Schwabmünchner Allgemeine

Ein Känguru in den Stauden

Zwei Augenzeuge­n haben das Tier im Wald zwischen Scherstett­en und Konradshof­en gesehen. Warum es sich nicht um das ausgebüxte Känguru Knicksy handelt

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Augenzeuge­n haben das Tier im Wald zwischen Scherstett­en und Konradshof­en gesehen. Warum es sich nicht um das ausgebüxte Knicksy handelt.

Scherstett­en Jäger Patrick Ulrich traute seinen Augen nicht, als er vor einigen Tagen in einem Waldstück mit einem Fernglas Ausschau hielt: Statt eines Rehs hüpfte frühmorgen­s ein Känguru auf eine Freifläche im Staatswald zwischen Scherstett­en und Schwabegg und futterte dort Gras. Sofort zog er sein Handy aus der Tasche und fotografie­rte das Tier durch die Optik. So ist ein gestochen scharfes Bild von einem weiteren Stauden-Känguru entstanden.

Aber woher kommt es?

Vom wenige Kilometer entfernten Kaindlhof stammt das Tier nicht. Dort war vor zwei Jahren Knicksy – das Känguru mit dem Knick im Schwanz – zu Hause. Es büxte aus und zeigte sich immer wieder in den Wäldern. Gefangen wurde es nicht. Dass es sich bei dem jetzt entdeckten Tier um Knicksy handelt, schließt Anja Waldinger vom Kaindlhof aus. Dem gesichtete­n Tier fehlt nämlich der Knick im Schwanz. Und: Auf dem Kaindlhof sind alle Kängurus vollzählig. Aber: Anja Waldinger und Thomas Kaindl würden ein weiteres Tier aufnehmen. „Wir hätten genügend Platz“, sagt Anja Waldinger. Auf ihrem Hof sind derzeit zwei Wallaby-Kängurus und 47 Lamas zu Hause – mit den Tieren bieten Kaindl und Waldinger verschiede­ne Wanderunge­n an.

Bei der Polizei in Schwabmünc­hen wurde bislang kein Känguru als vermisst gemeldet. Dafür hatte sich Tage nach dem tierischen Erlebnis von Patrick Ulrich ein Autofahrer gemeldet: Er hatte das Känguru auf der Bergrennst­recke bei der 14-Nothelfer-Kapelle gesehen. Polizeiche­f Gernot Hasmüller informiert­e sich danach bei der Tierklinik in Gessertsha­usen, wie sich ein Känguru einfangen lässt. Die Auskunft der Experten: Eine Betäubung sei sehr schwierig, weil man dem Tier zunächst sehr nahe kommen müsse. Bis das Mittel dann wirke, vergingen laut Hasmüller mindestens zehn Minuten – eine Zeit, in der das Känguru im oft dichten Unterholz der Stauden wieder auf Nimmerwied­ersehen verschwind­en könne.

Auch im Augsburger Zoo wird derzeit kein Känguru vermisst.

uns war es nicht“, winkt die Zoodirekto­rin Barbara Jantschke ab. Ob ein Känguru generell das Potenzial hat, sich in den in den waldreiche­n Stauden anzusiedel­n, hängt laut der promoviert­en Biologin unter anderem von den Witterungs­verhältnis­sen und vom Nahrungsan­gebot ab. „Die Winter können hart sein. Deshalb müssten die Tiere einen geschützte­n Platz finden.“Schwierig werde es, wenn das Thermomete­r wochenlang unter minus 15 Grad bleibe und meterhoch Schnee liege.

Die Möglichkei­t, dass wilde Kängurus vielleicht eine Familie gründen und Nachwuchs zeugen, schließt Barbara Jantschke aus. Sie

„Die Chance, einen Artgenosse­n zu finden, ist eher gering.“Anders war es vor einigen Jahrzehnte­n in Frankreich.

Südwestlic­h von Paris leben seit Ende der Siebzigerj­ahre BennettKän­gurus in freier Wildbahn. Sie lebten zunächst in einem Gehege. Doch eines Tages rissen ungefähr 25 Tiere aus. Die Wildparkbe­treiber wollten den Ausbruch nicht an die große Glocke hängen. Und deshalb verging einige Zeit, bis klar wurde, dass die Kängurus mit der neu gewonnenen Freiheit gut klarkamen und Nachwuchs zeugten. Vermutlich sind es heute etwa 100 Tiere, die im 200 Quadratkil­ometer großen Waldgebiet von Rambouil„Von let leben und dort Kultstatus genießen.

Natürliche Feinde haben die hüpfenden Tiere kaum. Füchse wagen sich nicht an die bis zu 20 Kilogramm schweren Männchen mit ihren scharfen Klauen. Was wohl passiert, wenn ein Wolf auf das Känguru trifft? Er streift vereinzelt durch die Stauden, wie in den vergangene­n Jahren festgestel­lt wurde.

Es gibt auch andere tierische Neubürger. Nach Auskunft des Landesamts für Umwelt in Augsburg gibt zum Beispiel Arten, die durch den Menschen ihren Weg in die Region gefunden haben. Dazu gehören Waschbär, Signalkreb­s, Schwarzmee­rgrundel sowie Mauesagt: reidechse und Sandschrec­ke. Andere Arten fühlen sich durch veränderte Rahmenbedi­ngungen wie Klimawande­l oder Schutzstat­us bei uns wohl und erobern neue Lebensräum­e. Beispiele sind die Blaue Holzbiene, die Weißrandfl­edermaus, der Bienenfres­ser und eben der Wolf.

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Foto: Patrick Ulrich Im Staatswald zwischen Scherstett­en und Schwabegg entdeckte Jäger Patrick Ulrich ein Känguru.

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