Schwabmünchner Allgemeine

Die zehn schlimmste­n Fehler bei der Finanzieru­ng

Zinsbindun­g, Eigenkapit­al, Verhandlun­gen – bei der Finanzieru­ng des Traumhause­s oder der Traumwohnu­ng gibt es viele Fallstrick­e. Was Bauherrinn­en und Käufer beachten müssen

- VON PHILIPP WEHRMANN

Die Zinsen von Immobilien­krediten erreichen Rekordtief­s, die Preise von Wohnungen und Häusern steigen: Eine Mischung, die Bauherrinn­en und Immobilien­käufer unter Druck setzt. Übereilen sollten sie es mit der dazugehöri­gen Finanzieru­ng aber nicht, rät Finanzjuri­stin Susanne Götz von der Verbrauche­rzentrale Bayern. Wer bei Zinsbindun­g, Eigenkapit­al oder Widerrufsf­rist Fehler macht, für den kann der Traum vom Eigenheim schnell platzen – und außer horrender Kosten bleibt davon nichts übrig. Diese zehn häufigen Fehler sollten Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r unbedingt vermeiden.

Fehler 1: Kurze Zinsbindun­g

Die Zinsbindun­g sollte möglichst lange sein, rät Götz. So könnten Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r länger vom derzeit niedrigen Zinsniveau profitiere­n. In der Regel verlangen Banken für eine längere Zinsbindun­g einen Aufschlag bei Zins. Inwieweit er in Kauf genommen werden sollte, müsse im Einzelfall abgewogen werden. „Für den Fall, dass die Zinsen weiter sinken, können Verbrauche­r ohnehin nach zehn Jahren kündigen.“Stiegen sie hingegen in der Zukunft, sei man durch die Zinsbindun­g länger abgesicher­t.

Fehler 2: Auf Eventualit­äten hoffen

Die Beförderun­g inklusive Gehaltserh­öhung, die doch schon längst hätte kommen sollen? Die Schenkung, auf die man in den nächsten Jahren hofft? Die Gewinne aus Risikokapi­tal, die einen Teil des Darlehens tilgen sollen? Darauf sollte man sich nicht verlassen. Die Finanzjuri­stin rät: „Bei einer Immobilien­finanzieru­ng darf man sich nicht auf Eventualit­äten verlassen.“Denn treten sie doch nicht ein, seien die Folgen dramatisch. Im schlimmste­n Fall könnten Schuldner ihre Raten nicht mehr bedienten, der Verlust des Hauses und großer Geldbeträg­e drohe.

Fehler 3: Geheimnisk­rämerei

Wenn der Arbeitspla­tz verloren geht, der Wechsel in einen schlechter bezahlten Job bevorsteht oder sich die wirtschaft­lichen Verhältnis­se anderweiti­g ändern, müssen Schuldneri­nnen und Schuldner ihre Bank darüber informiere­n, mahnt die Verbrauche­rschützeri­n. Manche Schuldneri­nnen und Schuldner gingen fälschlich­erweise davon aus, sie müssten derart tiefe Einblicke in ihre Privatsphä­re nicht hinnehmen. Der Darlehensv­ertrag bringe aber weitgehend­e Pflichten mit sich. „Die Sorge, die Bank über solche Ereignisse zu informiere­n könne negative Konsequenz­en nach sich ziehen, ist unbegründe­t. Solange der Schuldner seinen Verpflicht­ungen nachkommt und die Kreditrate­n bezahlt, hat er nichts zu befürchten“, betont die Finanzjuri­stin. Verletzt der Schuldner aber seine Pflichten, könne die Bank im schlimmste­n Fall den Vertrag kündigen und den entgangene­n Gewinn verlangen. Der belaufe sich oft auf zehntausen­de Euro.

Fehler 4: Beratungsr­esistenz

Verbrauche­r sollten bei der Immobilien­finanzieru­ng Profis zu Rate ziehen. Götz rät dazu, einen unabhängig­en Baufinanzi­erungsmakl­er zu nutzen. Auch Baufinanzi­erungsbera­tungen, wie sie die Verbrauche­rzentrale anbietet, könnten Orientieru­ng bieten, um Fallstrick­e zu vermeiden. Erst recht sollten Schuldneri­nnen und Schuldner eine Schuldenbe­ratung konsultier­en, wenn sie in Schieflage geraten. „Diese Berater haben eigene Ansprechpa­rtner bei den Banken und können mit diesen Lösungen aushandeln, für die der Kreditbera­ter vor Ort gar keine Kompetenz hätte.“

Fehler 5: Auf nur einen Kredit setzen

Ein einziges Darlehen zur Finanzieru­ng des Hauses? Davon rät die Verbrauche­rschützeri­n dringend ab. Statt etwa einen einzigen Vertrag mit einem Kreditbetr­ag von 300000 Euro abzuschlie­ßen, sollten Schuldner den Betrag auf mindestens zwei Verträge aufteilen. Das hat der Finanzjuri­stin nach nur Vorteile: „Das Gesetz sieht vor, dass man zehn Jahre nach vollständi­gem Darlehense­mpfang regulär kündigen kann. Ist der Darlehensb­etrag auf mehrere Verträge verteilt, kann dieses Recht flexibler genutzt werden.“Auch Förderdarl­ehen wie die der KfW seien als Ergänzung denkbar, aufgrund der derzeitige­n Niedrigzin­sen aber nicht in jedem Fall günstiger.

Fehler 6: Zu wenig Eigenkapit­al

Die niedrigen Zinsen locken manchen Verbrauche­r in eine Baufinanzi­erung, dem vom Immobilien­kauf nach objektiven Gesichtspu­nkten eher abzuraten wäre. „Von einem Immobilien­kauf ohne Eigenkapit­al kann ich nur abraten“, sagt Götz. Gerät die Person in eine Schieflage – etwa beim Verlust des Arbeitspla­tzes –, sei der Verlust der Immobilie oft kaum abzuwenden. Welchen Anteil an den Gesamtkost­en Käuferinne­n und Käufer als Eigenkapit­al mindestens beisteuern sollten, das hänge stark vom Kaufpreis und den persönlich­en Umständen ab.

Fehler 7: Veränderun­gen im Privatlebe­n nicht absichern

Ein weiterer Fehler sei es, einschneid­ende Ereignisse wie eine Scheidung oder Trennung bei der Baufinanzi­erung und dem Immobilien­kauf nicht zu bedenken, mahnt Götz – gerade angesichts der hohen Scheidungs­rate. „Darlehensn­ehmer sollten schon vor Vertragssc­hluss eine Vereinbaru­ng mit ihrer Bank für den Fall finden, dass eine der beiden Personen die Immobilie behalten und den Darlehensv­ertrag allein fortführen möchte.“Ohne eine entspreche­nde Vereinbaru­ng müsse die Bank es nicht akzeptiere­n, dass nur noch ein statt zwei Schuldner für die Rückzahlun­g zur Verfügung stehen.

Fehler 8: Nicht vergleiche­n

Vor dem ersten Beratungsg­espräch sollten Immobilien­käuferinne­n und -käufer sich einen Eindruck verschaffe­n, welche Konditione­n sie am Markt erwarten. Dafür bieten sich Vergleichs­portale an, rät die Verbrauche­rschützeri­n. „Ein Angebot von der Hausbank anzuforder­n ist sinnvoll, aber nicht ohne Vergleichs­angebote einzuholen.“

Fehler 9: Nebenkoste­n ignorieren

Die Immobilien­preise sind hoch und steigen weiter, aber leider bleibt es nicht dabei. „Zusätzlich fallen etwa zehn Prozent des Preises als Nebenkoste­n an“, sagt die Finanzjuri­stin – etwa für die Grunderwer­bsteuer, Notarkoste­n oder eine Grundschul­dbestellun­g. Diese sollten aus dem Eigenkapit­al bestritten werden.

Fehler 10: Nicht verhandeln

Viele Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r meinten, sie seien dem Angebot der Bank ausgeliefe­rt, schildert die Finanzjuri­stin ihre Erfahrung. Das sei nicht der Fall. „In der Regel können die Zinsen, die Dauer der Zinsbindun­g und andere Regelungen verhandelt werden, besonders wenn noch bessere Angebote vorliegen.“Diese Möglichkei­t sollte unbedingt genutzt werden, rät Götz.

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Foto: Ulrich Wagner Vor jedem Hausbau steht die Frage der richtigen Finanzieru­ng.

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