Baustelle am neuen Medizincampus steht still
Eine Webcam zeigt, dass auf dem Areal neben der Uniklinik Kräne abgebaut wurden und Arbeiten ruhen. Der Leiter des Staatlichen Bauamtes bestätigt die Kündigung einer Baufirma und erklärt die Hintergründe
Neben dem Augsburger Uniklinikum entsteht ein komplett neuer Medizincampus der Universität. Das Mammutprojekt des Freistaates interessiert viele Menschen, aber nicht jeder kann sich die gigantische Baustelle vor Ort anschauen. Im Internet gibt es eine Webcam, die den Fortschritt der Bauarbeiten im Zeitraffer zeigt. Jeder kann reinschauen. Aufmerksamen Zuschauern ist etwas Ungewöhnliches aufgefallen: Zwei Kräne sind plötzlich verschwunden, und an einem Gebäude tut sich nichts mehr. Was steckt dahinter?
Der neue Medizincampus wird unter der Regie des Staatlichen Bauamtes Augsburg realisiert. Amtsleiter Ulrich Blickle bestätigt auf Anfrage: Ja, es stimmt. Die Baustelle am künftigen Institut für Theoretische Medizin (ITM) steht still, weil die Rohbaufirma die Baustelle verlassen hat. Vor etwa zwei Wochen hat sie die beiden Kräne abgebaut. Deshalb sind sie über die Webcam nicht mehr zu sehen. Das neue ITM soll ein Domizil für Forscher werden. Es wird die vorklinischen Lehrstühle beherbergen, unter anderem auch Labore und Praktikumsflächen. Bislang war vorgesehen, dass es 2024 fertig wird. Jetzt könnte es mit dem Zeitplan eng werden.
Blickle erklärt, warum die Bauarbeiten ruhen. Aus Sicht des Staatlichen Bauamtes hat es schwerwiegende Qualitätsmängel am Rohbau gegeben. Man habe der Rohbaufirma den Auftrag kündigen müssen. Nun wird nach einem anderen Unternehmen gesucht, das diesen Teil fertigstellt. Die Ausschreibung läuft. Blickle rechnet jedoch mit einem Stillstand von mindestens vier Monaten auf der Baustelle.
Für staatliche Bauvorhaben gelten strenge Vorschriften, die solche Probleme eigentlich ausschließen sollen. Aufträge müssen öffentlich ausge
werden. Bei der Vergabe spielt nicht nur der Preis eine Rolle, die Firmen müssen auch ihre Qualifikation und Referenzprojekte nachweisen. „Der Staat muss unterm Strich das wirtschaftlichste Angebot nehmen“, erklärt Blickle. Dies sei auch in diesem Fall so gewesen. Dennoch sei es zu Mängeln gekommen. „Die beauftragte Firma war unserer Meinung nach nicht in der Lage, die geforderte und ausgeschriebene Leistung für das zu errichtende Gebäude in entsprechender Qualität herzustellen.“Er betont jedoch, der Rohbaufirma sei nur der Auftrag für den ITM-Bau gekündigt worden. Am neuen Medienkanal auf dem Medizincampus werde das Unternehmen, das aus Bayern kommt, weiterarbeiten.
Momentan herrscht Bauboom in Augsburg. Viele Unternehmen in der Branche sind ausgebucht. Damit stellt sich die Frage, wie schnell Ersatz für den Rohbau gefunden werden könne und ob die folgenden Gewerke bei Verzögerungen längst auf anderen Baustellen beschäftigt sein würden. Blickle sagt, dass für den ITM-Bau ein neuer Terminplan nötig sein werde. Dennoch sei er optimistisch, dass die nötigen Verschiebungen klappen.
Auf dem Medizincampus entsteht aktuell auch noch ein zweiter Neubau.
Blickle zufolge macht er bislang keine Probleme. Das künftige Lehrgebäude für Studierende soll Raum für moderne Hörsäle, Seminarräume, die Medizinische Bibliothek und das Medizindekanat der Uni bieten. 2023 soll es in Betrieb gehen. Der Rohbau ist inzwischen fast fertig. Er wird von einer anderen Baufirma erstellt. Das Projekt befinde sich in etwa im Zeitplan, heißt es.
Die neue Augsburger Unimedizin gilt als wichtiges Zukunftsprojekt für die Universität und die gesamte Region. Aus den bislang rund 170 Medizinstudierenden sollen stufenweise bis in zehn Jahren 1500 werden. Im Endausbau kommen noch 100 Proschrieben fessoren und über 1000 Mitarbeiter hinzu. All diese Menschen brauchen mehr Raum für Forschung und Lehre. Deshalb gibt es einen straffen Zeitplan, um den neuen Medizincampus zu realisieren. Im ersten Bauabschnitt hat er eine Fläche von 78.000 Quadratmetern. Das sind etwas mehr als zehn Fußballfelder. Eine Erweiterungsfläche von 50.000 Quadratmetern ist vorgesehen. Allein die ersten beiden Bauten kosten zusammen 175 Millionen Euro. In den kommenden Jahren werden zahlreiche weitere Gebäude entstehen, außerdem größere Grün- und Freiflächen, die öffentlich zugänglich sind.