Perspektivlosigkeit belastet Clubs
Keine Disco, keine Party: Seit anderthalb Jahren sind Nachtclubs in Bayern geschlossen. Bisher ist keine Öffnung in Sicht. Was macht das mit den Vergnügungsstätten im Landkreis?
Landkreis Augsburg Im März 2020 mussten Nachtclubs wegen Corona ihre Türen schließen. Heute, anderthalb Jahre später, sind Tanzflächen immer noch leer, Musikanlagen still und Partylichter ausgeschaltet – in Bayern zumindest. In vielen anderen Bundesländern, wie Hessen oder Berlin, durften Diskotheken mittlerweile unter Auflagen etwa ihre Außenbereiche öffnen. Im Freistaat hält die Landesregierung weiterhin an der Schließung von Nachtclubs und Diskotheken fest. Wie geht es den Clubs im Landkreis Augsburg damit? Wie kommen sie über die Runden?
Seit 527 Tagen hat das PM in Untermeitingen geschlossen – Inhaber Stefan Egger hat mitgezählt. Dem PM gehe es dennoch den Umständen entsprechend gut, erklärt er. Egger betreibt seit Dezember 2020 ein Corona-Schnelltestzentrum in seiner Diskothek und hat vor rund zwei Monaten einen Strand-Biergarten auf dem Parkplatz eröffnet. „Es nützt nichts zu jammern. Man muss sich durchkämpfen“, sagt der Österreicher, der das PM seit 20 Jahren betreibt.
Egger erhält staatliche Hilfen, die 75 Prozent seiner Fixkosten, wie Miete und Personal, abdecken. „Es kam spät und mit viel Bürokratie, aber es kam. Der Staat hat sein Wort gehalten“, sagt er. Die anderen 25 Prozent der Fixkosten versucht er mit dem Testzentrum und dem Strandbiergarten aufzufangen. „So ist das eben als Unternehmer, es gibt bessere und schlechtere Jahre.“
Was ihn jedoch ärgert, ist die Perspektivlosigkeit und das Warten auf Ansagen der Regierung, wie es weitergeht. „Ich möchte meinen Barkeepern, meinen Reinigungskräften sagen, dass es zum Beispiel in zwei Monaten weitergeht. Aber eine solche Perspektive bekommen wir nicht.“Ministerpräsident Markus Söder hat für diese Woche eine neue Infektionsschutzverordnung angekündigt, die dann auch eine Perspektive für die Diskotheken bieten soll.
So wie Stefan Egger wollte auch Karlo Droll seine Disco Rainbow in der Schwabmünchner Bahnhofstraße während des Lockdowns nicht leer stehen sehen. Ein Anlass für den 71-Jährigen, das 40 Jahre alte Rainbow aufzugeben oder in den Ruhestand zu gehen, war Corona nicht. Droll machte sich im April 2020 auf zum Landratsamt und wandelte seine Disco offiziell zu einer Musikkneipe mit Biergarten um.
Mit dem neuen Konzept als Schankwirtschaft musste das Rainbow nur insgesamt acht Monate geschlossen bleiben. In dieser Zeit halfen Droll staatliche Hilfen und Erspartes,
über die Runden zu kommen. Nach Corona wieder zum Nachtclub zu werden schließt er aber aus: „Die Musikkneipe kommt bei den Leuten gut an.“Und dort will er so lange hinter der Theke stehen, wie es seine Gesundheit zulässt.
In der Gersthofer Sound Factory kam Corona zu einem besonders unZeitpunkt: Erst Anfang März 2020 übernahm Zeljko Maslac mit seinem Bruder und einem Partner den Nachtclub. Nur einen Samstagabend hatte die Sound Factory offen, bevor der Club schließen musste. „Das hat natürlich einen faden Beigeschmack“, sagt Zeljko Maslac, „aber es konnte ja keiner wissen, was kommt.“Mit eigenem Geld und staatlicher Unterstützung bewältigt Maslac zurzeit die fünfstellige Miete der Sound Factory.
Neben dem finanziellen Aspekt belastet Maslac vor allem, nicht arbeiten zu dürfen: „Das ist zermürbend“, sagt er. Auch ihn betrüben die Perspektivlosigkeit und der Fakt, dass in vielen Nachbarländern Deutschlands und auch seiner Heimat, dem Balkan, Nachtclubs bereits wieder öffnen durften. Bereut hat er die Übernahme der Sound Factory trotzdem nicht. Die vergankurzerhand genen anderthalb Jahre hat Maslac kreativ genutzt und ein neues Konzept für die Öffnung entwickelt: verschiedene Musikstile, Konzerte, ein neues Logo.
Robert Walz, Inhaber des Königsbrunner Amados, plagen vor allem Geldsorgen. „Finanziell ist es eine ganz klare Katastrophe“, sagt er. Die staatlichen Hilfen, für die er sich sehr dankbar zeigt, seien angekommen, aber schleppend. Damit das Amados über die Runden kommt, muss er in die eigene Tasche greifen: Walz steckt jeden Monat einen Teil seines Gehalts von seinem zweiten Standbein als Prüfingenieur für Kfz-Werkstätten in den Club. „Ohne das würden wir es nicht schaffen“, sagt er.
Die geschlossenen Veranstaltungen, für die Walz den Club zurzeit vermietet, seien finanziell nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Er hatte es mit einer Auto-Disco verglücklichen sucht, diese sei aber nicht angenommen worden. Bei einer Strandbar gab es Probleme mit der Genehmigung der Öffnungszeiten. Was ist also seine Perspektive für das Amados? Schließen? Walz sagt: „Wir sind gezwungen weiterzumachen.“2019 hat er noch in Licht- und Tontechnik und eine zweite Tanzfläche im Keller investiert. „Aber nüchtern betrachtet: Wenn wir bis Ende Oktober oder November nicht öffnen dürfen und uns die kommende Saison auch noch flöten geht, dann ist so gut wie Schluss.“
Von der Idee, mit Hygienemaßnahmen zu feiern, hält Walz nicht viel. „Das funktioniert nicht. Auch, wenn ich selber davon betroffen bin, war ich immer dafür, dass Clubs und Diskotheken schließen. Mit so einem Betrieb haben wir auch eine gesellschaftliche Verantwortung“, sagt er. „Tanzen mit Abstand und Maske geht nicht.“
Die Sound Factory hatte nach dem Betreiberwechsel nur einen Samstag geöffnet