Schwabmünchner Allgemeine

„Als ich zwei Beine hatte, war ich faul“

Der Kampf mit einem Nilpferd kostete den Südafrikan­er Philip Coates-Palgrave fast das Leben. Nun ist er als Bogenschüt­ze einer der ältesten Debütanten in Tokio

- VON FELIX LILL BEZIRKSLIG­A SÜD VOM MITTWOCH TSV Haunstette­n – VfL Kaufering 0:3 Tore Zuschauer Türk. Königsbrun­n – Vikt. Augsburg 4:0 Tore Zuschauer TV Bad Grönenbach – TV Erkheim 3:4 Tore Zuschauer FC Heimerting­en – TSV Bobingen 2:1 Tore Zuschauer F

Tokio Wenn Philip Coates-Palgrave auf sein Leben zurückblic­kt, beschreibt er sich selbst so: „Als ich zwei Beine hatte, war ich ein fauler Typ, völlig unnütz.“Ein Sportler sei er nie gewesen. „Aber eines Tages fand ich, dass das jetzt genug war. Vor fünf Jahren hab ich dann entschiede­n, dass ich zu den Paralympic­s will.“Der Südafrikan­er erzählt dies mit einer Ruhe, als wäre völlig klar, dass es sich um einen Entschluss handelt, den man nur treffen muss, dann würde es schon gelingen. Auf einem der kurioseste­n Wege, der wohl je zur größten Behinderte­nsportvera­nstaltung der Welt geführt hat, trifft dies sogar auf eine Weise zu. Schließlic­h tritt Coates-Palgrave nicht etwa wie andere Athleten in einer Disziplin an, die er zu seiner persönlich­en Erfüllung erhebt. Er spricht auch nicht von einer natürliche­n Affinität zu seinem Sport. Der Mann ist verblüffen­d pragmatisc­h vorgegange­n. Mit Mitte 40 suchte er sich einen Sport raus, in dem es möglich schien, sich in seinem schon hohen Alter noch zu qualifizie­ren.

Es müsste also eine Disziplin sein, bei der es nicht auf körperlich­e Explosivit­ät oder Ausdauer auskäme. Und eine, in der das Leistungsn­izumindest in der Breite noch nicht derart hoch wäre, dass nur Athleten mit Trainingse­rfahrungen von Kindesjahr­en an zu den Besten zählen können. Als Philip CoatesPalg­rave in seinem Heimatland auf einen Bogenschüt­zen traf, der ihm Training anbot, entschied er sich fürs Bogenschie­ßen. Mit 50 Jahren gehört der Südafrikan­er nun wohl zu den ältesten Debütanten, die es bei den Spielen je gegeben hat.

Chancen auf eine Medaille hat Philip CoatesPalg­rave wohl kaum. Im Teilnehmer­feld sind sieben vorige paralympis­che Medailleng­ewinner. „Aber beim Bogenschie­ßen trittst du nicht gegen andere an“, sagt der eher unerfahren­e Athlet. „Du trittst gegen dich selbst an.“

Es ist nicht das Einzige, was zunächst verblüffen­d klingt, wenn der 50-Jährige über seine viel jüngere Konkurrenz spricht. Die ganze Geschichte von Philip Coates-Palgrave ist so verrückt und unwahrsche­inlich, dass man sie zuerst nicht glauben mag. Denn lange vor seiner späten Entscheidu­ng, doch noch Athlet werden zu wollen, hatte der Typ mit bereits grauen Haaren ein einschneid­endes Erlebnis, das eigentlich mit dem Tod hätte enden müssen. „Ich dachte schon, er erledigt mich“, sagte Coates-Palgrave diese Tage in Tokio. Im Jahr 1995, als der damals nach eigenen Angaben noch unsportlic­he Mann als Guide in Simbabwe arbeitete, fuhr er Touristen auf einem Kanu durch den Fluss Sambesi. Plötzlich kollidiert­e er mit einem Nilpferd, das daraufhin zur Oberfläche schreckte und den Fahrer angriff. Coates-Palgrave wurde ins Wasser gerissen, kämpfte gegen das schnelle und kräftige Tier, versuchte, es von seinen Fahrgästen im Boot fernzuhalt­en.

Ungefähr drei Minuten hielt die Agonie an. „Ich trat zweimal zu. Aber dann merkte ich, dass ich keine Chance hab.“Trotz seiner Verteidigu­ngsversuch­e blieb CoatesPalg­rave ruhig. „Wenn du so runtergeri­ssen wirst, wirkt es, als wärst du in einer riesigen Waschmasch­ine. Du musst dich hingeben und darauf vertrauen, dass du irgendwann wieder an die Oberfläche kommen wirst.“Als das Nilpferd ihn trat, habe es sich angefühlt wie bei einem vorigen traumatisc­hen Erlebnis, als Coates-Palgrave einmal von den riesigen Victoriafä­llen runtergeri­ssen wurde. Und dann wollte er aufgeben. „Ich stand dieser Kraft gegenveau über, gegen die ich nichts auszusetze­n hatte. Als ich das merkte, hörte ich auf, noch etwas zu versuchen.“Philip Coates-Palgrave hielt die Luft an, in der diffusen Hoffnung, er würde doch noch an die Wasserober­fläche gelangen. Und, weil sich auf diese Weise diverse Muskeln besser entspannte­n. „Das Nilpferd dachte dann, es hätte mich getötet. Und dann ließ es mich ziehen.“

Als er wieder aufs Boot gezogen wurde, war Philip Coates-Palgrave noch lange nicht gerettet. 25 Stunden lang dauerte eine eilige Fahrt zum nächsten Krankenhau­s in Simbabwes Hauptstadt Harare. Dort blieb er monatelang in chirurgisc­her Behandlung, bis schließlic­h das linke Bein amputiert wurde. Danach folgte eine langwierig­e Genese, körperlich und mental. Irgendwann war der Überlebend­e dann so weit zu entscheide­n, dass es im Leben nie zu spät ist für eine Veränderun­g. Er gab sich dem Sport hin.

Bei seinem paralympis­chen Debüt diesen Freitag ist Philip Coates Palgrave ein bisschen nervös, gibt er zu. „Es wird ein harter Wettkampf. Ich versuche die ganze Zeit, meine Emotionen unter Kontrolle zu haben und ruhig zu bleiben.“Wobei genau das die Fähigkeite­n sind, die ihn schon in einer viel brenzliger­en Situation gerettet haben. (0:1) 0:1 Bonfert (23.), 0:2 Schestak (48.), 0:3 Yilmaz (84./Eigentor) 80

(2:0) 1:0 Dogan (9.), 2:0 Nam (29.), 3:0 Demir (48.), 4:0 Drexler (54./Eigentor) 80

(2:3) 0:1 Krogler (2.), 0:2 Krogler (18./Foulelfme‰ ter), 1:2 Einsiedler (24.), 1:3 Krogler (26./Foulelf‰ meter), 2:3 Myrta (40.), 2:4 Krogler (73.), 3:4 Myrta (78.) 300

(0:0) 1:0 Schlander (59.), 1:1 Krist (65.), 2:1 Ben‰ sadoun (77.) 110

(1:2) 1:0 Maier (18.), 1:1 Franke (42.), 1:2 Maier (45.+1), 2:2 Bonauer (45.+2/Handelfmet­er), 2:3 Franke (60.), 3:3 Königbauer (75.), 3:4 Franke (80.) Lazic (78./Neugablonz) 150 -

1:0 Zeche (90./Foulelfmet­er) Hamwi (36./Kaufbeuren) 150 -

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Coates‰Palgrave

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