Keine Spur von Amadeus
Wolfram Oettl präsentierte alte und neue Musik für Hammerflügel
Eng ist das musikalische Augsburg mit dem Hammerflügel verbunden: Hohes Ansehen gewann der Augsburger Andreas Stein (1728–1792), der den Silbermann’schen Instrumentaltyp perfektionierte, sodass das expressive wie variable Klangbild des Steinflügels die Musikwelt noch heute begeisterte. So pflegte W. A. Mozart engen Kontakt zu, ja musizierte mit Andreas Stein und bevorzugte dieses feinfühlige Instrument als Wiener Flügel.
Wolfram Oettl spielte nicht Augsburgs Trumpf aus, sondern setzte auf die norddeutsche Karte, eine Dulcken-Rekonstruktion des Hammerflügels erklang, C.P.E., der Hamburger Bach, rückte in den Fokus, Mozart in die Ferne. Sein Programm zielte darauf ab, das 18./19. Jahrhundert mit Zeitgenössischem als Pendant zu verbinden, riss also nicht alle Brücken hinter sich ab.
So verwiesen die „Tre sonate galanti“des Augsburger Markus Schmitt ebenso auf C.P.E. Bachs h-Moll-Sonate wie auf Scarlatti. „Carillon“spiegelte Bachs Larghetto-Gesanglichkeit, die aber unter die Räder eines grandiosen Uhrund Glockenwerks kam, als zermalme sie der Zeitgeist. „Omaggio a C.P.E“wurde zur Reverenz vor diesem „Klopstock der Töne“, Bachs sprechenden Ausdruck griff Schmitt auf; mitunter kapriziös wechselten die Stimmungslagen, brachen sich quicklebendig ihre Bahn. Die h-Moll-Sonate stand ganz im Zeichen von Bachs expressivem Klavierstil, Oettl ließ hier den Dulckenflügel förmlich aufblühen, eindringlich, obertonreich sein Pianogesang,
die Mollmitte des Andantes lastete nicht schwer, sondern gewann oft arabeskenhaft Kontur; Seriosität entfaltete selbst der unterhaltsame Allegretto-Beginn, Menuette waren schließlich in Hamburg verpönt. In den fünf Scarlatti-Sonaten akzentuierte Oettl den Spielwitz, als käme Scarlatti gerade unbekümmert, sorglos von draußen. Spieltechnisch sehr abwechslungsreich, virtuos die Kniffe, geschwind im Zeitmaß, kühn in den Kontrasten, ja farbenfroh steckte Scarlatti voller Leben und fühlte sich auf dem Hammerklavier sichtlich wohl.
Grenzwertig war die Gegenüberstellung zwischen Beethovens Kopfsatz der Hammerklaviersonate und Bernhard Langs „Hammer“, einer Monadologie auf dieses Riesenopus’. Dabei zerlegt Lang Beethoven in nicht mehr auflösbare kleinste
Gegenüber von Beethoven und Bernhard Lang
Ureinheiten (Leibniz) und gewinnt so neues Ausgangsmaterial. Ein Mal stieß Oettl im diffizilen Allegro an seine spieltechnischen Grenzen; darüber hinaus war das Dulcken-Instrument diesen imposanten Akkordballungen, dem Oktavenhagel, diesem Impetus und Furor klanglich nicht immer gewachsen.
Beethovens große Geste und sein markantes Profil kamen so nicht voll zur Geltung. Lang berauschte sich in drei Sätzen an Beethovens Monaden, als betriebe er voller Aufwallung eine Demontage und Neuschöpfung zugleich. Das zeitigte Klangresultate, die nicht jedermann teilen muss.