Schwabmünchner Allgemeine

Azubis werden händeringe­nd gesucht

Auf einen Auszubilde­nden kommen heute zwei Ausbildung­splätze. Viele Stellen bleiben vor allem im Bau und Handwerk unbesetzt. Wie das zu erklären ist und was Firmen im Landkreis gegen den Fachkräfte­mangel tun

- VON BIANCA DIMARSICO UND FELICITAS LACHMAYR

Landkreis Augsburg Auf jeden Auszubilde­nden kommen in Bayern zwei Ausbildung­splätze. Dies teilte die Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Schwaben mit. Eigentlich hätten die potenziell­en Azubis also eine große Auswahl. Die Suche nach Auszubilde­nden ist für viele Unternehme­n nicht leicht. Immerhin: Die neu eingetrage­nen Ausbildung­sverhältni­sse bei der IHK sind auf demselben Niveau wie im Vorjahr.

In den Regionen Landkreis Augsburg, Augsburg und AichachFri­edberg gibt es laut IHK noch fast 400 offene Ausbildung­sstellen in der Lehrstelle­nbörse der Handelskam­mer. Obwohl das Ausbildung­sjahr offiziell ab September startet, können sich Interessie­rte bei vielen Unternehme­n auch danach bewerben.

Von der Handwerksk­ammer (HWK) Schwaben angebotene Ausbildung­en können noch bis Weihnachte­n begonnen werden. Monika Treutler-Walle, Pressespre­cherin der Handwerksk­ammer, appelliert an die neuen Absolventi­nnen und Absolvente­n, sich nach einer geeigneten Ausbildung umzusehen. „Es ist noch nicht zu spät, sich um einen Ausbildung­splatz zu bemühen“, erklärt sie. Ziel sei es, dass junge Menschen trotz Pandemie und ausfallend­en Jobmessen bei der Suche nach einem Ausbildung­splatz nicht auf der Strecke bleiben. Die HWK empfiehlt Interessie­rten, auf die Betriebe zuzugehen. Mehr denn je sei persönlich­es Engagement gefragt.

444 Ausbildung­splätze wurden nach Auskunft der HWK Schwaben im Landkreis Augsburg besetzt. Zum Vergleich: 2020 gab es 398 neue Ausbildung­sverträge, 2019 waren es 438. Im Vergleich zum Jahr 2019, welches nicht durch die Corona-Pandemie eingeschrä­nkt war, gebe es 2021 in ganz Schwaben bei neu registrier­ten Verträgen ein Minus von zwei Prozent.

Einen hohen Bedarf an Nachwuchsk­räften hätten die Bau- und Ausbauhand­werke, Beton- und Stahlbeton­bauer und -bauerinnen, Anlagenmec­haniker und -mechaniker­innen sowie Fachverkäu­fer und -verkäuferi­nnen. Vielen Handwerksb­etrieben gehen die Fachkräfte aus. „Die Corona-Krise hat in manchen Branchen wie ein Brandbesch­leuniger gewirkt“, sagt auch Nina Reitsam von der IHK Schwaben. Besonders betroffen sei der gewerblich-technische Bereich mit Produktion und Fertigung. Florian Bissinger ist Ausbildung­sleiter bei

Robur MLB in Bobingen. Er sagt: „Wir konnten heuer nicht alle Lehrstelle­n besetzen.“Die Firma bildet im Verbund mit anderen im Industriep­ark ansässigen Firmen aus. Um Azubis zu finden, besteht eine Schulpartn­erschaft mit der Mittelschu­le Bobingen. Doch gerade im Bereich Elektrotec­hnik seien heuer weniger Bewerbunge­n eingegange­n. Bissinger führt das nicht unbedingt auf die Corona-Krise zurück, es gebe jedes Jahr Schwankung­en. Teils scheitere es schon an der Qualität der Bewerbung.

Auch Spenglerme­ister Alexander Lange aus Meitingen sucht seit Längerem eine Spenglerfa­chkraft für seinen Betrieb. Derzeit beschäftig­t er zwei Festangest­ellte und einige Hilfsarbei­ter. „Der Markt ist leer. Spengler ist ein aussterben­der Beruf“, sagt Lange. Deshalb entschloss er sich, dieses Jahr selbst einen Ausbildung­splatz anzubieten. Damit ist er nicht allein. Um dem Fachkräfte­mangel entgegenzu­wirken, haben sich einige Firmen entschloss­en, selbst auszubilde­n. So ist die Zahl an Erstausbil­derbetrieb­en in diesem Jahr erneut deutlich gestiegen.

Lange hatte Glück, denn er konnte seinen Ausbildung­splatz besetzen. Ein junger Mann absolviert­e ein dreimonati­ges Praktikum, das ihm so gefiel, dass er sich für die Ausbildung bewarb und angenommen wurde. Lange ermutigt Inteder ressierte, sich mithilfe von Praktika in verschiede­nen Bereichen auszuprobi­eren. Oft käme man so direkt an einen Ausbildung­splatz.

Auch das Erlebnisba­d Titania in Neusäß sucht derzeit noch Azubis. Einige Bewerbunge­n habe man erhalten, von denen würden aber viele aussortier­t. „Unsere Auszubilde­nden müssen sportlich sein, aber auch ein naturwisse­nschaftlic­hes Interesse haben“, sagt die stellvertr­etende Betriebsle­iterin Petra Voßiek. Sie erklärt sich die niedrigen Bewerbungs­zahlen hauptsächl­ich durch die Pandemie. „Wir waren von den Schließung­en stark betroffen. Da ist die Verunsiche­rung bei potenziell­en Azubis groß“, so Voßiek.

Doch nicht nur die Corona-Krise hat den Fachkräfte­mangel verschärft, auch der demografis­che Wandel trägt dazu bei. Die geburtenst­arken Jahrgänge sind erwachsen. Es gebe zu wenige Schulabgän­ger, um alle Lehrstelle­n zu besetzen, sagt Nina Reitsam von der IHK Schwaben. Zudem würden sich die Anforderun­gen an die Arbeitgebe­r ändern. Neben der Bezahlung spielten auch flexible Arbeitszei­ten sowie die Vereinbark­eit von Familie und Beruf eine immer stärkere Rolle.

Über verschiede­ne Programme versuche die IHK, junge Menschen zu erreichen und Unternehme­n bei der Suche nach Fachkräfte­n zu unterstütz­en, erklärt Reitsam. So würden Schulpartn­erschaften angeboten. Auch die duale Berufsausb­ildung oder Azubi-Scouts, die mit Schülerinn­en und Schülern sprechen und ihnen einen Einblick in die Berufswelt geben, könnten helfen.

Davon profitiere­n die Unternehme­n im Landkreis. Der Kunststoff­hersteller Borscheid + Wenig aus Diedorf unterhält Schulpartn­erschaften und konnte in diesem Jahr alle zehn Ausbildung­splätze besetzen. Im Vorjahr waren es sieben.

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Foto: IG Bau (Symbolbild) Facharbeit­er in der Bauwirtsch­aft zu finden, wird laut einer aktuellen Statistik immer schwierige­r. Viele Ausbildung­splätze blie‰ ben auch im Landkreis Augsburg unbesetzt.

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