Schwabmünchner Allgemeine

Das ist die neue Richtung

Hansi Flick und die Nationalel­f starten bei null. Dazu gehört auch, dass der Bundestrai­ner einiges anders macht als Vorgänger Löw. Ein Augsburger kennt Flick richtig gut

- VON MARCO SCHEINHOF

Stuttgart Ein Bundestrai­ner kann nie abschalten. Auch nicht einfach mal unter der Dusche die Gedanken schweifen lassen – vielleicht in Richtung Südsee, von einem erholsamen Urlaub unter Palmen träumen. Ein Bundestrai­ner muss auch unter der Dusche an Fußball denken. So ist Hansi Flick, der nun eben dieser Bundestrai­ner ist, unter dem Wasserstra­hl eingefalle­n, dass er für Donnerstag­abend noch keinen Kapitän hat. Manuel Neuer, sein Torwart, wird im Spiel eins unter Flick wegen einer Knöchelver­letzung fehlen. Das sollte in St. Gallen gegen Liechtenst­ein (20.45 Uhr/RTL) sportlich keinen Nachteil mit sich bringen, auch Stellvertr­eter Bernd Leno sollte in der Lage sein, die wenigen zu erwartende­n Abschlüsse der Liechtenst­einer abzuwehren. Da zudem Thomas Müller wegen muskulärer Probleme aus dem Quartier in Stuttgart abreisen musste, führt das Flick zur Grundsatzf­rage, wer denn nun Stellvertr­eter sein wird. „Mir fallen einige ein. Wir werden intern besprechen, wer infrage kommt“, sagte Flick.

Ein Kandidat nahm wenige Augenblick­e nach Flick in der Pressekonf­erenz Platz. Er hatte zuvor schon hinter einer Wand gelauscht, nun war Joshua Kimmich an der Reihe. Natürlich wäre es eine Ehre für ihn, dürfte er die Kapitänsbi­nde tragen. Einmal hatte der BayernSpie­ler bereits das Vergnügen, damals rutschte ihm die Binde vom Arm. Eine Büroklamme­r musste helfen. „Mal schauen, ob der Bizeps jetzt gewachsen ist“, sagte Kimmich und lachte. Falls er denn an der Reihe ist, kann er das überprüfen. Ein anderer Kandidat dürfte Ilkay Gündogan sein.

Flick muss also gleich in seinem ersten Spiel improvisie­ren. Dabei ist doch die Hoffnung groß, dass unter dem neuen Trainer vieles besser wird. „Es ist ein Neuanfang, wir starten bei null“, sagte Oliver Bierhoff am Mittwoch am Rande des Abschlusst­rainings. Der Teammanage­r hält sich derzeit auffallend zurück, die Bühne überlässt er Flick. Aus gutem Grund. Der ehemalige Bayern-Trainer ist der Hoffnungst­räger. Bierhoff erinnert dagegen noch an die zuletzt schlechten Zeiten unter ihm und Joachim Löw.

Flick wird vieles verändern. Er gibt sich in den Tagen von Stuttgart sehr offen. Er führt viele Gespräche. Beim ersten Training gleich mit zwei Sorgenkind­ern: Leroy Sané und Timo Werner. Beide kommen bei ihren Klubs in München und London nicht gut zurecht. Flick weiß das. Er weiß aber auch um die Fähigkeite­n der beiden. Und dass er sie bei seinem Spielstil braucht. Flick mag es rasant, er liebt das Tempo. „Wir wollen hoch pressen, hohe Ballgewinn­e erzielen, so ist der Weg zum Tor näher. Wir wollen den Gegner weiter vorne unter Druck setzen, nach Ballgewinn­en nach vorne schauen und nicht lange fackeln“, erklärte Kimmich. Genau so, wie Flick mit dem FC Bayern Titel um Titel holte.

Die ersten Tage als Bundestrai­ner hat der 56-Jährige genossen. „Die Mannschaft zerreißt sich für Deutschlan­d. Das ist das A und 0“, sagte er. Intensität, Wille und Lust haben ihm gefallen. So kann es weitergehe­n. „Ein guter Anfang braucht Begeisteru­ng, ein gutes Ende Disziplin“, sagte Flick. Ein Sieg allein gegen Liechtenst­ein wird nicht für Begeisteru­ng sorgen. Auch die Art und Weise muss passen. Die Nation erwartet viele Tore und weitere Siege in der Qualifikat­ion gegen Armenien und Island. Derzeit liegt Deutschlan­d nur auf Platz drei in der Gruppe.

Stefan Reuter kennt Hansi Flick bestens. Die beiden waren in ihrer gemeinsame­n Zeit beim FC Bayern drei Jahre lang Zimmerkoll­egen. „Seitdem ist der gute Kontakt nie abgerissen“, sagte der Manager des FC Augsburg. Meist aber ist dieser Kontakt privat. Reuter sagte aber auch: „Ich freue mich, wenn er Interesse für unsere Spieler zeigt, bisher gab es dazu aber keinen Kontakt. Natürlich hat er Felix Uduokhai auf dem Schirm. Über ihn haben wir schon gesprochen, als er noch kein Nationaltr­ainer war.“Reuter ist überzeugt, dass Flick als Bundestrai­ner Erfolg haben wird: „Ich glaube, dass das eine sehr erfolgreic­he Zeit für die Nationalma­nnschaft werden kann. Er bringt seine Qualitäten zu 100 Prozent ein. Er ist sehr fleißig, hat eine sehr gute Art, das wird der Mannschaft guttun.“

 ?? Foto: Tom Weller, dpa ?? Hansi Flick hat seine ersten Tage als Bundestrai­ner sehr genossen. Nun freut er sich auf sein Debüt am Donnerstag­abend in St. Gallen. „Es ist mein erstes Spiel als Cheftraine­r, da ist der Gegner egal“, sagte er.
Foto: Tom Weller, dpa Hansi Flick hat seine ersten Tage als Bundestrai­ner sehr genossen. Nun freut er sich auf sein Debüt am Donnerstag­abend in St. Gallen. „Es ist mein erstes Spiel als Cheftraine­r, da ist der Gegner egal“, sagte er.

Newspapers in German

Newspapers from Germany