Schwabmünchner Allgemeine

So sollten sich Bewohner bei Feuer verhalten

Bei einem Kellerbran­d in einem Augsburger Mehrfamili­enhaus haben Bewohner Momente voller Angst erlebt. Experten sagen, wie man generell in so einer Situation reagieren sollte und wovor man sich nicht fürchten muss

- VON INA MARKS

Ein Kellerbran­d am späten Dienstagab­end in einem Mehrfamili­enhaus in der Sanderstra­ße im Textilvier­tel hat manchen der 31 Bewohner zum Teil in Angst und Panik versetzt. Einige von ihnen flüchteten auch über das Baugerüst, das wegen derzeitige­r Sanierungs­arbeiten um das Haus aufgestell­t ist. Manche aber, die nicht gehfähig waren, konnten sich nicht selbst in Sicherheit bringen. Das Treppenhau­s war verraucht, der Aufzug nicht benutzbar. Für Betroffene scheint so eine Notfallsit­uation oft dramatisch­er, als sie tatsächlic­h ist. Ein Experte erklärt, warum es in der Regel falsch ist, bei einem Brand in einem Mehrfamili­en- oder Hochhaus, zu fliehen und weshalb die eigene Wohnung der sicherste Ort bleibt.

Frank Habermaier war ein gutes Vierteljah­rhundert Chef der Augsburger Berufsfeue­rwehr. Der Initiator und Macher der neuen Feuerwehre­rlebniswel­t im Martini-Park hat viele Brandeinsä­tze erlebt. Das Falscheste bei einem Brand, sagt der 63-Jährige, sei, über ein verrauchte­s Treppenhau­s ins Freie gelangen zu wollen. Zwar wissen die meisten Menschen, dass der hochgiftig­e Brandrauch gefährlich­er ist als das Feuer an sich. Und dennoch begeben sie sich bei der Flucht oft in Gefahr.

„Es gab und gibt immer wieder Feuerwehre­insätze, bei denen Menschen im Treppenhau­s hustend auf dem Boden oder gar ohnmächtig aufgefunde­n werden“, weiß Habermaier und erklärt die Brisanz. „Bei Rauch sieht man im Treppenhau­s nichts, muss deshalb langsamer gehen, die Augen tränen, man hustet, und durch das Einatmen des Rauches wird man schnell ohnmächtig.“Habermaier rät dringend, in den eigenen vier Wänden zu bleiben und die Wohnungstü­r zu schließen. „Wenn der Rauch durch einen Türschlitz durchkommt, diesen mit einem nassen Handtuch abdichten, weitere Türen in der Wohnung schließen, sich ans Fenster stellen und auf sich aufmerksam machen“, so sein Appell. Lehrbuchmä­ßig hatte sich im November vergangene­n Jahres ein Betroffene­r bei einem Hausbrand in Lechhausen verhalten.

Der 59-jährige erzählte damals, dass er nur für einen Bruchteil der Sekunde die Wohnungstü­r geöffnet hatte, um nachzusehe­n, was im

Haus los war. Als er den dicken Qualm im Treppenhau­s registrier­te, schloss er sofort die Tür und ging mit der Taschenlam­pe von Fenster zu Fenster, um die Feuerwehr auf sich aufmerksam zu machen. Er wurde über die Drehleiter in Sicherheit gebracht. „Wenn man in seiner eigenen Bude ist und weiß, dass die Feuerwehr kommt“, meinte er damals recht gelassen gegenüber unserer Redaktion, „was soll da passieren?“Frank Habermaier zufolge ist die Angst, das Feuer könne in die eigene Wohnung kommen, tatsächlic­h meist unbegründe­t.

„Ein Brand kann sich nicht über ein Treppenhau­s ausbreiten, sofern die Sicherheit­sanforderu­ngen eingehalte­n werden und dort nichts Brennbares herumsteht.“Selbst alte

Häuser mit Holztreppe­n seien in der Regel bei Sanierunge­n entspreche­nd nachgerüst­et worden, dass nichts entflammen könne. Zudem hätten Kellerdeck­en und Treppenhau­swände in größeren Häusern vorschrift­smäßig so eine Dicke, dass es mindestens 90 Minuten dauern würde, bis sich ein Feuer durchfress­en könne. „Und wenn die Feuerwehr bis dahin nicht da wäre, hätte man ein ganz anderes Problem“, meint er scherzhaft. Betroffene müssten sich bewusst machen, dass die Feuerwehr innerhalb von zehn Minuten vor Ort sei.

Das Feuer am Dienstag im Textilvier­tel, das laut Polizei vermutlich wegen Lackierarb­eiten im Keller ausgebroch­en war, war letztlich schnell gelöscht. Dass die Anspannung

bei den Helferinne­n und Helfern der Berufsfeue­rwehr und der Freiwillig­en Feuerwehr Pfersee sowie bei den Bewohnerin­nen und Bewohnern davor groß war, ist freilich mehr als verständli­ch. Für die Einsatzkrä­fte, die anfangs nicht wissen, wie viele Menschen sich in einem Haus aufhalten, war dabei auch eines hilfreich, wie Feuerwehrs­precher Friedhelm Bechtel erzählt.

Ein Rollstuhlf­ahrer habe sich bei der Rettungsle­itstelle gemeldet und angegeben, in welcher Wohnung er sich befindet. Letztlich betreute die Feuerwehr in dem Gebäude vier Rollstuhlf­ahrer in deren Wohnungen, bis der Einsatz beendet war. „Es ist wichtig, dass die Menschen bei uns anrufen und uns mitteilen, in welcher Wohnung in welchem

Stockwerk sie sich befinden“, betont Bechtel. Für die Feuerwehr seien diese Informatio­nen eine große Hilfe.

Dass bei einem Brand Angst und Panik mitunter ausbrechen, ist freilich nachvollzi­ehbar. Wer hat schon Routine im Umgang mit Bränden. Diese Urangst vor dem Feuer verbunden mit dem Wunsch nach Flucht, werde man schwer aus den Köpfen der Menschen bringen, glaubt Frank Habermaier. Umso wichtiger sei es, immer wieder für ein richtiges Verhalten zu sensibilis­ieren. In der neuen Feuerwehre­rlebniswel­t übrigens, werde Besucherin­nen und Besuchern anhand von anschaulic­hen Beispielen, vieles im Umgang mit Feuer und im Verhalten bei Bränden erklärt.

 ?? Foto: Christoph Bruder ?? Um die 40 Feuerwehrl­eute waren am Dienstagab­end im Augsburger Textilvier­tel im Einsatz.
Foto: Christoph Bruder Um die 40 Feuerwehrl­eute waren am Dienstagab­end im Augsburger Textilvier­tel im Einsatz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany