Die zehn schlimmsten Fehler bei der Finanzierung
Zinsbindung, Eigenkapital, Verhandlungen – bei der Finanzierung des Traumhauses oder der Traumwohnung gibt es viele Fallstricke. Was Bauherrinnen und Käufer beachten müssen
Die Zinsen von Immobilienkrediten erreichen Rekordtiefs, die Preise von Wohnungen und Häusern steigen: Eine Mischung, die Bauherrinnen und Immobilienkäufer unter Druck setzt. Übereilen sollten sie es mit der dazugehörigen Finanzierung aber nicht, rät Finanzjuristin Susanne Götz von der Verbraucherzentrale Bayern. Wer bei Zinsbindung, Eigenkapital oder Widerrufsfrist Fehler macht, für den kann der Traum vom Eigenheim schnell platzen – und außer horrender Kosten bleibt davon nichts übrig. Diese zehn häufigen Fehler sollten Verbraucherinnen und Verbraucher unbedingt vermeiden.
Fehler 1: Kurze Zinsbindung
Die Zinsbindung sollte möglichst lange sein, rät Götz. So könnten Verbraucherinnen und Verbraucher länger vom derzeit niedrigen Zinsniveau profitieren. In der Regel verlangen Banken für eine längere Zinsbindung einen Aufschlag bei Zins. Inwieweit er in Kauf genommen werden sollte, müsse im Einzelfall abgewogen werden. „Für den Fall, dass die Zinsen weiter sinken, können Verbraucher ohnehin nach zehn Jahren kündigen.“Stiegen sie hingegen in der Zukunft, sei man durch die Zinsbindung länger abgesichert.
Fehler 2: Auf Eventualitäten hoffen
Die Beförderung inklusive Gehaltserhöhung, die doch schon längst hätte kommen sollen? Die Schenkung, auf die man in den nächsten Jahren hofft? Die Gewinne aus Risikokapital, die einen Teil des Darlehens tilgen sollen? Darauf sollte man sich nicht verlassen. Die Finanzjuristin rät: „Bei einer Immobilienfinanzierung darf man sich nicht auf Eventualitäten verlassen.“Denn treten sie doch nicht ein, seien die Folgen dramatisch. Im schlimmsten Fall könnten Schuldner ihre Raten nicht mehr bedienten, der Verlust des Hauses und großer Geldbeträge drohe.
Fehler 3: Geheimniskrämerei
Wenn der Arbeitsplatz verloren geht, der Wechsel in einen schlechter bezahlten Job bevorsteht oder sich die wirtschaftlichen Verhältnisse anderweitig ändern, müssen Schuldnerinnen und Schuldner ihre Bank darüber informieren, mahnt die Verbraucherschützerin. Manche Schuldnerinnen und Schuldner gingen fälschlicherweise davon aus, sie müssten derart tiefe Einblicke in ihre Privatsphäre nicht hinnehmen. Der Darlehensvertrag bringe aber weitgehende Pflichten mit sich. „Die Sorge, die Bank über solche Ereignisse zu informieren könne negative Konsequenzen nach sich ziehen, ist unbegründet. Solange der Schuldner seinen Verpflichtungen nachkommt und die Kreditraten bezahlt, hat er nichts zu befürchten“, betont die Finanzjuristin. Verletzt der Schuldner aber seine Pflichten, könne die Bank im schlimmsten Fall den Vertrag kündigen und den entgangenen Gewinn verlangen. Der belaufe sich oft auf zehntausende Euro.
Fehler 4: Beratungsresistenz
Verbraucher sollten bei der Immobilienfinanzierung Profis zu Rate ziehen. Götz rät dazu, einen unabhängigen Baufinanzierungsmakler zu nutzen. Auch Baufinanzierungsberatungen, wie sie die Verbraucherzentrale anbietet, könnten Orientierung bieten, um Fallstricke zu vermeiden. Erst recht sollten Schuldnerinnen und Schuldner eine Schuldenberatung konsultieren, wenn sie in Schieflage geraten. „Diese Berater haben eigene Ansprechpartner bei den Banken und können mit diesen Lösungen aushandeln, für die der Kreditberater vor Ort gar keine Kompetenz hätte.“
Fehler 5: Auf nur einen Kredit setzen
Ein einziges Darlehen zur Finanzierung des Hauses? Davon rät die Verbraucherschützerin dringend ab. Statt etwa einen einzigen Vertrag mit einem Kreditbetrag von 300000 Euro abzuschließen, sollten Schuldner den Betrag auf mindestens zwei Verträge aufteilen. Das hat der Finanzjuristin nach nur Vorteile: „Das Gesetz sieht vor, dass man zehn Jahre nach vollständigem Darlehensempfang regulär kündigen kann. Ist der Darlehensbetrag auf mehrere Verträge verteilt, kann dieses Recht flexibler genutzt werden.“Auch Förderdarlehen wie die der KfW seien als Ergänzung denkbar, aufgrund der derzeitigen Niedrigzinsen aber nicht in jedem Fall günstiger.
Fehler 6: Zu wenig Eigenkapital
Die niedrigen Zinsen locken manchen Verbraucher in eine Baufinanzierung, dem vom Immobilienkauf nach objektiven Gesichtspunkten eher abzuraten wäre. „Von einem Immobilienkauf ohne Eigenkapital kann ich nur abraten“, sagt Götz. Gerät die Person in eine Schieflage – etwa beim Verlust des Arbeitsplatzes –, sei der Verlust der Immobilie oft kaum abzuwenden. Welchen Anteil an den Gesamtkosten Käuferinnen und Käufer als Eigenkapital mindestens beisteuern sollten, das hänge stark vom Kaufpreis und den persönlichen Umständen ab.
Fehler 7: Veränderungen im Privatleben nicht absichern
Ein weiterer Fehler sei es, einschneidende Ereignisse wie eine Scheidung oder Trennung bei der Baufinanzierung und dem Immobilienkauf nicht zu bedenken, mahnt Götz – gerade angesichts der hohen Scheidungsrate. „Darlehensnehmer sollten schon vor Vertragsschluss eine Vereinbarung mit ihrer Bank für den Fall finden, dass eine der beiden Personen die Immobilie behalten und den Darlehensvertrag allein fortführen möchte.“Ohne eine entsprechende Vereinbarung müsse die Bank es nicht akzeptieren, dass nur noch ein statt zwei Schuldner für die Rückzahlung zur Verfügung stehen.
Fehler 8: Nicht vergleichen
Vor dem ersten Beratungsgespräch sollten Immobilienkäuferinnen und -käufer sich einen Eindruck verschaffen, welche Konditionen sie am Markt erwarten. Dafür bieten sich Vergleichsportale an, rät die Verbraucherschützerin. „Ein Angebot von der Hausbank anzufordern ist sinnvoll, aber nicht ohne Vergleichsangebote einzuholen.“
Fehler 9: Nebenkosten ignorieren
Die Immobilienpreise sind hoch und steigen weiter, aber leider bleibt es nicht dabei. „Zusätzlich fallen etwa zehn Prozent des Preises als Nebenkosten an“, sagt die Finanzjuristin – etwa für die Grunderwerbsteuer, Notarkosten oder eine Grundschuldbestellung. Diese sollten aus dem Eigenkapital bestritten werden.
Fehler 10: Nicht verhandeln
Viele Verbraucherinnen und Verbraucher meinten, sie seien dem Angebot der Bank ausgeliefert, schildert die Finanzjuristin ihre Erfahrung. Das sei nicht der Fall. „In der Regel können die Zinsen, die Dauer der Zinsbindung und andere Regelungen verhandelt werden, besonders wenn noch bessere Angebote vorliegen.“Diese Möglichkeit sollte unbedingt genutzt werden, rät Götz.