Das fordern die Weltverbesserer aus Langweid
Im umgebauten Bahnhof in Langweid trifft sich der Stammtisch der Weltverbesserer. Den Männern und Frauen geht es vor allem um ein zentrales Thema. Wir haben mit ihnen über ihre politischen Forderungen gesprochen
Langweid In Langweid gibt es einen Stammtisch mit Menschen, die sich Weltverbesserer nennen. Der Name sagt schon, worum es der Gruppe geht: Wie kann die Welt, und vor allem die Umwelt, ein Stückchen besser gemacht werden, vor allem mit Blick auf die kommenden Generationen? Es sind eher junge Leute, die im zum Café und Bioladen umgebauten Bahnhof regelmäßig zum Austausch zusammenkommen. Wir haben bei einem Besuch mit den Männern und Frauen darüber gesprochen, was sie sich von den Bundespolitikern, die im Herbst gewählt werden, erwarten.
Wer denkt, an dem Stammtisch auf eine Ansammlung von Grünen zu treffen, irrt sich. Es ist eine bunt gemischte Gruppe. Der Vorsitzende und Geschäftsführer des Buch7-Kulturbahnhofs, Benedikt Gleich, sitzt beispielsweise für die CSU im Gemeinderat Langweid. Mit ihm im Gremium ist auch Carl Köhne, der die Grünen vertritt. Ungefähr 15 Leute kommen, wenn nicht gerade Sommerferien oder Corona-Lockdown ist, zu dem Austausch in dem Bistro des Bahnhofs zusammen.
Die 27-jährige Anna Hillenmeyer macht gleich zu Beginn des Treffens klar, dass es ihr um „die großen Themen“und hier vor allem um den Umweltschutz gehe. Sie sorge sich auch in jungen Jahren schon um die Rente, und daher sei es wichtig, sich rechtzeitig damit zu beschäftigen. „Früher oder später betrifft es jeden“, sagt Hillenmeyer. Auch nach Ansicht von Benedikt Gleich werden zurzeit „wichtige Weichen gestellt“. Ihm macht vor allem der Klimawandel Sorgen. „Ich frage mich schon, ob unsere Kinder noch in diesem Wohlstand leben werden“, sagt der Familienvater. Er betont aber immer wieder, dass es ihm nicht darum gehe, Freiheiten einzu„Lieber alles teurer machen“, findet der Langweider.
Seine Ehefrau, Carmen Gleich, stört, dass in Deutschland viele Dinge zu kompliziert und bürokratisch sind. Gerade kleinere Initiativen, wie die vom Kulturbahnhof Langweid, hätten es besonders schwer. Beispiel: Die Gruppe wolle eine Wiese in der Nachbarschaft erwerschränken. ben und darauf einen Spielplatz, Trimm-dich-Parcours und Barfußpfad errichten. Doch die Auflagen, zum Beispiel zum Lärmschutz, seien hoch. „Wenn man schon was Schönes für den ganzen Ort machen möchte, laugt einen die Bürokratie oft aus“, berichtet Benedikt Gleich. Es müsse leichter werden, die Welt zu verbessern, sagt seine Frau. Das Ehepaar hat einen konkreten Wunsch als Unterstützung: Es sollte in den Ämtern so etwas wie einen Coach für ehrenamtliche Projekte geben.
Carl Köhne ist nicht nur grüner Gemeinderat, sondern auch Geografie-Lehrer am Diedorfer Gymnasium. Er fordert, dass Deutschland beim Klimaschutz „mit Mut vorangehen“sollte. Konkret heißt das für ihn: eine Pflicht zu Photovoltaikanlagen auf Neubauten. Sukzessive könnte man in Deutschland Photovoltaik auf 90 Prozent der Dächer erreichen, ist Köhne überzeugt. Auch eine Umstellung bei der Mobilität ist seiner Ansicht nach wichtig, unter anderem mit einer noch stärkeren Förderung der E-Autos. Der Konsum von Fleisch aus der Massentierhaltung ist für Lea Gonsoir ein wichtiges Thema. Sie findet, man müsste in der Politik den Menschen mehr vermitteln, dass Verzicht nichts Negatives sein müsse. Man müsste auch die Wahrheit darüber sagen, was die „wahren Kosten der Fleischproduktion“seien. Gonsoir stört das Kurzfristige in der Politik. „Man darf nicht für vier Jahre, sondern für 40 Jahre denken.“
Gleich stimmt zu, dass in dem Preis für Fleisch die Folgekosten für die Umwelt einberechnet werden müssten. Er fordert, dass die neue Bundesregierung die Haltungsstufen eins und zwei im Sinne des Tierwohls verbieten sollte. Lea Gonsoir fand den Vorschlag eines Veggiedays gar nicht so schlecht. „Das war aber schlechte PR.“Es gehe darum, die guten vegetarischen Alternativen aufzuzeigen. Im Kulturbahnhof gebe es zum Beispiel einen leckeren Cashew-Blackbean-Burger. Gonsoir: „Es geht nicht ums Verbieten, sondern ums Anpreisen.“
Beim Thema, wie viel Freiheit erlaubt und wie viele Verbote nötig sind, gibt es unterschiedliche Ansichten am Stammtisch. Nach Ansicht von Köhne braucht es „eine mutige Regierung, die nicht alles regelt“. Anna Hillenmeyer findet hingegen, dass man die Menschen beim Umweltschutz und Tierwohl durchaus zu manchen Dingen zwingen müsste. Als Beispiele nennt sie das Tempolimit auf der Autobahn.
Gleich hingegen ist gegen einen „Bemutterungsstaat“, der alles vorschreibt. Verbote seien nur die letzte Option. Am fehlenden Wissen könne es in unserem Land nicht liegen, findet Köhne. „Wir haben einen Staat, in dem viel aufgeklärt wird.“Auch über den Umgang mit den sozialen Medien werde in Schulen inzwischen gelehrt. Einig sind sich die Stammtischteilnehmer, dass der Klimaschutz in den vergangenen Jahren unter Merkel verschlafen wurde. Köhne: „Deutschland hat hier gut angefangen mit den erneuerbaren Energien, dann aber wieder nachgelassen.“Er denkt, dass die Politik befürchtet habe, den Leuten werde es zu teuer. Bettina Bulbuck vom Bahnhofsteam hat eine klare Meinung zur bevorstehenden Bundestagswahl: „Eine Partei, die den Klimaschutz nicht ernst nimmt, ist bei mir durchgefallen.“Damit war zum Schluss des Treffens noch einmal klipp und klar, welches Anliegen an diesem Stammtisch die größte Rolle spielt.
Serie Unsere Redaktion besucht vor der Bundestagswahl Stammtische, um mit den Menschen über die Themen zu re den, die sie politisch bewegen.