Kalte Suppe schmeckt nicht
Nach der nächsten Klatsche steht abermals Trainer Pal Dardai im Mittelpunkt. Der kauzige Trainer findet einen ganz eigenen Vergleich für sein Verhältnis zu Fredi Bobic
Berlin Am Morgen nach dem nächsten Debakel suchte sich Pal Dardai erst mal einen schönen Platz in der Sonne. Ausgeschlafen, aufgeräumt und scheinbar bester Laune erklärte der Trainer von Hertha BSC auf dem im milden Herbstlicht leuchtenden Trainingsplatz die Lage der Dinge nach dem 0:6 bei RB Leipzig. Krise? Nörgeleien? Pessimismus? Rücktrittsgedanken? Ach, i wo! Von Dardai als beleidigter Leberwurst mit gekränktem Hertha-Herzen wie vor vier Wochen nach dem 0:5 beim FC Bayern München war nichts zu spüren.
„Wer mich kennt, weiß, Pal kommt jeden Tag mit vollem Akku und motiviert zum Training und versucht, die Spieler wie eigene Söhne zu behandeln, jeden Spieler zu verbessern“, sagte der 45-Jährige am Sonntagmorgen. „Auch heute bin ich mit guter Laune gekommen.“Diesen offensichtlich zur Schau gestellten Zweck-Optimismus hat Dardai bei der Hertha momentan exklusiv. Millionen-Investor Lars Windhorst, bekanntermaßen mit dem kauzigen Trainer nicht auf einer Wellenlänge, hatte seine Gemütslage nach dem Leipzig-Desaster schon kundgetan. „Wow! Bin etwas geschockt grad und brauche gleich einen Drink“, schrieb Windhorst nach einem Treffen mit Fürst Albert von Monaco auf einer Luxusjacht im Mittelmeer in einem WhatsApp-Zirkel.
Auch Geschäftsführer Fredi Bobic war nach dem desaströsen Auftritt der Berliner überhaupt nicht nach irgendeiner Form von Beschwichtigungsoder Befriedungspolitik. „Auf dem Platz ist jeder seinen Ansprüchen ganz weit hinterhergehinkt. Wir müssen uns bei unseren Fans für den Auftritt entschuldigen. So einen Auftritt möchte ich in der Form nicht mehr sehen“, attackierte Bobic bei Sky vornehmlich die Mannschaft.
Natürlich wird in Berlin weiter über die Rolle Dardais geredet. Es gilt als offenes Geheimnis, dass das Windhorst-Lager den Daumen schon gesenkt hat. Nur ein bezahlbarer Ersatzkandidat, der Aufschwung garantiert, ist nicht bei der Hand. „Diskussionen haben wir ständig. Das wissen wir, wenn du im Tagesgeschäft bist. Da hängst du von Ergebnissen ab“, sagte Bobic zur Trainer-Personalie.
Nach dem ersten Debakel in München hatte Dardai seinen Posten quasi selbst zur Verfügung gestellt und nach seiner Moserei an der Situation einen Rüffel von Bobic und Windhorst kassiert. Auch jetzt bewertete Dardai die Lage unterschiedlich und stellte sich schützend vor sein wieder einmal hilf- und orientierungsloses Team. „Wir haben vor ein paar Wochen eine neue Mannschaft bekommen“, meinte Dardai zu den vielen neuen Akteuren, man müsse sich erst finden.
Den Dissens mit Bobic findet der Coach nicht schlimm: „Man kann nicht immer die gleiche Meinung haben. Wenn man seiner Frau jeden Tag erzählt, alles ist gut, bekommst du irgendwann kalte Suppe“, erklärte er im typischen Dardai-Duktus. „Ich habe null Probleme mit Fredi. Da hat jeder seine Meinung, umso besser. Wenn jeder das Gleiche sagt, dann hat man Probleme“, meinte die Klub-Ikone.
Tore 1:0 Nkunku (16.), 2:0 Y. Poulsen (23.), 3:0 Mukiele (45.+3), 4:0 Forsberg (60./Foulelfmeter), 5:0 Nkunku (70.), 6:0 Haidara (77.) Zuschauer 23 500