Angriff auf Polizisten
1200 Euro Geldstrafe muss ein junger Mann zahlen. Der 28-Jährige landete in Augsburg vor Gericht, weil er nach einer Taschenkontrolle in einem Supermarkt ausgerastet ist
1200 Euro Geldstrafe muss ein junger Mann zahlen. Der 28-Jährige landete in Augsburg vor Gericht, weil er nach einer Taschenkontrolle ausgerastet ist.»Lokales
Landkreis Augsburg 1200 Euro Geldstrafe - so lautet das Urteil gegen einen 28-jährigen Angeklagten, der mehrere Angestellte und zwei Polizisten in einem Supermarkt im südlichen Landkreis massiv beleidigt hatte. Überflüssigerweise, denn der Mann sollte sich nur in die Tasche schauen lassen, er hatte aber nichts Unbezahltes eingesteckt. Stattdessen wurde er ausfallend.
Mitte Februar in dem Supermarkt: Der 28-jährige Kfz-Mechaniker und Musiker legt einige Waren aus seinem Korb auf das Kassenband. Die Kassiererin sieht bei dem Mann einen voll bepackten Rucksack und will hineinschauen, ob sich Waren aus ihrem Laden darin befinden. Stattdessen bekommt sie einen ersten Schwall von Beschimpfungen vom Angeklagten, der beteuert, alles, was im Rucksack ist, zuvor bei einem anderen Supermarkt gekauft zu haben.
Die Kassiererin ruft nach dem Marktleiter, dem es nicht anders ergeht als der Frau. Eine Schimpftirade ertönt, begleitet von Rassismusvorwürfen, weil man ihn, den Asylbewerber aus Nigeria, als Ladendieb verdächtige. Der Marktleiter berichtet im Zeugenstand, er habe auf der Taschenkontrolle beharrt und dazu die Polizei gerufen, weil er selbst die Taschen gegen den Willen des Beschuldigten nicht habe kontrollieren dürfen.
Im Pausenraum des Supermarktes bekommen dann auch die beiden Polizisten ihre Beleidigungen ab. Der Rucksack des 28-Jährigen wird durchsucht, es finden sich keine unbezahlten Artikel aus dem Markt. Als sie den wegen seiner Aggressivität zuvor gefesselten Angeklagten wieder freilassen und ihm vor dem Laden einen Platzverweis erteilen, wirft der Angeklagte den Polizisten eine Packung Eier und eine Tüte Mehl vor die Füße. Und er habe sich die Maske vom Gesicht gezogen und versucht, den Polizisten ins Gesicht zu spucken, so einer der Beamten im Zeugenstand.
Auf Englisch habe der Angeklagte gedroht, die Polizeiinspektion und den Supermarkt „zu zerstören“. Eigentlich ein Beispiel dafür, jemanden zu Boden zu bringen und zu fesseln, so der Beamte, bevor man ihn mit aufs Revier nehme. Aber davon habe man abgesehen, nachdem die Polizeimaßnahme schon mehrere Umstehende angelockt habe, die bereits eifrig Handyfilme gedreht hätten. Eine Passantin, die sich ohne Kenntnis der Vorgeschichte für den Angeklagten ins Zeug gelegt habe, habe die Polizei des Platzes verwiesen. Der Beamte äußert vor Richterin Greser seinen Unmut auch gegenüber der Staatsanwaltschaft. Einen Straftäter, der angekündigt ein Polizeirevier und einen Supermarkt zu zerstören oder anzuzünden, habe man nach zwei Stunden Arrest laufen lassen sollen. Das habe er nicht verstanden.
Vor Gericht zeigt sich der im südlichen Landkreis wohnende Angeklagte, der ohne Verteidiger erschienen ist, uneinsichtig. Ja, er habe die Kassiererin als „Hure“(Whore) betitelt, aber er habe nichts gestohlen. Sowohl die Kassiererin als auch der Marktleiter und der Polizist hätten im Zeugenstand gelogen – zumindest teilweise. In seinem letzten Wort fordert der Angeklagte, Deutschland solle ihn in Ruhe lassen. Er habe unter Stress gestanden, sein Körper habe anders gehandelt, als er selbst das gewollt habe.
Staatsanwalt Michael Reif hatte zuvor die Beleidigung in zwei Fällen als erwiesen angesehen, sowohl durch das Teilgeständnis des Angeklagten als auch durch die Zeugenaussagen. Er akzeptiere beim Angeklagten eine gewisse Verärgerung darüber, dass er zu Unrecht als Ladendieb verdächtigt worden sei, aber es stehe den Verantwortlichen im Laden zu, volle Taschen zu kontrollieren. Und dann sei festzustellen, dass der Angeklagte es mit seinen Bürgerpflichten nicht allzu streng zu nehmen scheine. Nach einer Verurteilung wegen Schwarzfahrens und einer solchen wegen Widerstands gegen Polizisten stehe er jetzt erneut vor Gericht.
Der Staatsanwalt forderte eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten, die noch zur Bewährung ausgesetzt werden könne, sowie 80 Sohabe, zialstunden. So weit wollte Richterin Greser in ihrem Urteil nicht gehen. Vor einer Freiheitsstrafe stehe zunächst eine höhere Geldstrafe, entsprechend verurteilte sie den Angeklagten zu einem Bußgeld von 1200 Euro wegen Beleidigung. Auch die Richterin zeigte Verständnis für den Ärger des Angeklagten über die Taschenkontrolle, aber die Reaktion des Angeklagten darauf sei nicht zu rechtfertigen.
Vor dem Gerichtssaal überkommt es den 28-Jährigen erneut: Offensichtlich schimpfend schleudert er seinen Rucksack und seine Jacke auf den Boden und hockt sich daneben, gerade so, als wolle er im Strafjustizzentrum verweilen. Erst nach mehreren Minuten lässt er sich von zwei Justizbeamten dazu bewegen, nach Hause zu fahren.