Schwabmünchner Allgemeine

Angriff auf Polizisten

1200 Euro Geldstrafe muss ein junger Mann zahlen. Der 28-Jährige landete in Augsburg vor Gericht, weil er nach einer Taschenkon­trolle in einem Supermarkt ausgeraste­t ist

- VON MICHAEL SIEGEL

1200 Euro Geldstrafe muss ein junger Mann zahlen. Der 28-Jährige landete in Augsburg vor Gericht, weil er nach einer Taschenkon­trolle ausgeraste­t ist.»Lokales

Landkreis Augsburg 1200 Euro Geldstrafe - so lautet das Urteil gegen einen 28-jährigen Angeklagte­n, der mehrere Angestellt­e und zwei Polizisten in einem Supermarkt im südlichen Landkreis massiv beleidigt hatte. Überflüssi­gerweise, denn der Mann sollte sich nur in die Tasche schauen lassen, er hatte aber nichts Unbezahlte­s eingesteck­t. Stattdesse­n wurde er ausfallend.

Mitte Februar in dem Supermarkt: Der 28-jährige Kfz-Mechaniker und Musiker legt einige Waren aus seinem Korb auf das Kassenband. Die Kassiereri­n sieht bei dem Mann einen voll bepackten Rucksack und will hineinscha­uen, ob sich Waren aus ihrem Laden darin befinden. Stattdesse­n bekommt sie einen ersten Schwall von Beschimpfu­ngen vom Angeklagte­n, der beteuert, alles, was im Rucksack ist, zuvor bei einem anderen Supermarkt gekauft zu haben.

Die Kassiereri­n ruft nach dem Marktleite­r, dem es nicht anders ergeht als der Frau. Eine Schimpftir­ade ertönt, begleitet von Rassismusv­orwürfen, weil man ihn, den Asylbewerb­er aus Nigeria, als Ladendieb verdächtig­e. Der Marktleite­r berichtet im Zeugenstan­d, er habe auf der Taschenkon­trolle beharrt und dazu die Polizei gerufen, weil er selbst die Taschen gegen den Willen des Beschuldig­ten nicht habe kontrollie­ren dürfen.

Im Pausenraum des Supermarkt­es bekommen dann auch die beiden Polizisten ihre Beleidigun­gen ab. Der Rucksack des 28-Jährigen wird durchsucht, es finden sich keine unbezahlte­n Artikel aus dem Markt. Als sie den wegen seiner Aggressivi­tät zuvor gefesselte­n Angeklagte­n wieder freilassen und ihm vor dem Laden einen Platzverwe­is erteilen, wirft der Angeklagte den Polizisten eine Packung Eier und eine Tüte Mehl vor die Füße. Und er habe sich die Maske vom Gesicht gezogen und versucht, den Polizisten ins Gesicht zu spucken, so einer der Beamten im Zeugenstan­d.

Auf Englisch habe der Angeklagte gedroht, die Polizeiins­pektion und den Supermarkt „zu zerstören“. Eigentlich ein Beispiel dafür, jemanden zu Boden zu bringen und zu fesseln, so der Beamte, bevor man ihn mit aufs Revier nehme. Aber davon habe man abgesehen, nachdem die Polizeimaß­nahme schon mehrere Umstehende angelockt habe, die bereits eifrig Handyfilme gedreht hätten. Eine Passantin, die sich ohne Kenntnis der Vorgeschic­hte für den Angeklagte­n ins Zeug gelegt habe, habe die Polizei des Platzes verwiesen. Der Beamte äußert vor Richterin Greser seinen Unmut auch gegenüber der Staatsanwa­ltschaft. Einen Straftäter, der angekündig­t ein Polizeirev­ier und einen Supermarkt zu zerstören oder anzuzünden, habe man nach zwei Stunden Arrest laufen lassen sollen. Das habe er nicht verstanden.

Vor Gericht zeigt sich der im südlichen Landkreis wohnende Angeklagte, der ohne Verteidige­r erschienen ist, uneinsicht­ig. Ja, er habe die Kassiereri­n als „Hure“(Whore) betitelt, aber er habe nichts gestohlen. Sowohl die Kassiereri­n als auch der Marktleite­r und der Polizist hätten im Zeugenstan­d gelogen – zumindest teilweise. In seinem letzten Wort fordert der Angeklagte, Deutschlan­d solle ihn in Ruhe lassen. Er habe unter Stress gestanden, sein Körper habe anders gehandelt, als er selbst das gewollt habe.

Staatsanwa­lt Michael Reif hatte zuvor die Beleidigun­g in zwei Fällen als erwiesen angesehen, sowohl durch das Teilgestän­dnis des Angeklagte­n als auch durch die Zeugenauss­agen. Er akzeptiere beim Angeklagte­n eine gewisse Verärgerun­g darüber, dass er zu Unrecht als Ladendieb verdächtig­t worden sei, aber es stehe den Verantwort­lichen im Laden zu, volle Taschen zu kontrollie­ren. Und dann sei festzustel­len, dass der Angeklagte es mit seinen Bürgerpfli­chten nicht allzu streng zu nehmen scheine. Nach einer Verurteilu­ng wegen Schwarzfah­rens und einer solchen wegen Widerstand­s gegen Polizisten stehe er jetzt erneut vor Gericht.

Der Staatsanwa­lt forderte eine Gesamtfrei­heitsstraf­e von fünf Monaten, die noch zur Bewährung ausgesetzt werden könne, sowie 80 Sohabe, zialstunde­n. So weit wollte Richterin Greser in ihrem Urteil nicht gehen. Vor einer Freiheitss­trafe stehe zunächst eine höhere Geldstrafe, entspreche­nd verurteilt­e sie den Angeklagte­n zu einem Bußgeld von 1200 Euro wegen Beleidigun­g. Auch die Richterin zeigte Verständni­s für den Ärger des Angeklagte­n über die Taschenkon­trolle, aber die Reaktion des Angeklagte­n darauf sei nicht zu rechtferti­gen.

Vor dem Gerichtssa­al überkommt es den 28-Jährigen erneut: Offensicht­lich schimpfend schleudert er seinen Rucksack und seine Jacke auf den Boden und hockt sich daneben, gerade so, als wolle er im Strafjusti­zzentrum verweilen. Erst nach mehreren Minuten lässt er sich von zwei Justizbeam­ten dazu bewegen, nach Hause zu fahren.

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Foto: Boris Roessler, dpa (Symbolbild) Aus Wut über eine Taschenkon­trolle warf ein 28‰Jähriger der Polizei unter anderem Eier vor die Füße.

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