen untergebracht – rund 80 Plätze seien frei. Die Stadt hat 47 Gebäude und Gebäudeteile unterschiedlicher Größe an 33 Standorten angemietet, die über das gesamte Stadtgebiet verteilt sind. „Die Zahl der Unterkünfte ist derzeit etwas reduziert, weil durch die Pandemie Unterkünfte vorsorglich für den Fall von Quarantäne-Maßnahmen freigehalten werden müssen“, informiert Sozialreferent Martin Schenkelberg (CSU).
Grundsätzlich wird aber zwischen Asylbewerbern aus Afghanistan und ehemaligen afghanischen Ortskräften unterschieden. So nimmt der Freistaat bereits seit 2013 im Rahmen des Ortskräfteverfahrens Menschen aus Afghanistan auf, die zugleich eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Meyer: „Ihre Unterbringung erfolgt in staatlichen Übergangswohnheimen, bis sie eine eigene Wohnung beziehen. Allein seit Juli 2021 wurden rund 300 ehemalige Ortskräfte in Bayern aufgenommen.“Aktuell zählt die Regierung von Schwaben elf Übergangswohnheime in Schwaben. Durch die angespannte Lage hat sich vieles verändert – wenig kann vorhergesehen werden. Bisher hätten die afghanischen Ortskräfte ihre Ausreise selbst organisiert und sind selbstständig in die Bundesrepublik eingereist, aktuell reisten sie mit Evakuierungsflügen an. Wie viele nach Deutschland ausreisen könnten und dann letztlich Augsburg zugeteilt werden, ist nicht bekannt.
Für afghanische Ortskräfte, die mittels der Evakuierungsflüge in die Bundesrepublik einreisen, werde gegebenenfalls eine Erstaufnahme erforderlich. „Für eine Erstunterbringung stehen prinzipiell auch die bayerischen Anker mit den dazugehörigen Unterkunftsdependancen als Erstaufnahmeeinrichtungen zur Verfügung“, so Regierungssprecher
Karl-Heinz Meyer. Sobald Ortskräfte aus Afghanistan in Augsburg ankommen, will sich Wolfgang Taubert einbringen. Er hat dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder in den vergangenen Tagen einen Brief geschrieben und darüber informiert. „Da wir hier in Augsburg über eine sehr gut funktionierende Ankereinrichtung verfügen, werden Menschen auch bei uns wieder eine neue Heimat finden. Und da wir uns seit Jahren erfolgreich um sie kümmern, bieten wir an, dass sie über uns in die Vereine integriert werden – denn dort lernen sie am schnellsten die Sprache, Regeln, Organisation und demokratische Abläufe“, schrieb er. Vereinsleben gebe geflüchteten Menschen Halt, weiß Taubert. Dort könnten sie sich besonders schnell integrieren.
Von welchen Faktoren es abhängt, wie viele Afghanen überhaupt nach Augsburg kommen könnten, erklärt Sozialreferent Schenkelberg. Demnach treffe der Freistaat die Entscheidung über die Belegung von staatlichen und auch städtischen Unterkünften. Dabei spielten auch Kriterien wie die Erfüllung der Quote nach dem Königsteiner Schlüssel eine Rolle. Schenkelberg: „Getrennt davon ist zu betrachten, dass Oberbürgermeisterin Eva Weber gegenüber Bund und Freistaat im Namen der Stadt Augsburg die Bereitschaft zur Aufnahme von Geflüchteten direkt durch die Stadt Augsburg angeboten hat.“OB Weber habe dabei eine entsprechende Erklärung bekräftigt, die von der Stadt im September 2020 nach dem Brand im Flüchtlingslager Moria in Griechenland abgegeben wurde. „Damals wurde die humanitäre Aufnahme von 20 Personen angeboten, von denen bisher vier Person aufgenommen wurden“, sagt Schenkelberg.