Ein verfallenes Baudenkmal wird zum Hotel
Jahrzehntelang war das denkmalgeschützte Harterhaus in der Maximilianstraße in schlechtem Zustand. Nach der Sanierung will der neue Besitzer dort unter anderem ein Hotel eröffnen
Es ist ein schmales, unauffälliges Haus am Eingang zur Wintergasse. Jahrelang waren die Fenster im Erdgeschoss mit Brettern vernagelt, die meisten Passanten nahmen das Gebäude beim Vorbeigehen gar nicht erst wahr. Das soll sich nun ändern: Mitte nächsten Jahres eröffnet hier ein Hotel mit 16 Zimmern, ins Erdgeschoss zieht ein Restaurant. Hausbesitzer Michael Meißler und Hotelbetreiber Heiko Grote haben mit beidem Besonderes vor, schließlich handelt es sich auch um ein historisch außergewöhnliches Bauwerk.
Die Geschichte des sogenannten Harterhauses geht mindestens bis ins 15. Jahrhundert zurück, allein über hundert Jahre lang war es das Zunfthaus der Kramer, der Augsburger Händler. 1563 ging es in den Besitz von Bürgermeister Hieronymus Harter über, der es Ende des 16. Jahrhunderts von Elias Holl umbauen ließ. Der Stadtbaumeister, der nach einem Venedig-Aufenthalt unter dem Eindruck der italienischen Baukunst stand, fügte dem Haus eine Schreibstube sowie einen Laubengang hinzu, spektakulär ist auch die opulente Stuckdecke im zweiten Stock. All diese Elemente sind bis heute erhalten, sie waren nur jahrzehntelang nicht mehr zu sehen. In der Vergangenheit erstreckte sich das Harterhaus übrigens bis hinunter zum Hunoldsgraben, wo es einen Wirtschaftshof samt Stallungen gab. Heute sind die beiden Gebäudeteile getrennt, das Haus im Hunoldsgraben beherbergt Wohnungen und ein indisches Restaurant.
Michael Meißler, der das Baudenkmal vor mehr als einem Jahr erstand, hat viel Zeit, Mühe und Geld in die Sanierung gesteckt. Zur Altstadt hin hatte sich das Haus um mehrere Zentimeter gesenkt, wovon die schrägen Decken einiger Zimmer zeugen. Schon unter den Vorbesitzern war die Statik laut Meißler durch Mikropfähle und Stützmauern gesichert worden. Dem neuen Besitzer blieb dennoch genügend zu tun. Meißler ließ die Stuckdecke im zweiten Stock wieder freilegen, deren Konturen während der letzten Jahrhunderte unter über 40 Farbschichten nahezu verschwunden waren. Der frei liegende Arkadenhof zur Altstadt hin soll erhalten bleiben, wird aber durch ein Glasdach vor der Witterung geschützt, sodass dort künftig eine Art Freiluftgastronomie möglich sein wird. Die alten Holztüren mit ihren schweren Eisenbeschlägen, die auf dem Dachboden lagerten, werden restauriert und als Türen für die Hotelzimmer wieder eingebaut.
Meißler hat ein Faible für historische Häuser und Erfahrung mit Sanierungen. Beim Harterhaus war und ist er in enger Abstimmung mit den Denkmalschützern. „Ich möchte so viel wie möglich von der alten Substanz erhalten und das Gebäude auch wieder der Öffentlichkeit zugänglich machen.“Einen Partner hat Meißler, der gegenüber das Einrichtungshaus „Stilmanufaktur“betreibt, in Heiko Grote gefunden.
Der geschäftsführende Gesellschafter der G&S Hotelbetriebs GmbH will im Harterhaus ein exklusives Hotel mit 16 Zimmern und ein Restaurant eröffnen. Der Pachtvertrag mit Meißler läuft über 20 Jahre.
Was die Zimmerausstattung des Hotels betrifft, bewege man sich laut Grote im Fünf-Sterne-Bereich, auch wenn diese offizielle Klassifizierung nicht im Namen auftauchen wird, da der Betreiber dafür zum Beispiel durchgehend warme Küche sowie einen Wellness-Bereich bieten müsste. Die Möblierung der Zimmer übernimmt Meißler mit hochwertigen Möbeln, die es in der Stilmanufaktur gegenüber zu kaufen gibt. Das Hotel wird damit quasi zum ausgelagerten Showroom für Hästens-Betten und andere, exklusive Marken.
Weil jedes Zimmer anders geschnitten ist, wird auch jedes anders aussehen: „Wir müssen auf die baulichen Gegebenheiten Rücksicht nehmen“, sagt Meißler. So verläuft durch ein Zimmer nicht nur ein Kamin, sondern auch die Decke des Treppenaufgangs, andere Zimmer liegen entlang des Innenhofs mit seinen Arkaden und zeichnen sich durch eine Abfolge mehrerer, kleinerer Räume aus. Zum Teil wird es frei stehende Badewannen in den Zimmern geben, die Decken sind teilweise mit Stuck verziert. Preislich siedelt Grote sein Boutique-Hotel eher im oberen Segment an: „Dort, wo man im Maximilian’s aufhört, fangen wir an.“
Im zweiten Stock, unter der prächtigen Stuckdecke, soll sich künftig die Rezeption des Hotels befinden. Grote und Meißler können sich vorstellen, zumindest nach Anmeldung auch Führungen durch das Harterhaus zuzulassen, damit das historische Gebäude auch für die Bürgerinnen und Bürger zugänglich wird, die nicht im Hotel übernachten.
Ergänzt wird das Hotel durch ein öffentliches Restaurant im Erdgeschoss des Harterhauses, das architektonisch durch sein Gewölbe heraussticht. Die Küche, sagt Grote, wird gehoben sein, als Partner hat er ein Team gefunden, das auch aus dem Fernsehen bekannt sei, Grote spricht von eurasischer Küche. Mehr will er allerdings erst verraten, wenn die Verträge unterzeichnet sind.
Grote betreibt in Augsburg bereits neun Hotels, darunter das Arthotel Ana Living am Vorderen Lech, das Arthotel Ana Style in Haunstetten und das Super 8 by Windham in der Eichleitnerstraße. Mitte September eröffnet zudem das Hotel „Maison Viktoria“nahe des Augsburger Hauptbahnhofs. Obwohl zuletzt mehrere Hotels in Augsburg entstanden, sieht Grote den Markt gegeben: „Die Stadt gibt einiges her, man muss als Anbieter nur seine Nische finden.“