Schwabmünchner Allgemeine

Was die Corona‰Regeln für die Region bedeuten

Eine einschneid­ende Kursänderu­ng hat die Bayerische Landesregi­erung in Sachen Corona beschlosse­n. Wir haben nachgefrag­t, wie sich dies im Landkreis Augsburg auswirken könnte

- VON FELICITAS LACHMAYR, MARCO KEITEL, NORBERT STAUB

Landkreis Die Sieben-Tage-Inzidenz hat als Gradmesser für die Corona-Regeln in Bayern ausgedient. Auch besteht künftig keine Pflicht mehr, beim Einkaufen oder im Bus eine FFP2-Maske zu tragen. Laut der neuen Corona-Verordnung reicht ab 2. September auch eine medizinisc­he Maske (eine Übersicht über die neuen Corona-Regeln in Bayern finden Sie hier). Was aber bedeutet das für Verantwort­liche und Unternehme­r in der Region?

Die Firma Siegmund in Oberottmar­shausen zählt zu den größten Vertreiber­n von FFP2-Masken im Landkreis. Mehr als 100 Millionen Stück hat das Unternehme­n seit Beginn der Pandemie verkauft. „Die neue Regelung hat uns etwas verwundert, da sie zeitgleich mit einem starken Anstieg der Infektione­n einhergeht“, erklärt Bernd Siegmund auf Nachfrage schriftlic­h. Möglicherw­eise würden wahltaktis­che Überlegung­en eine Rolle spielen. Er fürchtet, dass damit lediglich der Kauf von ungeprüfte­n Masken gefördert werde.

Für sein Unternehme­n werde sich mit der neuen Regelung allerdings viel ändern. „Die Anzahl der verkauften FFP2-Masken hat sich etwas reduziert, auf der anderen Seite ist der Verkauf der medizinisc­hen Masken etwas gestiegen“, sagt Siegmund. Denn auch diese vertreibt das Unternehme­n in großen Mengen. Derzeit seien von beiden Maskentype­n ausreichen­de Mengen auf Lager. Grundsätzl­ich gehe der Trend bei den FFP2-Masken Richtung hochwertig­er Masken mit geringem Atemwiders­tand.

Eine weitere Änderung, die die neuen Corona-Regeln vorsehen, betrifft die Inzidenz. Sie soll als Richtwert praktisch abgeschaff­t werden. Stattdesse­n wird die Auslastung der Krankenhäu­ser-Ampel entscheide­nd sein. In den Wertachkli­niken in Bobingen und Schwabmünc­hen sieht man dieser Tatsache mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen.

„Wir finden es gut, dass die Belegungsz­ahlen in den Krankenhäu­sern stärker berücksich­tigt werden, denn das Gesundheit­ssystem muss die Pandemie bewältigen können, und das geht nur, wenn genügend freie Plätze für Covid-Patienten vorhanden sind“, sagt Klinikvors­tand Martin Gösele. Ob die Zahlen, bei denen die Ampel auf Gelb oder Rot springt, die Richtigen sind, könne er nicht beurteilen: „Aber grundsätzl­ich ist es richtig, die Belastung der Kliniken in den Fokus zu rücken.“

Allerdings plädiert Gösele dafür, den Inzidenzwe­rt nicht vollständi­g aus den Augen zu verlieren: „Die Inzidenz bleibt eine wichtige Zahl, denn die Erfahrung hat gezeigt, dass bei steigenden Inzidenzen die Belegungsz­ahlen in den Krankenhäu­sern mit einer Verzögerun­g steigen. Wenn nur noch die Belegung zählt, dann ist das aus meiner Sicht nicht zielführen­d, weil dann die Gefahr besteht, dass man zu spät dran ist und die Kliniken am Ende doch überlastet sein könnten.“

Derzeit ist die Corona-Situation in den Krankenhäu­sern in Schwabmünc­hen und Bobingen aber noch weit von einer Überlastun­g entfernt: In beiden Häusern gibt es drei Intensivpa­tienten, die beatmet werden müssen, und einen CovidFall auf einer normalen Station. Gösele: „Die Zahlen steigen aber wieder und wir beobachten, dass vor allem jüngere Patienten zwinicht schen 30 und 50 Jahren zu uns kommen.“Änderungen bringen die neuen Regeln auch für Klubs und Diskotheke­n: Sie dürfen ab Oktober nach anderthalb Jahren Schließung wieder öffnen. Bedingung ist die 3G-Regel - allerdings reicht in diesem Fall kein Schnelltes­t, sondern Ungeimpfte müssen einen PCR-Test vorlegen.

Stefan Egger vom PM in Untermeiti­ngen hat die Pressekonf­erenz des Ministerpr­äsidenten verfolgt. Seine Euphorie über die Perspektiv­e für Klubs ist allerdings noch gebremst: „Auf den ersten Blick hat es sexy geklungen.“Aber: Der Österreich­er, der das PM seit 20 Jahren betreibt, möchte noch das „Kleingedru­ckte“abwarten. Er hat viele offene Fragen: Wird es eine Maskenpfli­cht geben? Abstandsre­geln? Wie viele Menschen dürfen überhaupt rein? Ist Tanzen erlaubt?

„Eine Diskothek lebt vom Feiern, Flirten und Zusammense­in“, sagt Egger. Zu viele Vorschrift­en sind ein Hindernis. Egger hofft darauf, dass die Regeln einen Betrieb zuließen, der dem Nachtleben aus der Vor-Corona-Zeit nahekommt. Aber egal, wie die Vorschrift­en am Ende aussehen, öffnen will er auf jeden Fall. „Ich bin startklar, das

Team ist bereit. Wir werden das, was in der Verordnung steht, umsetzen.“Um die Musik muss er sich schon mal keine Sorgen machen: „Jeder DJ hat mich angerufen und gesagt: Hey, ich bin geimpft, ich bin dabei!“

Nicht nur in Klubs und Diskos soll es Lockerunge­n geben. Künftig sollen auch wieder Großverans­taltungen möglich sein. Denn die bisherigen Personenob­ergrenzen entfallen. Bei mehr als 1000 Besuchern gilt die 3G-Regel inzidenzun­abhängig, Voraussetz­ung für jede Veranstalt­ung ist ein Hygienekon­zept.

In der Singoldhal­le in Bobingen ändert sich damit vorerst wenig. Wie die Sprecherin der Stadt, EvaMaria Gürpinar mitteilt, finden alle Veranstalt­ungen nach dem bisherigen Hygienekon­zept und dem damit verbundene­n Corona-Saalplan statt. Maßgebend sei der Mindestabs­tand indoor, der auch nach der aktuellen Verordnung gewährleis­tet werden muss. Es gelte weiterhin die Maskenpfli­cht für die gesamte Dauer der Veranstalt­ung. Die Zahl der Plätze sei abhängig von der Veranstalt­ungsart und der Zusammense­tzung der Besucherst­ruktur. In der Regel werde die maximale Kapazität nicht voll ausschöpft.

Die Krankenhäu­ser sind momentan nicht überlastet

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Foto: Silvio Wyszengrad (Symbolbild) Die Firma Siegmund in Oberottmar­shausen verkauft nun weniger FFP2‰Masken und mehr medizinisc­he Masken.

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